Thread by @ErikMarquardt

Im Interview mit @radioeins wurde ich gefragt, wie man die Katastrophe in den Lagern an der Außengrenze abwenden kann. Weil sich viele fragen, was die Regierungen tun können, hier ein Thread. Wir könnten sofort starten.
#leavenoonebehind #lesbos #moria radioeins.de/programm/sendu…

1. Einzelne Staaten müssen ihre Möglichkeiten nutzen, vorangehen und nicht auf andere warten. Die Schiedsrichter an der Seitenlinie in Wien oder Budapest werden das Problem nicht lösen. Wir brauchen Spielmacher, die im Kampf gegen Corona Tore schießen wollen.

2. Unbegleitete Minderjährige und Familien in Asylverfahren sollten innerhalb weniger Tage in griechischen Hotels in Quarantäne untergebracht werden. Dafür braucht Griechenland finanzielle Unterstützung.

Wenn die formalen Voraussetzungen geschaffen sind, kann man die Menschen später verteilen. Die Anmietung kostet Geld, aber die Tourismusbranche wird durch Corona zeitnah eine Krise erleben und staatliche Unterstützung brauchen. Diese Krise könnte man durch das Programm dämpfen.

2. In deutschen Erstaufnahmeeinrichtungen gibt es 25.000 freie Plätze. Schon heute könnte man 10.000 Plätze für Obdachlose in Deutschland zur Verfügung stellen, damit sie auch ein zu Hause haben, in das sie sich einschließen können. Für die Betreuung sollte man Jobs schaffen.

3. Von den weiteren freien Plätzen sollten in einem ersten Schritt 7.500 anerkannte Asylbewerber mit Flüchtlingsstatus oder subsidärem Schutz aus Griechenland nach Deutschland evakuiert werden, um hier Quarantänemöglichkeiten zu haben.

Die formalen Voraussetzungen bei Anerkannten zur Umverteilung sind vorhanden. Man könnte sofort starten. Die Menschen haben schon ein Asylverfahren erfolgreich absolviert. Bei der Evakuierung sollte Freiwilligkeit beachtet werden und Risikogruppen sollten priorisiert werden.

Außerdem droht vielen Menschen in der deutschen Tourismusbranche auch eine existenzgefährdende Saison. Deswegen kann man auch dort Pensionen und Hotels Zimmer anmieten, um weitere Personen zu quarantinieren, damit sie nicht mehr in Zelten wohnen und die Branche unterstützt wird.

4. Perspektivisch müssen solidarische Länder über den EU-Haushalt finanziell belohnt werden und andere, die sich der Solidarität verweigern Zugang zu bestimmten Fördergeldern verlieren, damit es sich nicht mehr lohnt Probleme populistisch zu instrumentalisieren statt sie zu lösen

5. Eine Entlastung der Außengrenzen wäre nicht nur im Kampf gegen Corona geboten, es würde auch die Achillesferse Europas schützen: Durch die verantwortungslose Politikverweigerung von EU-Staaten in der Asylpolitik zerstört man europäische Innen- und Außenpolitik.

Man gibt auch ein lächerliches Bild auf der internationalen Bühne ab, wenn man großspurige Reden hält, aber in der kommenden Weltwirtschaftskrise Russland, die Türkei oder China wissen, dass man zur Erpressung der 27 EU-Staaten Staaten nur ein paar Schlauchboote aufblasen muss...

... die man dann mit Menschen auf die griechischen Inseln schickt und Europa schafft das Asylrecht ab, schießt auf Menschen, duldet rassistische Mobs, redet in Kriegsrhetorik und tut alles was man will. So vertritt man keine europäischen Interessen in komplizierten Zeiten.

Das fühlt sich für viele hier auf Lesbos an, als würden die Regierungschefs in ihren Reden grad den Pokal in der Champions-League anstreben, aber in der Praxis nichtmal wissen, was ein Ball ist.

Leider kann man Sachen in ihrer Komplexität in Tweets nicht allzu gut darstellen, aber in kurz: Wir müssen handeln, wir können etwas tun. Es gibt lösbare Probleme, man muss sie nur sehen und lösen wollen.