Eine Collins-Koalition, eine Murkowski-Koalition oder eine Manchin-Koalition? Eh wurscht, hat U.S.-Datenguru Nate Silver gestern gepostet. Ich möchte daran die nächsten Schritte erläutern. Joe Biden wird als erster Präsident seit über 30 Jahren sein Amt ohne Mehrheit im U.S-Senat
antreten. Das beste, was noch passieren kann, wenn beide Stichwahlen in Georgia am 5. Jänner von den beiden demokratischen Kandidaten gewonnen werden: ein 50/50, bei dem die Vizepräsidentin die Abstimmung im Sinne des Präsidenten entscheiden könnte. Der Senat ist für alle
wichtigen Personalfragen - angefangen bei der Nominierung der Regierung bis zu allen RichterInnenbestellungen - zuständig, ebenso wie für die Unterzeichnung internationaler Verträge zustimmungspflichtig und für Untersuchungsverfahren gegen Behörden bis zur Amtsenthebung hoher
RepräsentantInnen zuständig. Ohne Senatsmehrheit musst du als PräsidentIn also eine große Koalition eingehen, bei der du oft am kürzeren Ast sitzt. Wir brauchen also über die Frage, welche prononciert Linken Joe Biden in die Regierung holt, überhaupt nicht diskutieren, wenn es 50
oder mehr republikanische SenatorInnen gibt. Und wie kommt Nate Silver jetzt auf diese Namen? Susan Collins und Lisa Murkowski sind die (relativ) moderatesten Republikanerinnen im Senat, Joe Manchin ist der rechteste Demokrat. Er kommt aus West Virginia, wo Donald Trump über
30% Vorsprung hat und hat bei über 50% der Abstimmungen im Senat mit Donald Trump gestimmt. Es geht bei Silvers Bild also um die Frage, wer der/die 50ste SenatorIn ist, die Biden/Harris für eine Mehrheit brauchen. Und da sei nicht viel Unterschied zwischen den drei Genannten. Der
Senat ist natürlich extra so mächtig und er wird auch extra alle zwei Jahre versetzt zu je einem dritten gewählt: das soll größtmögliche gegenseitige Kontrolle der staatlichen Organe kontrollieren und je öfter gewählt wird, desto weniger weit entfernt sich das
Abstimmungnsverhalten der Politik von der Bevölkerung, so die Theorie. Deswegen ist ein Demokrat aus einem Trump+30-Staat auch ein schwieriger Verhandlungspartner für die eigene Fraktion, weil er in seinem Wahlkampf garantiert für das gerade stehen muss, was er in Washington
mit beschlossen hat. Die Progressiven, AOC, Bernie, Warren und Umgebung, die das aktivistische Umfeld der Dems dominieren, werden sich bei der Durchsetzung ihrer politischen Ziele nicht auf die Institutionen stützen können, in denen je nach Ausgang der beiden Stichwahlen in
Georgia eine moderate Republikanerin oder ein rechter Demokrat die 50ste Stimme im Senat sind. Medicare 4 All, ein neuer Voting Rights Act und ein Green New Deal, der diesen Namen verdient hat, gehen nur mit massivem Druck von den WählerInnen.

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8 Nov
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