Die Pöbel-Plattform – Debatten-Kultur auf 'Twitter- #haltdiefresse' - ein Thread. #Twitter ist gut für den Holzschnitt. Schwarz und weiß. Gut und Böse. Freund und Feind. Klare Ansagen. Griffig formuliert. Bloß keine Schattierungen. Nichts, worüber man erst mal länger (1/14)
nachdenken muss. Einfach lesen, liken oder darüber herfallen. Twitter – das ist schneller Pulsschlag, hoher Adrenalin-Pegel und niedrige Hemmschwelle, wenn es darum geht, den jeweils Andersdenkenden herabzuwürdigen. Interessanterweise aber immer so, wie @mickybeisenherz (2/14)
das in einem aktuellen Post sehr treffend formuliert hat: ‚Halt die Fresse, rede respektvoll mit mir!‘ Will heißen, ICH kann Dir an den Karren fahren, wie ich will, aber DU behandelst mich gefälligst mit Respekt, ja?! Diese Mischung aus permanenter Aufregung, großer (3/14)
Empfindlichkeit bei den eigenen Themen und gleichzeitig einer kompletten Hemmungslosigkeit im unerbittlichen Umgang mit den Themen und Argumenten anderer scheint ein Markenkern dieser Plattform zu sein. Schade. Sehr schade sogar. Denn Twitter könnte, auch wenn es im (4/14)
Vergleich zu anderen Social-Media-Kanälen eine vergleichsweise kleine Plattform ist, doch ein guter Motor sein, um gesellschaftliche Debatten nach vorn zu bringen. Konstruktiv. Lösungsorientiert. Stattdessen geht es hier zu wie auf einem mittelalterlichen Markplatz, (5/14)
wo der sensationslüsterne Pöbel sich versammelt, um der nächsten Hinrichtung beizuwohnen und sie mit großem Gejohle zu begleiten. So gesehen finde ich es ehrlich traurig, dass solche Verhaltensweisen offenbar hartnäckiger in vielen von uns verankert sind als das (6/14)
Bewusstsein für demokratische Grundwerte. Dazu gehört nämlich auch die Meinungsvielfalt und eine Debatten-Kultur, in der man sich mit Argumenten begegnet und mit Respekt. Und nicht mit ideologischer Engstirnigkeit und Beleidigungen. Ohne lange nachzudenken und (7/14)
ohne zu fragen, wird hier einfach mal drauf los gewütet und die eigene Weltsicht für die einzig wahre und einzig gültige erklärt. Differenzierung – Fehlanzeige. Offenheit – Fehlanzeige. Argumente vielleicht erst mal sacken lassen – Fehlanzeige. Anständiger Umgangston – (8/14)
doppelte Fehlanzeige. Das ist also der digitale Umgang erwachsener Menschen, die sich sicher alle als aufgeschlossen, tolerant, engagiert und dialogbereit beschreiben würden. Und als gute Demokraten sowieso. Die Frage ist nur, warum seid Ihr das dann nicht auch hier? (9/14)
Oder seid Ihr das eigentlich gar nicht – auch nicht im ‚echten‘ Leben? Jedenfalls kommen wir so auf lange Sicht nicht weiter. ‚Dann geh doch raus aus Twitter!‘ höre ich oft, wenn ich solche Gedanken formuliere. Nein, aufgeben ist keine Option. Ich glaube auch weiterhin, (10/14)
dass Menschen sich vernünftig miteinander austauschen können. Und bis auf die ganz rechten und ganz linken politischen Ränder habe ich auch die Hoffnung, dass das gelingen kann. Kleine Randnotiz an dieser Stelle: Interessanterweise verorten mich glühende (11/14)
@ebonyplusirony und @igorpianist – Fans offenbar politisch rechts von der Mitte. Freunde, auch da muss ich Euch leider enttäuschen. Mein Herz schlägt links (von der Mitte). Schon immer. Und genau das zeigt am deutlichsten, wie wenig Bewusstsein es offenbar dafür gibt, (12/14)
dass die Auseinandersetzung mit bestimmten Fragen und Themen nicht notwendigerweise an die Zugehörigkeit zu einem politischen Lager gebunden sein muss. Freiheit des Geistes bedeutet auch, die Freiheit zu haben, alles zu hinterfragen. (13/14)
Auch die eigenen Positionen bzw. die derjenigen, denen man sich im Grundsätzlichen verbunden fühlt. (14/14)
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
#haltdiefresse - oder wie falsch verstandene Solidarität unser Gesprächsklima vergiftet - ein Thread (1/16) Dass Menschen, die in die gleiche Richtung denken, sich gegenseitig unterstützen, ist wichtig. Wichtig für uns alle, weil eine Gesellschaft
ein großes Gebilde aus vielen kleineren und größeren Netzwerken ist. So weit, so gut. Schwierig wird es allerdings dann, wenn diese Unterstützung in eine Solidarität mündet, die fast schon reflexartig gewährt wird, egal was der ‚Unterstützte‘ sagt oder tut. Um es konkret (2/16)
zu machen: Im Fall von Quattromilfs ‚Halt-die-Fresse-Ausbruchs‘ haben sich ihre Unterstützer – die prominenten ebenso wie die weniger bekannten - sich sofort bedingungslos auf ihre Seite geschlagen. Was grundsätzlich erstmal nicht verkehrt ist. Aber in diesem Fall (3/16)
Igor #Levit - So müde. Ein Thread.
Ob @igorpianist ein Ausnahme-Musiker ist, kann ich nicht beurteilen. Dazu fehlt mir leider die Expertise.
Aber ich habe jeden Respekt davor, wenn jemand sein Leben ganz und gar der Musik widmet.
Das Gleiche gilt für Menschen (1/11)
die eine Haltung haben – zu den großen Themen, die in unserer Gesellschaft diskutiert werden.
Was mich allerdings an Igor Levit seit einiger Zeit ziemlich unangenehm berührt, ist die die unverhohlene Eitelkeit, mit der er sich u.a. hier auf Twitter präsentiert.
Eitelkeit, (2/11)
die als Bescheidenheit ‚getarnt‘ ist und doch im Grunde nur nach Bewunderung heischt. Natürlich sind wir Medienleute eitel. Alle. Sonst hätten wir uns einen anderen Beruf gewählt. Aber es ist mir deutlich lieber, wenn jemand offen dazu steht. (3/11)