Es gehört – wie etwa zum Genuss des Grand Cru Stinkekäse, der dreimal eingewickelt, luftdicht verpackt und verschlossen immer noch die gesamte Wohnung verpestet – eine gehörige Portion Perversion zur heutigen Sendung
denn die heutigen Gäste sind:
- Boris „Sunnyboy“ Palmer (Politiker)
- Wolfgang “sö Dunning end sö Krüger” Kubicki (Politiker)
- Jan Josef Liefers (Kunstfigur; verkörpert von Jan Josef Liefers)
- Peeta Jenja (Politiker)
- Mai Thi Nguyen-Kim (Wissenschaftsjournalistin, Chemikerin)
Allergrößter Respekt an Frau Nguyen-Kim, sich diese Runde anzutun
Eigentlich müsste vor der Sendung ein erweiterter Warnhinweis vom ZDF kommen:
"Die nachfolgende Sendung ist für Zuschauer nicht geeignet".
Noch nie war es so wahr wie heute:
Ihr Reporter ist dabei, damit Sie es nicht sein müssen.
Der #GoldenerSarg wird heute wieder an den besten Buddy von Covid19 vergeben werden.
Angesichts des zu erwartenden Wettbewerbs wurden hocherfahrene Punktrichter der internationalen Spitzenklasse für heute Abend verpflichtet.
Es geht gleich los... die schwurbeligste Talkshow aller Zeiten!
Alle Anschnallen, Notfalltrester bereithalten, den Finger am roten Panic-Button der Fernbedienung, und...
Start!
Illner gibt gleich den Ton an, mit der Gleichsetzung des Liefers-Videos mit den ach-so harschen Reaktionen darauf - oje, unsere Diskussionskultur usw usw usw.
Videos werden eingespielt, samt Reaktionen, Doc Caro, Laschet und andere. Die echten News, natürlich die Morddrohungen; Dramatik in der musikalischen Untermalung.
Liefers: "Videos waren Einmischung in eigene Angelegenheiten".
Er braucht nicht viel Anlauf...
Liefers: in der ironischen, satirischen Genre kann man nicht differenzieren.
Er erzählt gerade die bewegende Geschichte seiner Radikalisierung.
Es begann ganz harmlos, mit einem Herz für das tübinger Projekt... Gespräche mit Dr. Federle...
Ja, so schnell kann das gehen in der heutigen Zeit mit Internet und allem...
Redefreiheit solle auch gelten, wenn es sich gegen den Mainstream richte.
Illner zählt die vielen Kritiker auf, die sie alleine in der Sendung hatte.
Liefers: ja, ja, aber nein.
Liefers: es gibt Menschen, die sind sensibel, die haben andere Krankheiten...
Ja, z.B. pathologischen Empathiedefekt und entschwundener Selbstreflexion.
Liefers: habe genug Zeit gehabt, über die Aktion nachzudenken, habe aber keine große Recherche betrieben... kannte 8-10 Leute die dabei waren, das war mir genug.
#Illner fragt Nguyen-Kim, warum "angeblich rationale" Leute als Reaktion ausflippen.
Sie fängt im KiGa an: es gibt konstruktuve und destruktive Diskussionen.
Es nervt sie, dass wir immer noch drüber sprechen, nicht obwohl, sondern *weil* es eine destruktive Diskussion ist; stellt Medien in die Ecke, die das kontroverse lieben.
"Empörung = clicks = Einnahmen" sagt sie; das könne man gar nicht gebrauchen.
Außer man ist auf Aufmerksamkeit auf jeden Preis aus, natürlich.
Kubicki. Er fand die Aktion von Liefers & Gang "sehr pointiert". Das überrascht, glaube ich, niemanden; er findet auch Benny Hill und Mario Barth intellektuell ansprechend.
Kubicki sieht das Problem ebenfalls eher in den Reaktionen.
Nur weil die AfD klatsche, sei etwas nicht automatisch falsch.
Nicht automatisch, nur konkret im vorliegenden Fall.
Liefers verliert ständig den Faden und weiß nicht, was er eigentlich sagen wollte.
Will nicht gemein sein, aber das überrascht nun wirklich nicht.
Ginger zeigt Veständnis für Liefers, aber es ist ein Trick, es will eigentlich kritisieren: was war denn die Botschaft?
(Hint: Botschaft war, wie im Nachtprogramm im TV:
"mache ALLES für deine Aufmerksamkeit Baby, 🎶0190-332-332🎶")
Liefers kommt mit Pflegekräften, aber Ginger geht in Gegenangriff über: warum werden Gehälter nicht verdoppelt?
Ginger macht sofort auf Nebelmaschine; diese beiden werden sich heute wohl nicht mehr weh tun.
Nguyen-Kim: Ruf nach Berufsverbot natürlich Quatsch; Drosten, Lauterbach bekommen auch Morddrohungen; man darf nicht zulassen, dass diese irre Minderheit unsere Diskussionen dominiert.
Nguyen-Kim geht als erste auf den (Trommel:) Inhalt ein.
Was ist falsch am Ziel, Inzidenzen senken zu wollen?
Schweigen.
Liefers sei auch irritiert gewesen, da sich die Bundesländer einen Wettlauf lieferten, wer härtere Maßnahmen machen kann.
Echt jetzt; welches Spiel schaut der Josef Liefers?
Liefers frustriert, dass er seit 1 Jahr seinen Beruf nicht ausüben kann.
Viele würden an ihm herantragen, dies und das dürfe man heute nicht mehr sagen.
Verbittet sich 1 Sekunde später, er würde mit Demokratieverächtern zusammenarbeiten.
Hört er sich selbst manchmal auch zu?
Mai Thi and Liefers: was Sie jetzt sagen, passt nicht zu dem, was Sie im Video gesagt haben.
Liefers: Darum geht es bei solchen Sachen!
Es ist fast so, als hätte Liefers in frühem Alter einen Unfall mit der Logik gehabt, und würde seitdem eine Fehde dagegen führen.
Nguyen-Kim holt die liebevolle, endlos geduldige Psychotherapeutin raus; bewundernswert.
Palmer kennt die Mechanismen, cancel culture, Empörung - er lasse sich aber nicht unterkriegen.
Mit Verlaub verzichte auf die Widergabe des kleinen Schwurbler-einmaleins, das Palmer jetzt runterbetet - er ist jedenfalls sehr dankbar für die Aktion von Liefers.
The beginning of a beautiful friendship.
Palmer über tübinger Modell: wir waren in der Sache sehr erfolgreich, haben geziegt, dass es funktioniert.
Massentests + Öffnung war unterm Strich positiv.
Seine Nase passt derweil nicht mehr auf den Bildschirm.
Back to Ginger; #Illner sagt, er gelte als "Mr. Lockdown", wirft ihm vor, dass er die Zahlen schlechtrechnet, um Hamburger weiter unter Verschluss zu halten, als notwendig.
Ich muss mich kurz sammeln.
Jenja lobt tübinger Projekt, nur um am Ende zu sagen, naja, Inzidenzen haben sich erhöht, das ist nicht das, was man brauche.
Kubicki: Ausgangssperren bringen nichts, gar nichts, wundert sich über Hamburg.
Man hat den Eindruck, Kubicki hat schon die Lösung in der Tasche - er erwirkt beim zuständigen Amtsgericht eine einstweilige Verfügung gegen Covid19.
Jenja lässt sich das nicht bieten, Schleswig-Holstein sei undicht besiedelt, dortigen Verhältnisse kann man nicht aufs gesamte Bundesgebiet übertragen.
#Illner an Nguyen-Kim: ja weiß man denn eigentlich, ob Ausgangsperren was bringen?
N-K: Oxford Studie nicht 1 zu 1 übertrabar, aber natürlich nicht irrelevant.
#Illner: haben wir zu spät verstanden, das Schule und Arbeitsplatz Infektionsherde sind?
N-K: haben wir schon lange verstanden, aber es sind natürlich politische Prozesse.
Kontaktnachverfolgung sehr wichtig, und das hat (auch) in Tübingen nicht funktioniert. Palmer nickt.
M-T: Intensivstationen sind voll; wir brauchen eine Senkung der Zahlen um diese zu entlasten.
Kubicki ist getriggert aber kommt nicht zu Wort.
Leider doch. "Wir sind im Ziel einig, aber"
... aber konkret lehnt er jede erdenkliche Maßnahme ab.
Palmer: Ausgangssperre um 22:00 bringt nichts, die Leute werden sich eben früher zu Hause treffen.
Jenja: die Erfahrung ist eine andere.
Palmer & Kubicki: OK vielleicht in Hamburg, aber das ist irrelevant
N-K: wenn man Ausgangssperre kritisiert, sollte man sagen, wie man mit anderen Mitteln Kontakte begrenzen will.
Diesem widerfährt das Schicksal aller guten Einwände: sie wird ignoriert.
N-K: Präventionsparadox versteht "nun wirklich jedes Kind", wir müssen aufpassen, dass wir richtig interpätieren, was wir sehen.
Liefers schaut sichtlich verwirrt - köstlich.
Und... es ist zu Ende.
Tja, was lernt man nun aus der ganzen Sache?
Zum einen: Liefers versuchte sich am Spagat, Schadensbegrenzung zu betreiben, ohne seine Position (also, wenn es ein gebe) aufzugeben.
Dies war natürlich nur möglich, wenn es gar nicht zu den Inhalten des Videos kommt, und tatsächlich
hat #Illner es geschafft, eine Sendung über das Thema zu machen, in dem alles vorkam, nur eines nicht: was diese Schauspieler eigentlich sagen / erreichen wollten, und ob es richtig ist/war, was sie getan haben.
Glückwunsch; eine seltene Moderationsleistung.
Der Covid-Fanclub steht geschlossen hinter Liefers, ist aber auch klug genug, um dem Inhaltsthema komplett aus dem Weg zu gehen, und stattdessen eine abstrakte Meinungsfreihetsdiskussion zu führen unter der blitzschnellen Besetzung der Opferrolle.
Mai Thi Nguyen-Kim war erwartungsgemäß die Erwachsene auf diesem Kindermatine, war aber zu höflich, um die intellektuelle Überlegenheit auszuspielen.
Die Sendung war weitgehend unnütz (surprise-surprise), außer, dass sie vielleicht Liefers endlich die Stunde Aufmerksamkeit gab, dessen Mangel ihn seit Monaten nicht schlafen lässt, und infolge dessen er nun vielleicht einige Wochen Ruhe gibt.
Will man aus der Sache lernen, macht man von nun an täglich 8 Talkshows für leicht egomanische Schauspieler, alle dürfen so viel über sich sprechen wie sie möchten, mit eingespieltem Jubel - dann kommt es gar nicht zu Covid; es wäre wohl ein win-win.
Ende.
Ach ne, stop.
Der Goldene Sarg...
Schwer.
Machen wir doch eine Abstimmung: wer verdient heute Abend den Goldenen Sarg?
Ups, das ist hier falsch, es war umgekehrt: Tschentscher kam mit den Pflegekräften, also ob Liefers & Co bei den Videos an sie gedacht hätten, und Liefers ging mit den Gehältern in Gegenangriff über.
Sorry!
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1/ Es ist verdächtig, dass der "Merkelismus" gerade von gleich zwei Seiten arg in die Zange genommen wird.
Zum einen wurde die vermeintliche Entpolitisierung der Politik - ein Kernbestandteil vom Paket Merkel - sowohl diskreditiert als auch als Konzept einfach widerlegt.
2/ Diskreditiert, denn es scheint sich die Auffassung durchzusetzen, dass der Staat als pure Administrationsmaschine, als "Verwaltungsroboter", dem die diskretionäre, wertebasierte Führung bewusst entzogen wurde,
3/ (letzteres lange Zeit geradezu ein Wohlfühlfaktor, zumal das vermeintliche Fehlen der politischen Führung ein Gefühl von Berechenbarkeit und Ordnung vermittelte) vor allem *Stillstand* bedeutet; das Liegenlassen der großen Aufgaben; die Flucht der Politik vor Verantwortung.
1/ Eine Sache: man darf die billige und durchsichtige Ablenkung, die die #Liefers-Videos als eine Frage der Meinungsfreiheit framen will, nicht durchgehen lassen.
*Niemand* hat je das Recht irgendjemandem abgesprochen, jeden Quark zu erzählen, die er/sie erzählen will.
2/ Wir reden über Inhalte.
Und die Inhalte dieser Videos waren selbstverliebter, infantiler, verwirrter, menschenverachtender und - was das kleine bisschen Inhalt, was rauszudestillieren war, angeht - objektiv falscher, toxischer Schwachsinn.
3/ Es ist geradezu bizarr, wie diese Community, die sich nun gerade als Kämpfer für die Freiheit der Kritik verstehen will, sich dadurch sogleich zum Opfer stilisiert, dass andere wiederum von ihrem Recht zur Kritik ihnen gegenüber gebrauch machen.
Die hervorragende @DrJanaSchroeder bringt alles auf den Tisch: Kinder, Schulen, PIMS, #LongCovid; Unehrlichtkeit und Ablekungen der Politik; alles.
Lanz: das war der dümmste Satz der Pandemie, "die Schulen sind keine Treiber".
Wohltuend auch, wie Tschentscher, der gekommen ist, um in seine Paraderolle als weiser, vorsichtiger Landesvater zu brillieren, von Jana Schröder und Lanz massivst zum Vorfall an der Heinrich Hertz Schule in Hamburg in die Zange genommen wird.
Zum Pech von Tschentscher hat sich Lanz in den Fall reingearbeitet und macht einen seiner Ablekungsmanöver nach dem anderen zunichte.
...und macht dann weiter, mit den Lüftungsanlagen - und Tschentscher kann nur noch mit dem Ggefälligkeitsgutachten des Bundesamtes kommen.
1/6 Es ist schon recht absurd, dass sich das Publikum über die fehlende ökonomische Bildung von Merz aufregt - und nicht über die milliardenfach gewichtigere Neuigkeit, dass er offenbar das Land hätte in 2020 in der Abgrund sausen lassen.
2/6 Merz bemängelt ja mit seiner missglückten Argumentation die Neuverschuldung des Staates in 2020 - und diese finanzierte selbstverständlich die Corona-Hilfen für Unternehmen, Arbeitnehmer und Selbstständige; automatische wie diskretionäre.
3/6 Hätte man in 2020 auf die schwarze Null beharrt, so gäbe es nun eine Sozialkatastrophe mit millionenfacher Arbeitslosigkeit und eine tiefe wirtschaftliche Depression; wir hätten einen Tsunami an Insolvenzen, verteilt über jeder Branche und in jeder Größenordnung.
Krasse Ungleichbehandlung von Privatsphäre und Arbeitswelt tritt in den Mittelpunkt; Baerbock eine der ersten, die Ausgangssperre nicht isoliert betrachtet.
2/ Glasklare Worte von @ViolaPriesemann (Ausschnitte wären toll...); und es war nur ein Politikwissenschaftler, ein Professor Merkel, der versuchte, das falsche Dilemma Gesundheit vs. Freiheitsrechte bzw. die „Einseitigkeit“ der Wissenschaft zu bringen - mit wenig Erfolg.
3/ Insgesamt also eine etwas überraschende, dafür umso willkommenere Erfahrung, Covid im Wesentlichen im Prime time TV so diskutiert zu sehen, wie wir das hier seit Monaten tun, was natürlich auch dem Umstand geschuldet war, dass der Status Quo gar nicht richtig vertreten war.