Corona-Update-Thread 20.11.20 für die Welt, Europa, Deutschland und Berlin: 7-Tage-Inzidenz in der Welt stagniert, fällt in Europa, steigt in den USA, das wieder vor der EU liegt. Rest der Welt unauffällig. Deutschland 3 mal so hohe Inzidenz wie die Welt. ourworldindata.org/coronavirus-da…
Viele europäische sehr stark betroffene Länder, etwa Belgien, Tschechien, Slovakei oder Holland scheinen die Oktoberwelle effektiv gebrochen zu haben, auch wenn sie noch auf deutlich zu hohem Niveau liegen. ourworldindata.org/coronavirus-da…
Bei den meisten Länder scheint der Anstieg gestoppt zu sein, aber der Rückgang reicht nicht aus, die Zahlen fallen nicht, auch in Deutschland nicht, wobei viele andere Länder deutlich höhere Neuinfektionsraten haben. ourworldindata.org/coronavirus-da…
In Luxemburg und Slovenien schien der Gipfel überwunden, aber die Zahlen steigen wieder, ohne ausreichend gefallen zu sein. In Serbien steigen die Zahlen sehr stark, Kroatien, Ungarn, Rumänien und Portugal sehen gerade auch nicht gut aus. ourworldindata.org/coronavirus-da…
In den meisten Ländern steigt die Zahl der Toten (noch), fallende Zahlen in Belgien, Tschechien und der Slovakei. Situation in Spanien und Schweden wegen Datenproblemen unklar. ourworldindata.org/coronavirus-da…
Belgien weiterhin vor Spanien, UK, Frankreich, Tschechien Schweden und Holland in der Liste der Länder, wo mehr Menschen an Corona gestorben sind als im EU-Durchschnitt. In Belgien sind bisher 0,13% der Bevölkerung an Covid verstorben - etwa jeder 770ste. ourworldindata.org/coronavirus-da…
Deutschland mit neuem Tagesrekord bei Neuinfektionen, (23.648), 7-Tage-Schnitt leicht gesunken auf ~18.200/Tag, 7-Tage-R basierend auf Veröffentlichungsdatum bei 0,99, tatsächlich höher (s.u.). Bei Todesfällen neuer 7-Tages-Rekord mit über 200 Toten/Tag oder hochger. 6000/Monat.
Cottbus, Sonneberg, Kaufbeuren, Passau, Augsburg führen die Riskotabelle an auf pavelmayer.de/covid/risks/
In den Top-30 7x Bayern, 4x Thüringen, 4x NRW, 4x Sachsen, 3x Berlin, 2x Hessen, 2x RLP, 2x BaWü, 1x Brandenburg, 1x Niedersachsen (10 verschiedene Länder!)
Neuinfektionen in den 12 Bundesländern scheinbar (aber nicht tatsächlich) rückläufig, in 4 Ländern Anstieg, Berlin mit höchster 7-Tage-inzidenz (221/10.000)
Scheinbar, weil das Anfang November geänderte Testregime zum Rückgang der wöchentlichen Tests geführt hat, und zwar von von 1,626 auf 1,384 Mio. Das sind 241k oder 15% WENIGER Tests pro Woche nach 2 Wochen.
Bei unverändertem Testregime hätten wir 5-10% höhere Zahlen, der Rückgang bei den Neuinfiziertenzahlen ist also nicht real, sondern Folge von weniger Tests; das bundesweite R liegt also eher bei ~1,05 und nicht bei 0,99, wie die Zahlen suggerieren.
Die Änderung des Testregimes hat zumindest das Ziel erreicht, dass der Probenrückstau in den Laboren reduziert wurde auf das Niveau vor 4 Wochen, was sich auch bei den RKI-7-Tage-Inzidenzen bemerkbar macht, wo etwas weniger Daten unter den Tisch fallen, weil sie zu spät kommen.
Ausführliche Wochenberichte zur Testung vom RKI finden sich auf ars.rki.de/Content/COVID1… Hier finden sich interessante Statistiken rund ums Testen. So finden die meisten Tests in Arztpraxen statt. Diese Tests haben höhere Positivrate als die in Krankenh. oder “Aderswo”.
Das ist wenig überraschend. Überraschend dagegen ist, dass fast alle Altergruppen eine sehr ähliche Positivrate haben, die sich sehr ähnlich entwickelt, mit Ausnahme der 0-4-Jährigen. Wie kann das sein?
Die Kurven oben in Abbildung 7 ergeben sich nämlich aus der Zahl der Personen in den Altergruppen und die Inzidenzen in den Altergruppen - und beide unterscheiden sich stark, während die Positivraten das nicht tun. Kann Zufall sein. Hat jemand Ideen dazu?
In Altersgruppen 15-34 und 80+ wird bis zu 2 x mehr getestet als in 0-4 und 5-14. Grundsätzlich gilt aber: Stärker getestete Gruppen haben auch eine höhere Inzidenz. Aber: Im neuen Testregime wird 80+ am meisten getestet, wobei auch da die Zahl der Tests zurückgegangen ist.
In Berlin sieht ähnlich aus wie im Bund, nur, dass die Inzidenz höher ist und die Zahl der Toten langsamer steigt als im Bund und als erwartet. Der 7-Tage-Schnitt ist leicht gesunken, aber nicht real, und die Zahlen schwanken von Tag zu Tag sehr stark. Vermute gestresste Ämter.
Inzidenzverlauf in Berlin in den NPGEO-Altergruppen zeigt leider weitere Ausbrüche und einen Inzidenzanstieg in der Gruppe 80+ (grün). Das dürfte in 1-2 Wochen zu vielen neuen Todesfällen führen, falls Berlin nicht irgendeine revolutionäre Behandlungsmethode hat.
Bei den Bezirken liegen Mitte und Neukölln mit Inzidenzen über 300/10.000 ganz oben, die Ostbezirke haben rund die Hälfte, was aber immer noch 3-5 mal so viel ist, wie die Ämter verfolgen können, in Neukölln 10 mal so viel.
Auf intensivregister.de/#/intensivregi… zeigt sich, dass Berlin mit 24,1% die höchste Belegung von Intensivbetten mit Covid-Patienten hat, die in Berlin nunmehr doppelt so hoch ist wie bei der 1. Welle, und die Zahlen steigen unangenehm schnell.
Hier die Entwicklung des Anteils von Covid-Patienten in Intensivbehandlung im Bund und in Berlin.
Freie Intensivbetten nehmen ab, aber Notfallreserve ist im Bund wie in Berlin noch unangetastet. Nehme an, dass sind Betten, für die es derzeit kein Personal gibt und für die dann fachfremde Ärzte und Pfleger abkommandiert werden, wenn sie benötigt werden. Weiss jemand genaueres?
Die Daten und Graphiken sind Grundlage für den nächsten @me_ukw - Podcast, den ich gerade mit @timpritlove aufgenommen habe und der morgen erscheinen soll. Wir streifen da aber noch viel mehr Themen.
Zum Abschluss noch ein Kommentar zum den Nicht-Beschlüssen des Corona-Gipfels am Montag, den 16.11. Nach den Zahlen von heute ist immer noch klar, dass das eine absolute Katastrophe ist. Nach dem viel zu späten Maßnahmen am 4.11. jetzt der Doppelfehler: Spiel auf Zeit.
Tausende Menschen werden zusätzlich sterben, weil die Mehrheit der Länderchefs feige Lappen sind, die den Tatsachen nicht ins Auge sehen wollen. Ja, sie sind nicht zu beneiden, aber Wahlen gewinnt, wer Covid erfolgreich bekämpft. Durch Abwarten dagegen verlieren wir alle.
Die bittere Wahrheit ist: Die Maßnahmen vom 4.11. kamen mindestens einen Monat zu spät, eher zwei Monate, um hinreichend wirksam zu sein. Der Zug ist abgefahren, es wird nicht ohne Verschärfungen gehen, und es wird lange dauern.
Statt zwei bis vier Wochen, die im September noch gereicht hätten, wird es jetzt eher zwei bis vier Monate harten Lockdown brauchen, Tausende werden unnötig sterben und die Wirtschaft wird weitere Milliarden einbüßen, weil man nicht rechtzeitig gehandelt hat.
Es ist auch nicht so, als würde ich irgendwelche Geheiminformationen besitzen, die die Ministerpräsidenten nicht haben. Sie halten sich einfach für klüger als die Experten, die aus ihrer Sicht die politische Gesamtdimension nicht überblicken, was oft wahr, aber hier egal ist.
Ab einem bestimmten Grad an Infektionen spielt fast alles andere nämlich keine Rolle mehr - dann wird ein harter Lockdown nämlich unausweichlich, und dieser Zeitpunkt ist überschritten. Und ich behaupte, es war am 4.11. klar, dass die Maßnahmen nicht ausreichen.
Mittlerweile gibt es brauchbare Studien zur Wirksamkeit von Maßnahmen, so daß man in etwa abschätzen kann, wie wirksam eine Maßnahme allein und in Verbindung mit anderen Maßnahmen ist.
Ich kenne jedenfalls kein Szenario, in dem die Maßnahmen vom 4.11. den R-Wert mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich unter 1 bringen könnten; bestenfalls in die Nähe von 1, und das auch nur, wenn das Wetter mitspielt, was es derzeit noch tut.
Und während es am 4.11. noch Hoffnung auf ein Wunder gegeben haben könnte, stellen wir jetzt fest, dass das Wunder ausgeblieben ist. Kein Indikator weist darauf hin, dass die Zahlen in absehbarer Zeit in den Bereich zurückgehen, wo wir wieder tracen oder Maßnahmen lockern können.
Ohne Verschärfungen wie Schul- und Betriebsschliessungen und Ausgangssperren werden die Zahlen nicht sinken, und es werden zigtausend Menschen sterben und hunderttausende erkranken, bis es wieder wärmer wird.
Da das intolerabel ist, werden wir Verschärfungen kriegen und unnötig viele Kranke und Tote - und niemand wird es der Politik danken, dass wir ein paar Wochen länger mit weniger Einschränkungen verbringen durften und am Ende doch die Schulen und Geschäfte zu sind, und zwar lange.
Ok, ich hoffe insgeheim auch auf ein Wunder, aber die Eintrittwahrscheinlich ist gering. Immerhin gibt es die guten Nachrichten von der Impfstofffront, so daß für den Sommer 2021 Hoffnung auf viel mehr Normalität besteht.
Es wäre auch schön, wenn sich die Politik langsam mal auf eine Impfstrategie einigen könnte, denn der Impfstoff wird ja bereits produziert und kann eigentlich jetzt schon verteilt werden, aber er wird für viele Monate knapp bleiben, und die Knappheit will gemanagt werden.
Für die nächsten Monate aber wird ein Impfstoff nur weniger Einzelne schützen und epidemiologisch kaum bedeutend sein. Klar ist, dass man zunächst medizinisches Personal und Risikogruppen versorgen will, aber macht man das per Gießkanne oder regional konzentriert?
Zieht man Gegenden vor, wo die Inzidenz hoch ist? Oder impft man erst mal Berlin, München, Frankfurt, Hamburg und das Ruhrgebiet durch, weil das für die Wirtschaft besser ist? Oder gibt es die Impfung am Anfang nur für Reiche bzw. Selbstzahler? Fragen über Fragen.
So, wie derzeit die Epidemie gemanagt bzw. nicht gemanagt wird, kommen mir hinsichtlich der Impfstrategie gewissen Bedenken. Weiss jemand näheres, wie der Stand ist? Es findet ja kaum was dazu in den Parlamenten statt, und Regierungen arbeiten eher hinter verschlossenen Türen.
Hoffen wir das Beste. Bleibt gesund und passt auf euch auf.
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Es gibt einige kleine Updates auf pavelmayer.de/covid/risks/ : In vier neuen Spalten findet sich zum Vergleich nun die 7-Tage-Inzidenzrechnung im RKI-Stil und der Prozentsatz, wie viele Fälle dadurch jeweils unter den Tisch fallen.
Zum Hintergrund: Die vom RKI ausgewiesenen Inzidenzwerte berücksichtigen nur Fälle, bei denen die Meldung beim Gesundheitsamt nicht mehr als 7 Tage zurückliegt, auch wenn der Fall erst gestern bei RKI und in die Fallstatistik eingegangen und Teil heute neuerkrankt Gemeldeten ist.
Das führt dazu, dass Kreise, die länger zum Testen und Melden brauchen, deutlich weniger Fälle und eine niedrigere 7-Tage-Inzidenz im RKI-Dashboard haben, als es den in den letzten 7 Tagen berichteten Fällen entspricht. Diese Fälle listet meine Risikotabelle jetzt getrennt auf.
Corona-Update Freitag, 13.11.2020: Zunächst der Blick in die Welt: Inzidenz weltweit stagniert, weil in Europa immer mehr Länder die Ausbreitung gestoppt haben und im Rest der Welt eher Ruhe ist, außer in den USA, die die EU bald wieder übertreffen könnten ourworldindata.org/coronavirus-da…
Hier einige Länder in Europa, die ihren Ausbruch unter Kontrolle gebracht haben, plus Israel, das auch als warnendes Beispiel dienen kann: ourworldindata.org/coronavirus-da…
Israel hatte Anfang August einen Ausbruch scheinbar unter Kontrolle gebracht, der etwa dem derzeit bei uns entspricht, aber 3 Wochen, nachdem die Zahlen stagnierten, wurde es ab Anfang September noch um ein vielfaches schlimmer, bis am 18 Sept. der Lockdown erfolgte.
Kleines Corona-Deutschland-Update 10.11.2020: Die Zunahme der Neuinfektionen verlangsamt sich, 7-Tages-R knapp unter 1,1, Zunahme bei Sterbefällen auch verlangsamt, was entweder Zufall ist oder an Problemen bei der Datenerhebung liegt.
Im aktuellen Corona-Hotspot Görlitz scheint das Gesundheitsamt zusammengebrochen zu sein, hat gestern keine Meldungen abgegeben, wie 40 andere Landkreise auch. Ein Mittelwert von 5,2 Tagen und ein Median von 4 Tagen in Görlitz schlägt sogar das notorisch langsame Hamburg.
Das liegt sicher auch an Rückstaus beim Testen. Meine Eltern haben 7 Tage auf ein Testergebnis gewartet; angeblich geht ein Teil der Berliner Tests nach München. Zwar dauert es definitiv nicht überall so lange, aber nur rund die Hälfte der Ergebnisse ist am nächsten Tag da.
Corona-Update 6.11.2020: Neuer Tages- (21.056) und 7-Tages-Schnitt-Rekord (~17.000) in Deutschland, 7-Tages-R auf ~1,1 gesunken, aber Labore kommen nicht mit Testen hinterher.
Zahl der Tests bereits in der Vorwoche an der Kapazitätsgrenze, Positivenquote in KW44 nähert sich mit 7,26% weiter der Höchstmarke von 9,03% aus KW14 (Ende März), bei fast 4x Testanzahl und anderem Testregime.
Gemeldeter Probenrückstau bei 100.000 in KW44, aber "nur" bei 1/3 der Labore. Heisst: bei diesen Laboren fielen im Schnitt 1,5 Tage zusätzliche Wartezeit an. Tatsächlich vergehen vielen Fällen 4 Tage und mehr, bis ein Testergebnis vorliegt, bes. in HH, Sachsen, Bawü, Brandenburg
Gerade einen anekdotischen Bericht aus einem tschechischen Dorf bekommen. Jeder hat Freunde oder Verwandte, die infiziert sind, aber im Alltag verhalten sich die Leute, als gäbe es Ansteckung allenfalls unter Fremden.
Die Familie besucht munter übers Wochenende die Grossmutter, obwohl, obwohl die Freundin vom einen Enkel und Klassenkameraden vom anderen infiziert sind.
Die Großmutter besucht alle zwei Tage Freunde und Verwandte, um zu erzählen und zu hören, wer sich jetzt wieder alles angesteckt hat oder im Krankenhaus liegt oder tot ist.
Israel ist am 18. Sept. in den 2. Lockdown gegangen, am 29. stoppte der Anstieg der Neuinfektionen. Jetzt, knapp 5 Wochen später, nähern sich die Neuinfektionen wieder den 50/100.000/Woche und es wird gelockert. ourworldindata.org/coronavirus-da…
Tschechien hatte ab dem 5. Oktober den Notstand ausgerufen und Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht und Teilschliessungen von Schulen, Kultur- und Sporteinrichtungen verfügt, aber allgemeine Schul-, Betriebs- und Grenzschliessungen ausgeschlossen.
Am 21. Okt. wurden dann doch alle Schulen, Bars, Gastronomie, Hotels und Einzelhandel außer Lebensmittel dicht gemacht, nächtliche Ausgangssperre und Maskenpflicht im Freien und auch in PKWs verhängt; am 28. Okt. war dann der Höhepunkt erreicht, seitdem stagnieren Neuinfektionen.