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Sep 22, 2020 17 tweets 9 min read Read on X
#Rassismus ist ein junger Begriff, der erst im 20. Jahrhundert Eingang in Wörterbüchern gefunden hat und verstärkt nach dem Holocaust in #Europa verwendet wurde. Der Begriff wurde von Begriffen wie Race Hatred (“Rassenhass”) abgeleitet.
#Rassismus existiert nicht, ohne die Anerkennung von #Rasse. Der Begriff geht von der Annahme aus, dass es „Rassendiskriminierung“ und eine Überlegenheit einer #Rasse gegenüber anderen gibt.
Definition von #Rassismus nach Merriam-Webster Dictionary: “1. a belief that race is a fundamental determinant of human traits and capacities and that racial differences produce an inherent superiority of a particular race“
“2a: the systemic oppression of a racial group to the social, economic, and political advantage of another“
“2b: a political or social system founded on racism and designed to execute its principles“
In dt. Definitionen steht oft, dass #Rassismus bedeutet, dass Menschen Vorurteile haben und glauben, dass es Menschenrassen gibt. Die ursprüngliche Definition meint jedoch ein System + Ideologie,die andere #Rassen abwertet und als unterlegen sieht, mit der Folge von Unterdrückung
Ergo, der Begriff Rass [e] | ismus bzw. Rac [e]| ism beschreibt das Verhältnis zwischen #Rasse und den gesellschaftlichen Hierarchien sowie Machtdynamiken. Er negiert nicht #Rasse, sondern ist eine Terminologieerweiterung. Wenn von #Rassismus die Rede ist, ist #Rasse gemeint.
In D gab es eine Umdeutung von #Rassismus dahingehend,dass der Begriff nicht die faktische Lage der Betroffenen beschreibt, sondern NUR eine Gesinnung innerhalb der Gesellschaft andeutet. Deutlich durch Fragen wie: Wie rassistisch ist Deutschland? Oder Studien, die das erfassen.
Aus dem Englischen „racial“ wurde „rassistisch“ übersetzt, was jedoch „racist“ bedeutet. Das ist ebenfalls eine Umkehrung des Begriffs. Während „racial“ auf das WER der Diskriminierung schaut (die Opfer), wertet „rassistisch“ die Handlung des vermeintlichen Täters.
Damit ist ein Problem geschaffen. Denn: Wer entscheidet darüber, ob eine Handlung rassistisch ist? Was bedeutet „rassistisch“? Darüber besteht kein Konsens. Noch schlimmer: Die Opfer bleiben außen vor.
Systematischer #Rassismus geht von den Perspektiven der Betroffenen aus, nicht von der Wahrnehmung + Bewertung derjenigen, die ihn nicht erfahren. Wie sollten sie #Rassismus erkennen? D.h. es braucht keine Zustimmung dieser Realität, wenn die Betroffenen sie erleben.
Im Fazit bedeutet das, dass es kein Rassismusproblem geben kann, ohne, dass es ein #Rasse - problem gibt. #Rassismus meint dann, dass die Erfahrungen der Gruppen (die #Rasse umfasst) zu einer strukturellen Benachteiligung gewachsen sind und sie als Menschen abgewertet werden.
Um #Rassismus zu bekämpfen, muss #Rasse deshalb adressiert werden, weil im Fokus die Erfahrungen der Gruppen stehen sollte. Die wichtige Frage lautet daher: Wie können Betroffene (=Rasse) vor #Rassismus geschützt werden und wie können sie in ihren Rechten gestärkt werden?
Anders als es in der öffentlichen Debatte den Anschein haben mag, ist #Rassismus aus den o.g. Gründen nicht ohne weiteres zu beseitigen.Das Recht benennt #Rasse, um die Benachteiligung, die Rassismus auf der individuellen und kollektiven Ebene zum Vorschein bringt,zu adressieren.
Das Diskriminierungsverbot vermag es nicht #Rassismus aus der Welt zu schaffen. #Rasse drückt jedoch im Gesetz aus, dass #Rassismus existiert. Das Merkmal ist daher ein juristisches Instrument, um Betroffenen Diskriminierungsschutz zu bieten.
Wenn #Rasse „entnannt“ werden soll, müsste konsequenterweise auch #Rassismus abgeschafft werden. Letzteres ist kein „schönerer“ oder weniger belasteter Begriff. Beide beschreiben dieselbe Realität. Es existiert, was es nicht geben sollte: Eine Hierarchie von #Rasse.
Aus diesen Gründen ist die Debatte um #Rasse selbst ein Ausdruck der Realität des #Rassismus in D. Es geht darum, ob er in seiner ursprünglichen Definition und als systematisches Problem anerkannt werden kann (und somit #Rasse), oder ob neue relativierende Deutungen entstehen.

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Sep 2, 2020
👉🏽Formulierungshilfe für Umgang mit #Rasse im Recht: „Die EU weist Theorien, mit denen versucht wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen, zurück. Die Verwendung des Begriffs “Rasse“...impliziert nicht die Akzeptanz solcher Theorien.” eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex…
„Rasse“ ist im Kontext von Rassismus gewachsen, und ja, der Begriff ist „unschön“ u. „unangenehm“. Jedoch kann der Maßstab für die Rassismusbekämpfung nicht das Empfinden bzw. das Unbehagen derjenigen sein, für die dieser Begriff weder rechtliche noch soziale Relevanz hat.
Weiße Menschen haben das Privileg #Rasse zu externalisieren. Und sie haben auch das Privileg #Rasse für obsolet zu erklären, wenn sie sich in ihrer liberalen oder linken Position als progressiv empfinden. Zu sagen, dass #Rasse nach dem Holocaust zeitgemäß war, heute aber nicht...
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#August1965 #VotingRightsAct #RaceMatters #BlackLivesMatter
On 6 August 1965, after a long struggle by Black Americans - led by Dr. Martin Luther #King - to see their voting rights realized, finally, President Lyndon B. #Johnson signed the #VotingRightsAct of 1965. Image
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Jul 23, 2020
#africandescent |Gestern hat Staatsministerin @AWidmannMauz die Online-Veranstaltung „Förderung der Teilhabe für Menschen afrikanischer Abstammung“ ausgerichtet. Hier ein Auszug aus meiner Rede: Image
“Wir können rassistische Zuschreibungen, die über Jahrhunderte Denk-und Verhaltensmuster zur Folge hatten nicht von heute auf morgen „entlernen“. Sie sind da, auch wenn wir sie nicht sehen oder auch nicht denken, dass wir sie hätten.
Das langfristige Ziel der Dekade für Anerkennung, Gerechtigkeit und Entwicklung ist daher ein Zukunftsprojekt. Es gibt einiges, was wir heute schon angehen können. Die Resultate jedoch müssen langfristig gedacht werden.
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Jul 5, 2020
Eine Kontextualisierung der aktuellen Entwicklungen: #Rassismus dauert schon seit Jahrhunderten an, und er wird nicht plötzlich überwunden werden, weil bedauert wird, dass er existiert. #Rassialisierung und die Verfestigung von Identitäten, die dann Positionen wurden, sind real.
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Mein Interview mit @unipotsdam über #Rassismus, Begriff der #Rasse und den Rechten von Schwarzen Menschen. @juraunipotsdam #Rassismusforschung #Jura Image
#RacialProfiling ist verfassungswidrig. Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG:Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
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Jun 25, 2020
Ein Denkanstoß: In DE wird aktuell versucht die Anerkennung der strukturell diskriminierten Gruppen über die Erweiterung der Rassismusphänomene zu bewirken. Der Grund: Es ist nicht möglich eine Debatte über Rassialisierung zu führen. #BlackLivesMatterGermany
Wir müssen aufpassen, uns nicht mit der Idee zufrieden zu stellen, dass über Rassismusphänomene allein die Ungleichheit, die der rassistischen Diskriminierung zugrunde liegt, überwunden werden kann. Wie viele Aktionspläne gab es schon? Was hat sich geändert?
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