Die EU-Betrugsbehörde OLAF ermittelt gegen #Frontex wegen illegaler Pushbacks und wegen Fehlverhaltens. In der Woche vom 7. Dezember wurden das Büro von Frontex-Chef Leggeri durchsucht und Personal befragt. Quellen aus Frontex berichten aber noch mehr... (Thread)
So soll der Frontex-Chef aktiv verhindert haben, dass 40 Personen zur Menschenrechtsbeobachtung rechtzeitig eingestellt wurden, obwohl das im Frontex-Mandat rechtsverbindlich geregelt ist.
Er soll mehrfach gesagt haben, dass Berichte über Pushbacks nicht in der Agentur oder nach außen verbreitet werden sollen. Interne Berichtsverfahren über Pushbacks sollen ausgebremst worden sein.
Das Training für Frontex-Beamte soll nicht den Hygienestandards in der Pandemie entsprechen. Beamte die sich darüber beschwert haben, soll angedroht worden sein, dass sie ihren Job verlieren, wenn sie darüber sprechen.
Der Frontex-Chef soll gesagt haben, dass Frontex „kein teurer Seenotrettungsservice“ sei. Die Kultur in der EU-Agentur soll zu einer Blindheit für Menschenrechtsverletzungen führen.
Auch gegen den Chef des Kabinetts von Leggeri soll ermittelt werden. Er soll seinen Job sehr schlecht machen und dort nur sein, weil Leggeri ihn eingesetzt hat, obwohl andere besser qualifiziert seien.
Außerdem soll das Budget der Agentur in zu wenigen Händen liegen und die Verwendung damit kaum kontrolliert werden können.
Was wir schon wussten: Frontex hat vergessen die geplante Bewaffnung des EU-Personals der Agentur rechtlich abzusichern. Ohne Rechtsgrundlage gibt es keine legale Bewaffnung von Personal.
Aber anscheinend habe sich die Führungsebene eher um die neuen Uniformen als um dieses rechtliche Problem gekümmert. Das schafft jetzt Lücken und sei eine „Einladung zu Missbrauch“, weil z.B. auch unklar ist, wie Waffen sicher gelagert und die Verwendung kontrolliert wird.
Die Rekrutierungsabteilung soll sehr schlecht funktionieren. Im Oktober seien 400 Zusagen für Jobs aus Versehen fehlerhaft verschickt worden. Am nächsten Tag wurden die Zusagen widerrufen. Es gab wohl Drohungen, dass dieser Vorfall nicht öffentlich gemacht werden dürfe.
... Man könnte einige weitere Sachen aufführen, aber klar ist, dass diese Agentur wohl ein großes Problem hat. Dieses Problem ist entstanden, weil EU-Mitgliedsstaaten keine Kontrolle der Agentur wollten, damit sie harten Grenzschutz abseits der Rechtsgrundlagen durchsetzen kann.
Die Folgen sind verheerend. Statt EU-Recht durchzusetzen und Menschenrechte zu achten ist es nun möglich, dass Menschenrechte systematisch missachtet werden. Hier haben alle demokratischen Regierungen eine Verantwortung. Wer das einfach geschehen lässt, ist mitschuldig.
Die Kommissionspräsidentin @vonderleyen muss endlich dafür sorgen, dass EU-Recht von Mitgliedsstaaten und eigenen Agenturen geachtet wird. Wer Grundrechte missachtet schützt die Grenzen der EU nicht, sondern verletzt sie. Die EU-Kommission muss diesen Grundsatz mit Leben füllen.
Aber es brauchte auch im EU-Parlament endlich einen Untersuchungsausschuss, um die Vorfälle unabhängig aufzuklären. Bislang scheitert das an den größeren Fraktionen, die das ablehnen.

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12 Jan
Alle Menschen endlich mit genügend kostenlosen FFP2-Masken auszustatten ist deutlich günstiger als eine Woche Lockdown. Es wäre wirtschaftlich absurd, das nicht zu tun.
#FFP2Masken
Aber neben den Masken brauchen wir endlich einen Fahrplan, wie schnellstmöglich mit systematischen Schnelltests und den Masken zum Beispiel wieder der Zugang zu Schulen sichergestellt werden kann, ohne angesichts der Virusmutation sofort wieder im exponentiellen Wachstum zu sein.
Auch eine schwer zu erreichende Inzidenz unter 50 alleine wird leider nicht reichen, um Schulen wieder regulär zu öffnen. Auch die wichtige Notbetreuung könnte mit Tests besser abgesichert werden.
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4 Jan
Die EU-Kommission fordert von #Bosnien, Geflüchtete menschenwürdig zu behandeln. Das ist zwar richtig, aber an Doppelmoral schwer zu überbieten: Wer aus den lebensgefährlichen Bedingungen in Bosnien flieht, wird von EU-Mitglied Kroatien misshandelt und abgewiesen. #Lipa
Frontex schaut dabei mit Beamten der anderen Mitgliedsstaaten zu. Die EU-Kommission hat trotzdem - oder gerade deswegen - den Schengen-Beitritt Kroatiens auf den Weg gebracht und bislang sowohl Vertragsverletzungsverfahren als auch öffentliche Kritik weitgehend vermieden.
Wer soll den Ruf der EU nach menschenwürdiger Behandlung von Schutzsuchenden ernst nehmen, wenn die ganze Welt weiß, dass EU-Staaten und Kommission selbst Menschen misshandeln und ihr eigenen Menschenrechte brechen?
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10 Sep 20
Bin jetzt auf Lesbos. Nach dem Brand in #Moria sind über 10.000 Menschen obdachlos. Ganze Strassenzüge voller obdachloser Menschen. Ich werde zusammen mit @GoeringEckardt versuchen in den nächsten Tagen zu berichten und politischen Druck aufzubauen.
Ich habe Hassan gefragt, wo er mit seiner Familie wohnt.
Er zeigte auf diese Matratze.
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20 Aug 20
Heute wurden Menschen in #Moria von einem rechten Mob mit Steinen beworfen.
Jetzt hat der Mob ein Feuer gelegt, weil er offenbar die 14.000 Geflüchteten im Camp verbrennen will. Völliger Wahnsinn schon wieder und kaum jemand kriegts mit. #LeaveNoOneBehind
es gibt in den letzten Wochen übrigens fast täglich Feuer in der Nähe des Camps. Viele mit denen ich zuletzt auf der Insel gesprochen hatte, vermuten dabei Brandstiftung durch Rassisten.
Ach, und weil wir gerade beim Außengrenzenwahnsinn sind: Vor Malta liegt ein Öltanker seit zwei Wochen und darf nicht einlaufen, weil er 27 Menschen aus Seenot gerettet hat.
reuters.com/article/us-eur…
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25 Apr 20
Wurde öfter gefragt, warum Deutschland noch nicht mehr unbegleitete Minderjährige umverteilt hat. Hier ein kurzer Thread mit einem Teil der Antwort, die euch eventuell verunsichert.
#LeaveNoOneBehind
Deutschland will irgendwann 500 unbegleitete Minderjährige unter 14, am besten Mädchen aufnehmen. Insgesamt 8 EU-Staaten wollen insgesamt 1600 unbegleitete Kinder aufnehmen.

Das Hauptproblem: Leider hat die Bundesregierung offenbar keinen Taschenrechner.
Es gibt ca. 5200 Unbegleitete in Griechenland. 8,7% sind unter 14, 7% sind Mädchen. Das macht ungefähr 450 unter 14-Jährige, 32 davon Mädchen. Viele haben Familie in anderen EU-Ländern, ein Großteil ist in Programmen untergebracht, nicht alle wollen/können also nach Deutschland.
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26 Mar 20
Im Interview mit @radioeins wurde ich gefragt, wie man die Katastrophe in den Lagern an der Außengrenze abwenden kann. Weil sich viele fragen, was die Regierungen tun können, hier ein Thread. Wir könnten sofort starten.
#leavenoonebehind #lesbos #moria radioeins.de/programm/sendu…
1. Einzelne Staaten müssen ihre Möglichkeiten nutzen, vorangehen und nicht auf andere warten. Die Schiedsrichter an der Seitenlinie in Wien oder Budapest werden das Problem nicht lösen. Wir brauchen Spielmacher, die im Kampf gegen Corona Tore schießen wollen.
2. Unbegleitete Minderjährige und Familien in Asylverfahren sollten innerhalb weniger Tage in griechischen Hotels in Quarantäne untergebracht werden. Dafür braucht Griechenland finanzielle Unterstützung.
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