Wir dürfen nicht ganz kurz vor dem rettenden Ufer aufhören zu schwimmen!
Wir reiten im Galopp auf eine Riesenwelle der Corona-Pandemie zu. Was tun? Dabei sehen wir die Impfungen schon als das rettende Ufer und sind nur Wochen davon entfernt!
Es muss nochmal ein gemeinsamer Kraftakt her. Für ein paar Wochen. Aber was können wir tun? Und wie gross ist dieser Kraftakt?
Wie wir anhand von Berechnungen mit meinem Prognose-Modell sehen werden, sind wir viel näher am rettenden Ufer als meines Erachtens viele denken.
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Was passiert, wenn wir jetzt nichts tun? Mit den aktuellen Einschränkungen/Lockerungen sehen die nächsten 2 Monate in meinem Vorhersage-Modell so aus (eine gewissen Abbremsung durch die Ferien ist bereits eingerechnet). 3/x
Wir laufen in eine riesige Welle hinein, die dann im Juni durch die Wirkung der Impfungen und einen Saisonalitäts-Effekt endlich gebrochen wird. In der Spitze (ca. Anfang Mai) könnten wir bei 100.000 Neuinfektionen am Tag liegen.
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Die 3. Welle würde in den Intensivstationen 4-5 mal so viele Patienten verursachen wie in der 2. Welle – das ist wohl kaum vorstellbar. Der Großteil der Patienten wäre zwischen 50 und 75 Jahren alt, die noch nicht geimpft sind.
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Die Anzahl der Verstorbenen pro Woche wäre in 3. Welle fast so hoch wie in 2. Welle, nur dass die Opfer viel jünger sind (Schwerpunkt 60-79). Dass durch die Überlastung des Gesundheitssystems die Sterberaten höher liegen, wird hier noch gar nicht eingerechnet. Details im Blog
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Sollte noch jemand gerade noch an Lockerungen denken: Das würde diese drei Kurven alle nur noch höher und steiler machen!
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Aus meiner Sicht dürfen wir das als Gesellschaft nicht zulassen. Wollen wir so kurz vor den rettenden Impfungen aufgeben, nachdem wir seit 54 Wochen mit mehr oder weniger Einschränkungen leben? Also was können wir tun?
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Unser Problem dabei ist, dass uns die Zeit davon rennt. Jeder Lösungs-Ansatz, der die oben gezeigten Kurven tatsächlich noch erheblich eindämmen soll, muss in den nächsten 14 Tagen (besser noch 7 Tagen) entschieden und umgesetzt werden. Jeder Tag später macht es schlimmer.
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Dann dauert es noch mind. 1 Woche, bis wir die Wirkung auch tatsächlich in den Neuninfektionszahlen sehen.
Und dieser Lösungsansatz muss eine schnelle und erhebliche Wirkung auf die Ansteckungsrate und damit den R-Wert haben.
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Um wieviel muss denn der R-Wert runter?
Ich habe das Modell fünf mal laufen lassen und dabei den R-Wert ab 12.4.2021 um 0.1, 0.15, 0.2 und 0.3 abgesenkt. Mit Maßnahmenstart am Ostermontag setzt 7 Tage später am 12.4.2021 die Wirkung ein. 11/x
Wenn wir den R-Wert auch nur um 0,15 absenken würden, hätten wir das schlimmste verhindert (3. Welle auf Intensivstationen ca. 50% über der 2. Welle) und wären Ende Juni bei einer Ziel-Inzidenz von 10 (dann weiter mit NoCovid-Strategie).
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Bei einer Absenkung um 0,2 gäbe es nicht mal mehr ein “Überschwingen” und Inzidenz 10 wäre 1-2 Wochen früher zu sehen.
Eine Absenkung von 0,3 wäre super, die Inzidenzzahlen stürzen regelrecht ab! Ob so eine Umsetzung realistisch ist kann jeder für sich selbst entscheiden.
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Echt, nur 0,15-2?
Das ist eigentlich gar nicht mehr viel, im Vergleich zu all den mehr oder weniger nervenden und belastenden Entbehrungen, mit denen wir seit einem Jahr leben.
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Die Impfungen sind unsere Rettung, aber die Wirkung der Impfungen auf die Ausbreitung setzt eben erst so richtig ab Mai ein! Bis dahin müssen wir noch durchhalten! Wie sind so kurz davor!
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Wenn man sich die Berechnungen der Wissenschaftler anschaut, müssen wir an die beiden letzten großen verbleibenden Ansteckungs-Herde ran: Büros und Schulen, beide tragen je ca. 0,2 zum R-Wert bei.
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Hier sitzen Menschen für Stunden in einem Raum zusammen, mehr oder oft weniger gut durch Hygiene-Konzepte vor Ansteckung geschützt.
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In Schulen herrscht sowieso schon vielfach Teilunterricht, also ist das Potential bei Umstellen auf 100% Distanz-Unterricht wohl eher nur noch die Hälfte, also -0,1. Das reicht nicht aus.
Ohne die -0,2 aus den Büros wird es nicht gehen: Bringt Home-Office-Pflicht genug?
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Ob das dann reicht? Ich bin dafür kein Experte. Vielleicht gibt es noch andere Maßnahmen, die den R-Wert um 0,1 bis 0,2 senken. Dann sollten wir diese umsetzen, und zwar schnell.
Was man aber wohl sicher sagen kann: nach 2 Wochen sind wir mit der 3. Welle nicht fertig.
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Die Politiker, die jetzt einen zu diesen Berechnungen passenden Maßnahmen-Katalog (und Ausgleichs-Katalog für die Kollateralschäden des Lockdowns) entscheiden müssen, sind um ihren Job wahrlich nicht zu beneiden.
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Laut meinen Modellrechnungen wird 3. Welle in den Intensivstationen etwa 3-4 mal so hoch sein wie 2. Welle, wenn wir nicht in den nächsten 2 Wochen klare Gegenmaßnahmen ergreifen. Welche sind mir egal, wir müssen aber 0,2 vom R-Wert wegkratzen.
Aus einem mathematischen Modell, das Datenquellen und Studienergebnisse kombiniert und das gegen "real world Daten" abgeglichen ist.
=> Wer versteht, woher Zahlen kommen, kann einschätzen, ob er diesen vertraut. Also, alles öffentlich!
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Seit einigen Wochen entwickle ich ein mathematisches Modell, mit dem man den weiteren Pandemie-Verlauf in Deutschland für einige Wochen bis vielleicht sogar Monate in die Zukunft hinein abschätzen kann.
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Die Ergebnisse der Nachtsitzung von gestern sind – mal wieder – kein großer Wurf. Wir hängen an die Ostertage vorne den Gründonnerstag noch als Feiertag dran, bitten darum keine Reisen zu unternehmen und keine Gottesdienste zu veranstalten?
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Und das bezeichnen wir dann als “drastischen Lockdown”? Ach ja, und mit der 100er-Notbremsen-Regelung stellen wir noch sicher, dass alle Landkreise, die noch unter 100 sind, auf jeden Fall auch noch auf über 100 wachsen werden.
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Szenario A: Kein Lockdown => Dass “nix tun” keine Option ist, sieht man sofort. 55.000 Todesfälle, 6 Millionen Infektionen, die zu 600.000 Longcovid-Fällen führen und eine Welle in den Intensivstationen, die nicht in die Grafik passt (Welle wäre ca. 4x so hoch wie 2. Welle). 2/x
Jetzt kommen zwei Szenarien mit ähnlichen Auswirkungen.
Szenario B: “Brems-chen” (wie 1. Märzwoche) ab 22.3.2021
=> Was passiert, wenn am Montag einige, aber keine tiefgreifenden Einschränkungen beschlossen werden? 3/x
Eigentlich wollen wir das alle nicht hören, aber: Die von @Karl_Lauterbach zitierte Studie stellt klar, dass wir ohne #NoCovid Strategie mindestens auch noch in 2022 mit vielen Einschränkungen leben werden müssen. 😕
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Die Studie kommt m.E. zu dem Schluss, dass gegen B.1.1.7 keine Herdenimmunität möglich ist und dass alle geimpft werden müssen, vorher bedeutet Aufhebung der Einschränkungen immer wieder massive Wellen von Toten und #LongCovid.
Impfungen alleine reichen nicht aus: "Although mass vaccination will inevitably reduce R and disease prevalence, other measures, such as intensive test, trace, and isolate strategies, will be needed to target pockets of infection." , heißt:
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In meinem Artikel "Countdown zur Lockdown-Verschärfung in 3-2-1 Wochen" stellte ich 5 Szenarien für die nächsten Wochen vor. Die Szenarien habe ich heute nochmal mit meinem verbesserten Modell Version 4 durchgerechnet.
Das neue Modell berücksichtigt u.a., dass Patienten mit B.1.1.7 heftiger erkranken/mehr Patienten versterben (+50%). Außerdem habe ich das Modell mit neuen Daten vom RKI abgeglichen und noch genauer gemacht.
Kurze Zusammenfassung: Das neue Modell zeigt für alle 5 Szenarien nochmal erheblich schwerwiegendere Verläufe. Die neue Modellversion sagt jetzt nach den Optimierungen zwar etwas kleinere Fallzahlen voraus.
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Könnte es sein, dass wir auch deswegen im Moment eine Seitwärtsbewegung mit "nur" leichter Steigerung der Inzidenzen sehen, weil wir uns gerade eine höhere Dunkelziffer züchten?
Weil sich die Infizierten-Struktur ändert?
Let me explain:
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* Wir testen meist mit Anlass (Symptome, Kontakt)
* Wir impfen die mit den meisten Symptomen
* Die ohne Symptome (Kinder) holen wir wieder in die Schulen ohne durchgehendes Testkonzept ("Surveillance")
=> Die Infektionen wandern/wachsen in einer unbeobachteten Altersgruppe.
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Exhibit A: Der Anteil der U20 an den Neuinfektionen steigt beständig, das R bei den jungen Menschen ist deutlich erhöht. 3/x