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Heute wird der Bericht der Sachverständigen im Fall #OuryJalloh vorgestellt. Über 300 Seiten plus 500 Seiten Anhang, er liegt den Abgeordneten keine 24 h vor, deshalb heute ausdrücklich nur erste Einschätzungen dazu.
Es ist zu unterscheiden zwischen den Einschätzungen zu juristischen Vorgängen und zu politischen. Juristisch: Der Bericht ist auch ein erschreckendes Zeugnis über den Zustand zentraler Bereiche des Landes Sachsen-Anhalt in den Nullerjahren.
Rechtliche Grundlagen für tägliches Handeln waren im Polizeirevier Dessau nicht bekannt und wurden reihenweise nicht eingehalten.
Von Gewahrsamnahme, über Fixierung und Blutentnahme waren sämtliche Maßnahmen, die die Polizei Dessau gegenüber Oury Jalloh traf, rechtswidrig.
Das ist nicht neu, sondern seit 15 Jahren klar. Ebenso: #OuryJalloh wäre nicht gestorben, hätte die Polizei rechtmäßig gehandelt.
Der Bericht gibt keine Antwort auf die Frage, ob Oury Jalloh ermordert wurde und von wem. Er stellt fest, dass neue Ermittlungen kaum Aussicht auf Erfolg hätten.
Bereits im Verfahren in Magdeburg wurde festgestellt, dass die Aufklärung des Todesfalls an der Weigerungshaltung der beteiligten Polizisten scheitert. Entscheidende Schritte, die für Aufklärung hätten sorgen können, lassen sich nicht nachholen.
Politisch: Die Berater stellen überwiegend korrekte Informationen und keine Einflussnahme fest. ABER: In der aktuellen Legislaturperiode haben wir es mit 3 schwerwiegenden Vorgängen zu tun, die von den Beratern auch als schwerwiegend bezeichnet wurden:
Ministerin Keding hat den Landtag 2017 bewusst unvollständig, damit falsch informiert und nicht ihren tatsächlichen Kenntnisstand mitgeteilt. Heute hat sie dieses Vorgehen verteidigt, obwohl der Bericht ihre Begründung eindeutig als nicht nachvollziehbar beschreibt.
Der mittlerweile pensionierte Generalstaatsanwalt Konrad hat den Rechtsausschuss und die Öffentlichkeit im selben Zeitraum mehrfach belogen und wahrheitswidrig informiert.
Angesichts der vorhandenen Akten muss von einem unzulässigen Versuch der Einflussnahme auf die Staatsanwaltschaft Halle und die „strategische Ausrichtung der Ermittlungen" durch den damaligen Staatssekretär Böhning ausgegangen werden.
Lügen, wiederholte und bewusste Falschdarstellungen und der Versuch der Einflussnahme haben nichts mit Pannen oder Fehlern zu tun, sondern passieren vorsätzlich und absichtsvoll. Ministerin Keding trägt dafür die Verantwortung und ist nicht tragbar. Sie muss zurücktreten.
Der Bericht belegt die Notwendigkeit eines Untersuchungsausschusses mit umfassendem Untersuchungsauftrag. Auf Grund der bisherigen Entscheidungen der Koalitionsfraktionen, wird dieser in der laufenden Legislaturperiode nicht mehr sinnvoll arbeiten können.
Bisher haben SPD und Grüne zwar Aufklärung gefordert, aber einen Untersuchungsausschuss nicht eingesetzt bzw. abgelehnt. Die Verweigerung des Fragerechts erschwert zudem Aufklärung durch den heute vorgestellten Bericht.
Heute ist der Tag, an dem sie ernsthaft und glaubhaft erklären sollten, gemeinsam mit der LINKEN einen Untersuchungsausschuss in der nächsten Legislatur einzusetzen. Und zwar unabhängig von möglichen Koalitionskonstellationen im Jahr 2021.
Aufarbeitung im Fall #OuryJalloh darf nicht Gegenstand eines wie auch immer gearteten Koalitionspokers sein. Und auch jetzt müssen Dinge passieren: die Hinweise aus dem Bericht müssen geprüft werden, es muss z.B. geklärt werden, ob auf Anordnung falsch dargestellt wurde etc.
Es ist die Aufgabe der Mitglieder des Rechtsausschusses, die hierfür notwendige Arbeit zu leisten und es ist die Verantwortung einer/eines neuen Justizministerin oder Justizministers, die Vorgänge im Justizministerium aufzuklären und dem Ausschuss Rede und Antwort zu stehen.
Dass auch mit dem heute vorgestellten Bericht nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen, ist nicht überraschend und liegt nicht an den Sachverständigen (Danke!), sondern an ihrem eingeschränkten Auftrag und beschnittenen Möglichkeiten.
Politische Konsequenzen für Polizeiausbildung, für Gewahrsamsordnung, für Rechtsgrundlagen und Kontrolle ihrer Einhaltung etc zu ziehen bleibt dringliche Aufgabe. Sachverständige können gute Zuarbeiten dafür liefern. Entschieden werden muss politisch.
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