Ich habe vor einer Weile einen privaten Text geschrieben. Zum Thema Polyamorie und ankommen. Da ich mir sicher bin, dass unter meinen Followern auch Poly-Folk ist, habe ich mich entschieden ihn mit Euch zu teilen. Vielleicht gibt er Euch ein bisschen Hoffnung, wenn es gerade
schwierig ist. Emotionen wie (Verlust)angst, Unsicherheit usw gehören dazu. Es ist normal. Wir sind Menschen. Lasst Euch davon nicht entmutigen, wenn ihr polyamor leben wollt. Dann hier mal meine kleine Geschichte:
Ein kleiner gelber Löffel.

Heute habe ich einen kleinen, gelben Keramiklöffel aus der Spülmaschine geholt. Es ist mein Lieblingslöffelchen, aber die Spülmaschine gehört nicht mir. Sie steht in Hamburg, in der gemeinsamen Wohnung meines Liebsten und seiner Liebsten.
Als ich ihn so in der Hand hielt, diesen kleinen Löffel, ist mir bewusst geworden, was für ein Glück ich habe. Ich bin hier nicht zuhause, wie ich es in meinem Zuhause in NRW bin, aber es fühlt sich genauso sicher an, es hat eine „Zuhause-Qualität“ weil die Menschen,
in deren Wohnung ich zeitweise zu Gast bin, es so für mich machen. Weil kleine Details einfach völlig ok sind, wie eben einen Lieblingslöffel mitzubringen, der – obwohl er so anders ist, als die hiesigen Löffelchen – einfach akzeptiert und mit ins Glas gestellt wird.
Ich bin im Schnitt alle 6 Wochen um die zwei Wochen bei meinem Geliebten in Hamburg. Manchmal etwas länger, früher auch schon mal kürzer aber öfter. Nicht einmal gab es ein Problem damit, dass wir mehrere Tage zu dritt diesen Wohnraum teilen.
Es ist eine Atmosphäre von gegenseitigem Respekt, von Akzeptanz, von Rücksichtnahme.

Bei meinen ersten Besuchen hatte ich eine tiefgehende Angst, dass ich „eindringe“. In einen geschützten Raum, ein Zuhause das nicht meines ist.
Dass ich Abläufe stören, Dinge durcheinander bringen, Zeit „klauen“ könnte. Etwas, was ich auf gar keinen Fall wollte. Weswegen ich auch eine Weile gezögert habe, auch nur eine Zahnbürste von mir in Hamburg zu lassen.
Nachdem der Geliebte und ich auch noch das Schlafsofa, auf dem wir anfangs zusammen geschlafen haben wenn ich zu Besuch war, buchstäblich zerfickt haben, und meine Metamour uns eindringlich und im Interesse des Mobiliars nahegelegt hat, doch bitte das Wasserbett zu nutzen,
habe ich mich auch erst einmal etwas seltsam gefühlt. Irgendwie falsch. Ich wollte nicht „ihr“ Bett besetzen. Mich nicht irgendwo breit machen. Aber auch dieses Gefühl wurde nach und nach dadurch entschärft, dass eine offene Kommunikation gegeben ist.
Dass ich mich darauf verlassen kann, dass mir ehrlich gesagt wird, wenn etwas gerade nicht funktioniert, wenn sich Dinge verändern, wenn sich das Bedürfnis nach Zweisamkeit zwischen den Beiden auch dann einstellt, wenn ich zu Besuch bin.
Es macht mich glücklich zu sehen, wie zufrieden der Geliebte ist, wenn er auf der Couch zwischen uns sitzt. Wenn wir zu dritt spazieren gehen. Wenn jede von uns eine seiner Hände hält, während wir in der Oper sitzen, wie vor der Pandemie.
Es macht mich glücklich, dass meine Metamour mir nicht ein einziges Mal bedeutet hat „Du störst gerade“. Ich kucke auf diesen kleinen gelben Löffel und fühle mich angekommen und angenommen. Ich fühle mich nicht mehr als Fremdkörper. Was für ein erstaunliches Gefühl!

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23 Jan
Sagt mal, wie kommt ihr mit wenig Geld an preiswertes frisches Obst und Gemüse? Abgesehen von Containern - das ist physisch einfach nicht für jede:n möglich. Ich gehe bei Discountern einkaufen und da vorzugsweise 1-2h vor Ladenschluss, weil die Produkte z.T. 30-50% reduziert sind
Dazu habe ich die (nervigen) Newsletter der Discounter abonniert um über Aktionen informiert zu sein und da ich für 4 Personen einkaufe, wird das auch durch die Menge oft billiger. Ich bewahre viel von meinem Obst/Gemüse gekühlt auf (entweder im Kühlschrank od. Keller), aber den
Platz haben natürlich nicht alle Menschen. Diesen Frühling/Sommer werde ich endlich auch mal mehr als nur ein paar Tomaten und Kräuter anpflanzen *Schaufel bereit stell* Aber auch ein Garten ist ein Luxus. Pflanzt ihr was im Haus/auf dem Balkon an? Wie esst ihr gesund?
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21 Jan
CN Menstruation, ein kleiner Thread.
Ich lese immer wieder von und über Männer(n), dass sie mit der Periode ihrer menstruierenden Partner:innen lieber nichts zu tun haben. Dass sie fehlinformiert sind. Meine rein subjektive (!) Erfahrung zeigt da was anderes.
Ich habe vor Jahren schon meinen Mann, der sich gerade mit seinem besten Kumpel getroffen hatte, in den dm geschickt, um mir Slipeinlagen für Strings zu besorgen. Die beiden sind da schnurstracks rein marschiert und haben eine wissenschaftliche Befragung der vor Ort anwesenden
Frauen zu dieser Spezialanforderung vorgenommen (welche sind am besten?) Ohne mit der Wimper zu zucken oder "das ist jetzt aber peinlich"-Verhalten an den Tag zu legen. Auch meinem 20 jährigen Sohn kann ich einen Einkaufszettel mitgeben, auf dem Binden und Tampons stehen.
Read 8 tweets
29 Dec 20
Falls ihr es vergessen haben solltet: der #Pflegenotstand ist auch ohne Covid real. Beispiele?
Der Gatte wird in seinem Frei angerufen, ob er für die Stationsleitung die Dienste übernehmen könne. Der hatte einen Unfall. Ok. Jetzt hat er halt im Januar ständig 8-Tage-Schichten.🤷‍♀️
Der Gatte wird an den Feiertagen angerufen, ob er bitte statt Früh-, Spätdienst machen könne, sonst wäre kein (ja, KEIN) examiniertes Personal in der Spätschicht. Im ganzen Haus. Alle entweder krank, nicht zu erreichen oder im (verdienten!) Urlaub.
Die Frühschicht wird von eigentlich 7 benötigten Pfleger:innen auf 4 zusammen geschrumpft. Die sollen bitte auch, wenn angerufen wird auf anderen Stationen "ein bisschen helfen". Genau. Obwohl sie dank Covid eigentlich die Stationen nicht wechseln sollen. Geht halt nicht anders.
Read 11 tweets
21 Sep 20
Ich wage mich jetzt mal auf ein Terrain, auf dem ich als cis Frau keine persönliche Erfahrung habe. Bitte seht es mir nach und korrigiert mich, wenn ihr Denkfehler seht, ich maße mir nicht an Ahnung zu haben, wenn es um trans Themen gibt, sie beschäftigen mich nur sehr. /thread
Immer wieder lese ich den Begriff "passing". Nun ist mir durchaus klar, was er meint, aber irgendwie habe ich das Empfinden, dass er trans feindlich ist. Warum muss eins ein gutes passing haben? Ist es ein Wunsch oder ein "Zwang"?
Bedeutet passing nicht, dass man sich genau der rigiden Sichtweise auf Geschlechter anpasst oder gar unterordnet, die es einem Menschen so schwer macht als trans Person in einer cis dominierten Welt zu leben?
Read 8 tweets
14 Jul 20
Zum Thema "Freier sind Abschaum" mal ein paar persönliche Gedanken. Zu Beginn der C-Pandemie war schon recht schnell - wie bei vielen Kolleg*innen - dank Arbeitsverbot mein Geld knapp. Passend zu einem Monat in dem einige größere Rechnungen fällig wurden.
Dann schrieb mich ein Gast, der mich schon im Studio besucht hat und auch da sofort positiv aufgefallen ist (das Geld für die Session in einem hübschen Umschlag, als Mitbringsel eine Stofftasche vom BesD, großzügiges Trinkgeld, super angenehmer Mensch!) an.
Er würde mir gerne helfen. Und hell, hat er mir geholfen! Ohne eine Gegenleistung zu erwarten, hat er mir 500€ überwiesen. Ich hatte erst mal einen erleichterten Heulkrampf und ungefähr 3 Tage Schnappatmung. Sowas kennt man doch allenfalls aus Filmen!
Read 12 tweets
20 Mar 20
Guten Morgen Welt! Ihr wisst, meine sexarbeitenden Kolleg*innen und ich können momentan nicht arbeiten und viele von uns haben kein oder nur sehr wenig Einkommen. Wen das interessiert, der oder die liest bitte diesen Thread! Gerne auch rt.
Ich selbst habe keine Rücklagen, kein Einkommen und musste mir schon Geld leihen und natürlich mache ich mir Gedanken über meine Zukunft. Mangels eines funktionierenden Rechners/Laptops kann ich online auch nicht viel mehr anbieten, als das was sich mit dem Handy machen lässt.
Jetzt kommt das aber: Aber ich habe ein Dach über dem Kopf, genug zu essen, meine Familie und meine Tiere um mich, Unterstützung von Freunden und Partner und wenn ein lockdown kommt (und er wird kommen) einen großen Garten, der mich davor bewahrt drinnen die Wände hoch zugehen.
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