Zunächst einmal fällt auf, dass sich weder Partei- noch Fraktionsspitze öffentlich äußern - sie sollen möglichst herausgehalten werden, damit diese Angelegenheit nicht an ihnen hängen bleibt - die zweite Reihe soll diesen Skandal möglichst abkochen und kleinhalten.
Dann ist es natürlich weder nur “unanständig” noch “empörend”, was Abgeordnete der Union während dieser Pandemie getan haben, sondern viel mehr als das. Vor allem aber ist dieses “Fehlverhalten” “einzelner” Parlamentarier politisch von der Union begünstigt:
Seit Jahren wehrt sich die @cducsubt bis aufs Messer gegen wirksame Lobby-, Korruptions- und Transparenzgesetze. Das Phänomen der Selbstbedienungsmentalität in der Unionsfraktion ist nämlich mitnichten neu, u.a. die Aserbaidschan-Connection ist seit vielen Jahren bekannt.
Was fällt noch auf? Ziemiak spricht von “Parlamentariern”, Blume von “Abgeordneten”. Beide vermeiden es penibel, das Kind beim Namen zu nennen: Es waren Unionspolitiker*innen, die sich bereichert haben.-
Dass sie das vermeiden, ist natürlich kein Zufall, sondern Strategie. Denn:
Ziemiak schreibt, dieses Verhalten entspräche nicht “den moralischen Maßstäben der Union”, für Blume “widerspricht es den Werten der CSU fundamental.
Das ist der Versuch, möglichst viel Distanz zwischen die Organisation und diese Skandale zu bringen - Damage Control.
Und: Wie sehr widerspricht dieses Verhalten denn Werten und und moralischen Maßstäben der Union, wenn seit Jahren u.a. die Causa Aserbaidschan öffentlich ist und KEINE (!) Konsequenzen seitens der Union nach sich zog?
Ziemiak schreibt nämlich weiter: „Es kann nicht sein, dass EINZELNE die ganze Union (..) in Verruf bringen“.
Dieses Framing ist zentral für die Verteidigungslinie der Union: Die Organisation hat kein systematisches Problem, es ist das persönliche Fehlverhalten EINZELNER.
Was folgt daraus? Die Union muss als Parteienfamilie keine Konsequenzen ziehen, Rückzug EINZELNER reicht.
So ist es auch zu erklären, dass Nüßlein jetzt angekündigt hat, im September nicht mehr zu kandidieren: Damage Control. Den Druck aus dem Kessel nehmen, damit Medien von „Konsequenzen“ schreiben, aber nicht zu viel zugeben.
Blume schreibt, für dieses Fehlverhalten müsse „persönliche Verantwortung“ übernommen werden. Auch hier: Die Union hat kein Problem, muss darum auch nicht tätig werden.
Diese Haltung lässt sich auch daran erkennen, dass beide schreiben, dass sie Aufklärung ERWARTEN.
Dabei wäre es (auch, nicht nur) an ihnen, es selbst aufzuklären, wenn Angeordnete ihrer eigenen Partei unter Korruptionsverdacht stehen.
Schlussendlich, mein subtiler Lieblingsspin: Beide versuchen, sich mit dem rechtschaffenen Rest der Welt gemein zu machen - Ziemiak schreibt: „Die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, die Mitglieder der CDU und auch ich haben dafür kein Verständnis.“
Blume schreibt, ohne dieses WIR näher auszuführen: „Wir erwarten eine lückenlose Aufklärung“.
Das ist der Versuch eine Ingroup mit und allen zu kreieren: Wir alle gegen diese Einzelnen - wenn es freilich die Union ist, die hier als ganze Organisation in der Pflicht steht. /Ende
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
CDU-MdB @NikolasLoebel hat als Bundestagsabgeordneter 250.000 für einen dubiosen Maskendeal kassiert. Seine Stellungnahme offenbart ein interessantes Verständnis des Wortes „Volksdiener“.
CSU-MdB und Bundedverdienstkreuzträger Georg Nüßlein soll bei 3 Ministerien für die Beschaffung von Corona-Schutzmasken lobbyiert und ein Beraterhonorar über 660000€ in Rechnung gestellt haben.
Nüßlein zieht sich jetzt aus der Politik zurück. Für die CSU heißt das: Case closed.
Entschuldigung, aber dieser Kommentar im Tagesspiegel zu #Thierse und dem angeblichen Niedergang der SPD wegen ihrem angeblichen Hang zur Identitätspolitik sagt so viel mehr über den Autoren und diese ganze Denke aus als über die Sozialdemokratie, was für 1 hanebüchener Quatsch.
Punkt 1: Diese ewige Leier „WILLY BRANDT / HELMUT SCHMIDT WÄREN HEUTE AUCH KEINE SOZIALDEMOKRATEN MEHR“
JA WELL, vielleicht hat sich die Gesellschaft in den letzten 100 Jahren doch 1 wenig verändert? Früher galt das Frauenwahlrecht als radikale Idee, soll das der Standard sein?
Progressive Politik kann doch qua Definition heute nicht genau so sein wie vor 50 Jahren?
Und natürlich birgt das Herausforderungen für progressive Parteien, aber das ist einer unendlich viel komplexeren & diverseren Gesellschaft geschuldet und nicht Saskia Esken.
Was kann man gegen den destruktiven Fake News Wahlkampf der Union tun?
#1 Zunächst: Nicht an den Lügenkampagnen beteiligen. Saskia Esken hat nicht die Polizei verunglimpft, die Grünen wollen keine Einfamilienhäuser verbieten, die Linkspartei will die Demokratie nicht abschaffen.
Die 3 Parteien sind unterschiedlich genug, um sich inhaltlich zu kritisieren und müssen dafür nicht mit Lügen hantieren, die am Ende ohnehin nicht auf ihr Konto einzahlen.
#2 Lügen und Lügner als solche benennen und zum Thema zurückführen:
Nicht: „Esken fällt der Polizei gar nicht in den Rücken“ oder „Grüne wollen gar keine Einfamilienhäuser verbieten“, sondern in die Offensive, auf der Metaebene sowie inhaltlich zurückschlagen:
Der Wahlkampf von @CSU (unter Generalsekretär @MarkusBlume) und Teilen der @CDU (federführend hier Generalsekretär @PaulZiemiak) ist schäbig, lügnerisch und (ich verwende diesen Ausdruck nicht leichtfertig) demokratieschädigend.
Warum? (Sehr langer) Thread:
Zunächst will ich versuchen, zumindest einige Strategiestränge der Union anhand von Beispielen aufzuzeigen, dann darlegen, warum sie die oben genannten Adjektive verdienen und am Ende zeigen, was man dagegen machen kann.
Die Union versucht gerade, quasi das gesamte „akzeptable“ politische Spektrum zu besetzen und bricht sich bei diesem Spagat fast die Beine:
Nach Rechts versucht sie sich klar von der AfD abzugrenzen.
(Dass die CSU mittlerweile oft deren Methoden kopiert, dazu gleich mehr)
Wäre die Attacke auf das US-Kapitol, wegen der 5 Menschen starben, von Islamisten ausgeführt worden, hätten die USA Krieg gegen den Terror ausgelobt, alle Sender hätten ihr Programm unterbrochen & wir würden auf Titelseiten diskutieren, wie „unser“ Way of Life angegriffen wird.
Stattdessen hat die ARD den Roadmovie mit Charly Hübner gesendet, die ganze Welt zeigt 24/7 diesen Hillbilly-Schamanen und wir lachen darüber, dass die dummen Trottel nicht mehr fliegen dürfen.
Dass ein rechtsradikaler Mob mit engsten Verbindungen ins Weiße Haus das Kapitol stürmen, womöglich Geiseln nehmen, den Vize-Präsidenten lynchen und das Ergebnis einer demokratischen Wahl überwerfen wollte? Well. Konservative warnen lieber vor der Antifa.