Der @rki_de Bericht zu den besorgniserregenden Varianten (VOC) wurde endlich upgedatet mit Daten bis KW6. Das exponentielle Wachstum der drei Varianten #B117, #B1351 & #P1 setzt sich fort. Der bundesweite Anteil lag letzte Woche zwischen 20-25%.
Analyse des Berichts hier im 🧵⬇️
Als Hintergrund empfehle ich meine Analyse des ersten Berichts von vor 2 Wochen. Dann muss ich mich nicht wiederholen.
Spannend wird, was neu ist, was verbessert wurde und was nicht.
Erste Verbesserung: Bericht jetzt bereits Mittwoch da, statt Freitag. 2/
Diesmal gibt es eine neue Datenquelle! Zu den zweiwöchtenlichen Erhebungen in einem Teil der Labore mit Punktmutationsanalysen (Punkt 1) kommen Daten aus der "RKI-Testzahlenerfassung" hinzu (Punk 2).
Link zu RKI-Bericht: rki.de/DE/Content/Inf… 3/
Die wöchentliche statt 2-wöchentliche Periode ermöglicht schönen Plot aus Tweet 1.
Hier die Ergebnisse als Tabelle. Interessant ist, dass selbst die brasilianische Variante #P1 mittlerweile einen Anteil von fast 0,1% hat, also definitiv angekommen ist 4/
rki.de/DE/Content/Inf…
Hier die Tabelle mit den zweiwöchentlich erhobenen Daten. Ähnliches Resultat. Südafrika-Variante #B1351 ist etwas seltener (0,4 statt 1,3%), das liegt sicher daran, dass ein Hotspot in den einen Daten drin ist und in den anderen nicht (zB @Koeln). #B117-Anteil sehr ähnlich. 5/
Erster Kritikpunkt: Diese Karte ist unverändert nicht so gut.
Es wird die absolute Zahl der VOC-Fälle pro Postleitzahlbereich geplottet. Diese Bereiche haben aber unterschiedlich viele Einwohner, das sollte normalisiert werden.
Schlimmer: aus manchen Regionen kommen 0 Daten. 6/
Das weiße Loch um Rügen + Sachsen ist nur da, weil kein Labor bei der RKI-Stichprobe mitmacht. Man muss die Grafik mit ABSOLUTER VORSICHT genießen. Sie scheint gut, in Wirklichkeit ist sie aber kaum aussagekräftig. Außer, dass es in Nordost-Bayern ein riesiges Problem gibt 7/
Was ist die Entwicklung der absoluten VOC-Zahlen? Diese ist im Bericht nicht analysiert. Aber man kann diese einfach hochrechnen als Anteil * Fallzahlen:
Pro Tag steigt die absolute Zahl der VOC-Fälle exponentiell um 6%!
Das entspricht R=1,27 oder Wochenwachstum von 52%. 8/
Das ist exakt konsistent mit dem Modell der 2 parallel-laufenden Pandemien. Die Wildtyp-Zahlen gehen zurück, während die Mutanten absolut wachsen, bis die Gesamtzahlen wieder unweigerlich steigen.
Siehe Analyse der Kölner Daten ⬇️ (gibt's auch für BW) 9/
Erstmals werden auch Stichproben-Sequenzierungen nach Sequenzierungsverordnung sinnvoll ausgewertet (nach KW, Jahresvergleich war sinnfrei)
Auch dort steigt der Anteil, in KW5 sogar auf 15% für #B117 in KW5 (vs 10% nach PCR). Daten für KW6 für Sequenzen liegen noch nicht vor. 10/
Genauso wie die absoluten Fallzahlen der Varianten, kann man auch die Entwicklung des Wildtyps (nicht-Varianten) ableiten.
Der R-Wert für Deutschland in den letzten 5 Wochen liegt für Wildtyp bei 0,86. Deshalb fallen auch die Zahlen noch, trotz steigender VOC-Fälle. 11/
Spannend ist direkter Vergleich des Wildtyp-Plots ⬆️ mit den Gesamtfällen (also Wildtyp + Varianten) ⬇️
R ist durch die Mutanten bereits erhöht, bei R=0,89 statt 0,86.
Gesamt-R wird jetzt jede Woche steigen. Weil sich die Varianten mit R=1,27 gegen Wildtyp mit 0,86 durchsetzt 12/
Sehr traurig ist, dass selbst nach 1 Monat Sequenzierungsverordnung und 4000 übermittelten Sequenzen noch keine davon für die Forschergemeinschaft auf @GISAID veröffentlicht wurden. Deutschland hat Daten, teilt sie aber nicht solidarisch. Das ist einfach völlig inakzeptabel. 13/
Das RKI verwendet weiterhin diesen schlechten Plot im Bericht (übrigens die einzige Visualisierung neben der Karte!)
Die Wellen sind einfach nur da, weil die Zahlen zu klein, und die Repräsentativität schlecht ist. Homburg nutzt sowas gerne für einen Desinformationstweet. 14/
Grafiken sind super, aber dafür müssen die Daten stimmen. Das ist der Fall, bei meinen Plots oben. Diese gehören stattdessen in den Bericht. Unverständlich, warum sich das RKI nicht von meinen Analysen inspirieren lässt. Ich weiß, dass meine Kritik gelesen wird. 15/
Der letzte Teil des Berichts handelt von den (schlechten) Meldedaten zu VOCs direkt aus den Landesgesundheitsämtern. Darauf basierte das RKI die Fehlaussage vor 2 Wochen, dass #B117 nur in 13 von 16 BL detektiert worden sei.
Die Daten sind diesmal kaum besser. 16/
Aus Hamburg und Sachsen nur 2 bzw. 15 VOC-Meldungen.
Unter Annahme, dass dort #B117 ähnlich verteilt ist wie im Bundesschnitt sollten das 500 bzw 1000 Meldungen sein. Dunkelziffer also bei Faktor 250 bzw 80.
Besser: Thüringen, wo praktisch alle Mutationen entdeckt werden. 17/
Da die manche Länder also nichtmal 1% der Mutanten melden, andere aber praktisch alle ist diese Tabelle fast komplett wertlos. Das einzige was man ausrechnen kann ist eine Mindest-Mutantenquote. In Thüringen hilfreich, sonst nicht. 18/

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19 Feb
Köln macht eigentlich alles richtig. Pro Tag fallen die Zahlen des nicht-mutierten Wildtyps (blau) um 2% (R=0,92).
Doch leider haben wir die Mutanten (rot) um #B117 im Land. Deren Zahl wächst täglich um 5% (R=1,22) & das wird bald ein Riesenproblem - selbst ohne Lockerungen. 1/ Image
Mittlerweile hat Köln einen Mutantenanteil von 25%, ziemlich im Bundesschnitt. Wir haben also erst 25% des Mutanten-Effekts auf Gesamt-R gesehen, bisher. Die Stadt @Koeln produziert aber bundesweit die besten Daten zu Mutanten, deshalb ist sie so prominent in Analysen. 2/ Image
Die absoluten Fälle steigen leider nahezu perfekt exponentiell, wie man das erwarten würde. Gewisse Schwankungen sind normal, die Verdreifachung in den letzten 3 Wochen ist aber definitiv kein Zufall. Das Wachstum ist real. 3/ Image
Read 4 tweets
19 Feb
Der @Tagesspiegel hat mich nach meiner Prognose für die Fallzahlen in Deutschland gefragt (gelb gestrichtelt).
Deutschlandweit wird die Inzidenz ab Ende Feb/Anfang März von Minimum um 50 wieder anfangen zu steigen.
Lockerungen werden den Anstieg darüber hinaus beschleunigen. 1/ Image
In meine Prognose fließen die @rki_de Fallzahlen, Zahlen aus dem RKI Mutanten-Bericht sowie Erfahrungswerte bzgl Übertragungsvorteils von #B117 aus UK, CH, IE, DK ein.
Der rot-gepunktete starke Anstieg beruht lediglich auf RKI-Mutanten-Bericht mit vermutl. syst. Fehler. 2/
Die niedrige türkis-gepunktete Linie ist die Fortsetzung des Trends, wenn wir nichts von Mutanten wüssten und somit die jetzige Entwicklung naiv fortschreiben würden. Dies ist lediglich als zu falsifizierende Baseline zu betrachten und ist sicher falsch. 3/
Read 4 tweets
19 Feb
Stöhr wird immer dreister mit seinen Lügen und Desinformationen. Das ist wissenschaftliches Fehlverhalten.
Heute behauptet er, der #B117-Anteil in UK sei am 15. Januar bei 50% gelegen. Das ist sehr falsch.
Bereits 1 Monat früher, ca. 15. Dezember war Anteil 50% (s. 3. Grafik) 1/ ImageImageImage
Das passt aber nicht in sein Argument, also passt er die Wahrheit kreativ an. Das geht absolut gar nicht.
@stohr_klaus muss dies sofort zurücknehmen & sich entschuldigen.
Desinformanten als "wissenschaftl. Experten" verkleidet sind das Letzte was wir jetzt brauchen können. 2/
Stöhr setzt übrigens auch den Irland-Anteil falsch an. Ich habe beides für ihn korrigiert. Das sagt dann natürlich genau das Gegenteil aus, von dem, was er für wahr verkaufen will. Was ist seine Quelle für seine Daten? Gibt es da überhaupt eine, oder ist das frei erfunden? 3/ Image
Read 6 tweets
18 Feb
Anschnallen! Keine guten Nachrichten aus Köln und Baden-Württemberg.
Die absoluten Zahlen der Mutanten steigen stark. Wie erwartet und vorhergesagt.
In Köln: R=1,22
In BW: R=1,19
In Köln steigen die 7T-Neuinfektionen bereits seit einer Woche leicht. In BW heute zum ersten Mal. 1/ Image
In Baden-Württemberg steigen die absoluten Fallzahlen ebenfalls. Die Kritik von @christoph_rothe an meiner Analyse hat sich wie erwartet erübrigt. Er schaute sich lediglich die Zahlen ohne Kontext an, ich jedoch kenne auch die Epidemiologie dahinter. 2/
Image
Meine Prognose vom 15.2. für Köln scheint beinahe zu optimistisch zu sein. Die Parameter sind unverändert. Der Anstieg findet bereits früher als gedacht statt.
Der Anteil der Varianten in Köln liegt jetzt bei 23,7% - also beim Bundeschnitt. 3/ Image
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17 Feb
Endlich eine repräsentative Stichprobenuntersuchung in D (Berlin-Mitte) vom RKI.
Zwischen 17. Nov - 5. Dez hatten 1% eine akute Infektion.
Die Dunkelziffer im Vergleich zu Meldungen war 2,2.
4,4% hatten Antikörper, aber nur 2,4% neutralisierende.
Quelle rki.de/DE/Content/Ges… 1/
Nur 20% derjenigen mit Antikörpern (also die, die angesteckt waren) waren asymptomatisch.
Asymptomatische hatten seltener neutralisierende Antikörper.
Nur geringe Durchseuchungsquote von 2-5%. Also kaum Herdenimmunität.
Was sagen @CiesekSandra & co dazu? Bin gespannt 2/
Warum hat es 10+ Wochen gedauert, seit Studienende bis Veröffentlichung von solch einfachen Metriken?
@ONS macht das in England wöchentlich mit Report jeweils 6 Tage nach Ende der Periode. Das ist 12x schneller. Und landesweit! Mit wunderbarem Report. 3/
ons.gov.uk/peoplepopulati…
Read 4 tweets
17 Feb
Ist es nicht interessant, dass im Land, in dem befehlshörige Beamten Mitmenschen industriell vernichtet haben, vor allem auf Eigenverantwortung gesetzt wird?
Deutsche Systemkultur ist genau das Gegenteil. Jeder macht leider strikt nur das was Aufgabe ist. Das muss schief gehen ⬇️
Dieses Muster zieht sich von vorne bis hinten durch die Pandemie. Ein paar Beispiele:
1. RKI: Dienst nach Vorschrift. Keine wissenschaftlichen Ambitionen. Daten werden nicht veröffentlicht (steht ja nicht im Gesetz!). Krasses Gegenteil zu Englands RKI: Open Data, Top Science
2. Laborverband @ALMevTeam: testet so wenig wie möglich. Ja nicht unnötig Kapazität aufbauen. Andere Länder liegen mittlerweile 2-10x vor uns. Nur am Anfang waren wir Spitze.
Kreative Methoden werden von vorneherein torpediert: Kein Testpooling. Selbsttests? Maximal verzögert. 3/
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