Thread by @BendlerBlogger

Sonntag ist ein guter Tag, um das Thema #Bundeswehr und #SocialMediaDivision für mich vorläufig abzuschließen.

Was sehe ich?
Seit Jahren erhält die @bundeswehrInfo laut Umfragen stabile Zustimmungswerte und wird auch als Arbeitgeber grundsätzlich als sehr attraktiv bewertet.

Gleichzeitig verschwindet sie mehr und mehr aus der breiten gesellschaftlichen Debatte, spätestens seit die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, und die Diskussion verlagert sich in relativ kleine Kreise.

Dazu gehören neben den Soldat*innen selbst, vor allem sicherheitspolitische und militärische Expert*innen aus Politik, Wissenschaft und Journalismus sowie vereinzelt zivilgesellschaftliche Akteure.

Letztere werden überwiegend durch Menschen geprägt, die der #Bundeswehr kritisch bis ablehnend gegenüber stehen. Politisch sind deren Positionen vor allem durch Linke, Grüne und SPD vertreten, wobei das Thema dort vor allem Friedenspolitik ist.

Die #Bundeswehr als Organisation und die Belange der Soldat*innen wird – abgesehen von einigen Fachpolitiker*innen – eher als randständig betrachtet.

Das könnte man als gutes Zeichen einer friedensorientierten und militärskeptischen Politik und Gesellschaft werten.

Allerdings hat sich die Welt leider nicht ebenso friedlich entwickelt. Stattdessen sind wir in eine neue Phase einer konflikthaften Globalisierung eingetreten, der Klimawandel erhöht den Druck auf unser Lebensmodell und die Digitalisierung beschleunigt Diskurse enorm.

In dieser Situation entscheidet das @BMVg_Bundeswehr unter Führung von @vonderleyen, neue Wege in der Nachwuchswerbung zu gehen. Das Ziel: mehr und besser qualifiziertes Personal aus einer demographisch immer kleiner werdenden Gruppe für den Dienst an der Waffe gewinnen.

Die Methode: modern, schnell, digital, laut. Das überrascht und garantiert Aufmerksamkeit und sorgt sogar in der Werbe- und Kommunikationsbranche für Anerkennung. Die Wirklichkeit aber ändert sich nicht so schnell. Die Realität des Truppenalltags bleibt grau.

Parallel dazu entwickelt sich spätestens seit dem Afghanistaneinsatz eine weitere Erzählung, die vor allem von den Veteranen dieses Einsatzes getragen wird. Eines der zentralen Narrative bringt das Buch eines traumatisierten Veteranen auf den Punkt: „Die reden – wir sterben“

Hier der Link zu Google Books: g.co/kgs/3Wa78X

Ein Problem, das aus den parallelen Erzählungen erwächst, habe ich mal als „Die vielen Bundeswehren“ beschrieben: bendler-blog.de/2017/05/05/die…

Während es also diese Erzählungen gibt, verfängt die Erzählung der Nachwuchswerbung von der Bundeswehr als Jugendbewegung (noch) nicht so richtig. Zumindest wächst der Truppenkörper nicht wie geplant – trotz der übererfüllten Marketingkennzahlen und der Branchenpreise.

Die wiederum werden im @BMVg_Bundeswehr als Erfolgsgeschichte gelesen und sichern der verantwortlichen Abteilung und ihrer Agentur viele Freiheiten - meines Erachtens zu viele. Dazu trägt auch bei, dass die knallige Nachwuchswerbung ein nicht - explizit- genanntes Ziel erreicht.

Sie sorgt in der Truppe teilweise für gute Stimmung. Endlich ist es (wieder) cool, Soldat*in zu sein. Die Bundeswehr besorgt sich ihre Anerkennung selbst: bendler-blog.de/2017/05/05/die…

Diese Anerkennung hatten die Politik und insbesondere das @BMVg_Bundeswehr der Truppe und vor allem den Veteranen der Einsätze lange verweigert – und zwar nicht nur verbal, sondern ganz materiell.

Sehr viele traumatisierte Soldat*innen mussten nicht nur gegen ihre PTBS, sondern auch gegen das @BMVg_Bundeswehr kämpfen, um medizinische und finanzielle Hilfe zu bekommen, und einige haben diesen Kampf verloren.

Erfolgreicher im Kampf um materielle Ressourcen ist dagegen die Nachwuchswerbung. Die Verantwortlichen eilen von Erfolg zu Erfolg, Kritik wird als geschmäcklerisch abgetan und es etabliert sich unter den vor allem jungen Männern eine Kultur der Unangreifbarkeit.

Und wie Halbstarke so sind, wenn ihnen die Gegner ausgehen – und damit die Erfolge ausbleiben – erweitern sie ihren Radius auf der Suche nach dem nächsten Aufmerksamkeitserfolg. Und wer eignet sich dafür besser, als die eine Person, die man schon immer heiß fand, ...

... aber schon immer abweisend war? Kundige Follower ahnen bereits, was jetzt kommt: Die @republica 2018. Was ich dazu zu sagen habe, steht unter anderem hier: bendler-blog.de/2018/05/02/pub…

Und was hat das nun alles mit #SocialMediaDivision und dem Bohei um #Bohnert zu tun? Marcel Bohnert ist gewissermaßen Kristallisationspunkt der wesentlichen Erzählungen in der und über die #Bundeswehr. Er ist Veteran und wird zum prominentesten Kopf der Nachwuchswerbung.

Er ist gleichzeitig Kristallisationspunkt des wiederholten Versagens des @BMVg_Bundeswehr: in der Veteranenpolitik, in der Kommunikationspolitik. @vonderleyen hatte Recht. Die #Bundeswehr hat ein Führungsproblem. Das BMVg darf nicht zulassen, dass Veteranen ins Nichts fallen.

Es darf nicht zulassen, dass die Nachwuchswerbung polarisiert und Informationsoperationen aka Propaganda gegen die Zivilgesellschaft fährt. Es darf nicht zulassen, dass Offiziere, die wie Marcel Bohnert, der – m.E. zurecht – kritisiert werden, alleine gelassen werden.

Führung bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und je größer die Macht, umso größer die Verantwortung.

Denn sonst erleben wir das, was wir jetzt erleben. Schlecht recherchierende Journalist*innen montieren Screenshots zusammen.

Aus allen Ecken kriechen Eiferer hervor und erklären entweder die Fehler von @NDRrecherche oder einzelnen Soldat*innen zum Systemversagen, und die widerlichen Rassist*innen der #AfDeppen stimmen ein Triumphgeheul an, während sie gezielt um Soldat*innen werben.

Wer will, dass die #Bundeswehr Recht und die Freiheit verteidigt, muss mit Soldat*innen sprechen, nicht über sie. Und wer diesen Diskurs förden will – und das sollte insbesondere das @BMVg_Bundeswehr – muss führen, statt Narrenfreiheit geben.

Fin.