Hier wird gern und viel darauf hingewiesen, dass #Berlin im #Länderfinanzausgleich ein Nettoempfänger sei. Daraus wird dann gern die Schlussfolgerung gezogen, Berlin sei undankbar und habe sich bei seinen Ausgaben in besonderem Maße zurückzuhalten.
Dazu ein Thread:
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Die damit verbundene Drohung, Berlin finanzielle Mittel wegen nicht genehmer politischer Entscheidungen entziehen zu wollen, ist nicht nur schlicht undemokratisch, sondern auch geschichtsvergessen.
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Bis 1933 war Berlin DAS herausragende soziale, wirtschaftliche und politische Zentrum Deutschlands.
Das änderte sich mit der Übergabe der Macht an die Nazis. Dabei hatten die Berliner*innen eine Suppe auszulöffeln, die vor allem anderswo gekocht worden war.
2/16
Denn die Wahlergebnisse der NSDAP 1933 gehörten zu den niedrigsten im ganzen Reich. mobile.katapult-magazin.de/index.php?mpag…
Dennoch hatte die Menschen dieser Stadt unter den Folgen des Nationalsozialismus mehr als anderswo im Reich zu leiden.
3/16
So blieb der Holocaust natürlich nicht ohne Folgen für die Stadt mit der größten jüdischen Gemeinde des Landes. Der Bombenkrieg verheerte die wirtschaftliche Infrastruktur Berlins.
4/16
Wegen des von den Nazis angezettelten Krieges wurde die Stadt von den Alliierten geteilt und stand im Zentrum des kalten Krieges. Westberlin war plötzlich ohne Hinterland und Ostberlin geriet unter die Regie der SED-Planwirtschaft.
5/16
Zunächst verlor Westberlin an Attraktivität als Industriestandort. Naturwissenschaftliche Forschung wurde überwacht, der Bau von Radartechnik und Flugzeugen verboten. Viele Unternehmen und Produktionsstandorte wurden aus Kostengründen nach Westdeutschland verlagert.
6/16
Große Berliner Unternehmen wie Siemens oder die Deutsche Bank haben heute ihren Sitz in München oder Frankfurt und tragen erheblich zur dortigen Wirtschaftsleistung bei. Auch die ausufernde lebendige Berliner Verlagslandschaft der Zwanziger wird nicht wiederzugewinnen sein.
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Die große traditionsreiche AEG überlebte den Umzug nach Frankfurt letztlich nicht.
8/16
Mit mäßigem Erfolg bemühte sich der Westen Deutschlands mit der Berlinförderung, die Leistungsfähigkeit Berlins zu erhalten.
Alles in allem ideale Bedingungen für den legendären Berliner Filz.
Ostberlin wurde zu DDR-Zeiten eher schleichend deindustrialisiert und zur Zentrale des DDR-Machtapparats und zum realsozialistischen Schaufenster ausgebaut.
10/16
Der Mauerfall 1989 hat die Stadt dann kalt erwischt. Die Einigung war entsprechend chaotisch und teuer. Wer wissen will, was aus der Ostberliner Wirtschaft wurde, muss nur nach Oberschöneweide fahren.
Die Wirtschaftsleistung des Landes ging in den Keller.
11/16
Dennoch hofften Einige im Westteil weiter machen zu können wie bisher. Dazu passte der Berliner Bankenskandal: de.wikipedia.org/wiki/Berliner_…
Folge der Rekordverschuldung: „Sparen, bis es quietscht“ (Wowereit), Reduzierung der Verwaltung und Ausverkauf landeseigener Wohnungen.
12/16
Die eh schon spezielle Berliner Verwaltung hat sich von diesem Aderlass bis heute nicht erholt.
Dennoch sinken die Schulden seit 2011. Die Wirtschaft Berlins wächst seit Jahren überdurchschnittlich. Allerdings kommen wir ja auch von ganz unten.
Neben anderem wird Berlin bis heute von der ungelösten Frage ausgebremst, wie das Verwaltungschaos aufgelöst werden kann. Der aktuelle Zustand ist Ergebnis des polit. Kompromisses zur Gründung von Groß-Berlin vor 100 Jahren. Das wäre aber ein Thema für eine weiteren Thread.
14/16
Notabene: Bayern war zwischen 1950 und 1986 durchgängig ein Empfängerland. Nur Baden-Württemberg hat als einziges Bundesland durchgehend Zahlungen geleistet (Hessen durchgehend seit 1957). NRW empfing 1985 das erste Mal Ausgleichszuweisungen durch den Länderfinanzausgleich.
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Aktuell (2019) erhält Berlin 4,33 Mrd € aus dem Länderfinanzausgleich. Das Haushaltsvolumen des Landes beträgt insgesamt 29,3 Mrd €.
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#otd 1882 wurde der Rechtsanwalt Michael Siegel geboren.
Bekannt wurde er durch das untenstehende Foto vom 10.3.33, als er in München von SS-Leuten durch die Straßen getrieben wurde. Er hatte im Auftrag eines jüdischen Mandanten bei der Polizei eine Anzeige aufgeben wollen. 1/4
Er wurde dort in den Keller gebracht und so stark verprügelt, dass ihm einige Zähne herausfielen und das Trommelfell platzte. Danach zerschnitt man seine Hose und er wurde von der barfuß mit einem großen Schild um den Hals durch die Innenstadt gehetzt: 2/4
Mit seiner Frau konnte Siegel 1940 noch aus Deutschland fliehen und sich mit seinen zwei Kindern in Peru niederlassen. 1953 erhielt er seine Anwaltszulassung zurück und arbeitete in Lima, wo er 1979 starb, als Vertrauensanwalt für die Bundesrepublik. 3/4
#otd 1892 wurde Maria Otto in Weiden in der Oberpfalz geboren. Sie war Deutschlands erste Rechtsanwältin. 1/6
Nach dem Otto 1916 ihr Jurastudium mit "gut" abgeschlossen hatte, durfte sie immerhin noch im gleichen Jahr den Vorbereitungsdienst in Bayern wenn auch nur "informatorisch" beginnen. Zwei Anträge von 1919 und von 1921 auf Zulassung zur Staatsprüfung wurden dennoch abgelehnt.
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Ihr 3. Antrag 1921 war schließlich erfolgreich: Im Februar 1922 wurde Otto endlich zum Staatsexamen zugelassen und bestand dieses im Juni 1922. Über 2 Jahre musste sie darauf warten. Ein Zeugnis, das ihr den Weg zum Richteramt eröffnet hätte, wurde ihr dennoch verweigert.
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Heute vor 83 Jahren nahm sich Hans Litten im KZ Dachau das Leben.
Der breiten Öffentlichkeit wurde er durch #BabylonBerlin wieder bekannt. In der Weimarer Republik gelangte er durch sein Auftreten im Edenpalast-Prozess zu Berühmtheit, weil er dort #Hitler in die Enge trieb. 1/6
Hitler war in der zweistündigen Befragung durch den 27jährigen Litten in
Rage geraten und schrie mit hochrotem Kopf herum. Er sah sich schließlich
gezwungen, sich von Goebbels zu distanzieren und seine Verfassungstreue
zu beschwören. anwaltverein.de/de/engagement/…
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Zuvor hatte er in den Untersuchungen zum Blutmai 1929 auf sich aufmerksam gemacht. Es kam zwar nie zum Prozess gg. Polizeipräsident Zörgiebel. Die Verantwortung für das blutige Vorgehen der Polizei lag aber eindeutig in höchsten politischen Kreisen. vdj.de/aktivitaeten/h…
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Und ja: Es geht in dem Forderungspapier um die ortsübl. Vergleichsmiete - mehr nicht. Klingt erstmal vernünftig. Allerdings sind Wohnungskataster keine kommunistische Erfindung. Es gibt sie in der Schweiz (bfs.admin.ch/bfs/de/home/st…) und in Österreich (de.wikipedia.org/wiki/Gebäude-_…).
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Bei der aktuellen Idee von #r2g käme lediglich die weitere Verknüpfung mit vertraglich vereinbarten Mieten hinzu. So ließe sich grundsätzlich eine bessere Transparenz am Mietwohnungsmarkt herstellen. Das eröffnet auch Chancen für eine bessere Wohnungspolitik.
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Die juristische Diskussion dazu läuft gerade auf Hochtouren. Ich habe dazu in den letzten Tagen etwas für das nächste AnwaltZertifikatMietrecht von @DasRechtsportal aufgeschrieben: schoenhauser.berlin/hks-2019/wp-co…
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These 1: Da Vermieter*innen die Mieträume aktuell nicht mehr so zur Verfügung stellen können, dass ihre Mieter*innen in der Lage sind, darin den Vertragszweck umzusetzen, sind diese Räume mangelhaft. Das nennt man Beschaffungsrisiko.
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Behördliche Nutzungsuntersagung und #Mietminderung:
Der #shutdown ist für die bundesdeutsche Rechtsprechung beispiellos.
Bisher musste man sich nur mit der Frage beschäftigen, ob eine etwa wegen Baumängeln nicht erteilte Gaststättenkonzession zur Mietminderung berechtigt.
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Nach h.M. sind Gewerberäume nur dann in einem vertragsgemäßen Zustand, wenn dem vertragsgemäßen Betrieb keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegen stehen.
These: Die aktuellen behördlichen Verfügungen zu den Geschäftsschließungen dürften ein solches Hindernis sein.
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Dann wären die von behördlichen Schließungsanordnungen betroffenen Gewerbemieter*innen zur Minderung der Miete auf Null berechtigt.
Einzelne Verträge wälzen das Risiko solcher Genehmigungen auf die Mieter*innen ab. Viele dieser Klauseln wurden für unzulässig erklärt.
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