Michael Kretschmer äußert sich zum Klimaschutz - kurze Analyse, da stecken ein paar interessante Sachen drin, Thread:
"Die junge Generation fordert zu Recht (..)" ist das paternalistische Framing, mit dem viele (konservative) Regierungspolitiker u.a. @FridayForFuture begegnen. Nach dem Motto "Toll, dass ihr euch engagiert".
Was er nicht sagt: Die junge Generation treibt dieses Thema voran, aber es ist das Bundesverfassungsgericht, auf dessen Urteil er hier reagiert. In anderen Worten: Seine bisherige Politik ist nicht verfassungskonform. Den gönnerhaften Unterton kann man sich also sparen.
"Ganz entscheidend auf dem Weg zu mehr Klimaschutz sind #Innovationen, #Forschung und neue #Technologien."

Das sind die Klimaschutzphrasen der FDP von der letzten Bundestagswahl.

Was er nicht sagt: Wir haben schon jetzt die (bzw. viele) Technologien, die wir brauchen.
Dieses Verweisen auf Fantasietechnologien der Zukunft ("Wasserstoff, CCS!!!") hat vor allem einen Grund: Er will jetzt, mit den bestehenden Mitteln, erst einmal gar nichts machen, also alles wie bisher. Das zieht sich durch alle Tweets (s.u.).
"Wirksamer Klimaschutz kann nur gelingen, wenn alle mitmachen"

Das nächste Bremsmanöver. "Wirksames Steuereintreiben kann auch nur gelingen, wenn alle mitmachen." Diesen Satz sagt auch niemand, weil er so absurd klingt.

Es ist LITERALLY Kretschmers Aufgabe, dafür zu sorgen.
Wie viel Verbindlichkeit möchten Sie denn, Herr Kretschmer? Reicht Ihnen vielleicht das Pariser Klimaabkommen? "Mit der Ratifizierung sind die Staaten völkerrechtlich verpflichtet, Maßnahmen zur Erreichung der Ziele zu ergreifen" (Quelle: BMU). Image
"Dafür braucht es verlässliche Rahmenbedingungen & breiten gesellschaftlichen Konsens ohne Bevormundung & Verbote."

Nebelkerzen-Leuchtkonzert: Wir haben bereits verlässliche Rahmenbedingungen & einen breiten gesellschaftlichen Konsens.

Was wir brauchen, sind Regierungen, die a) den politischen Willen und b) keine Angst vor Lobby- und AfD-Einfluss haben.
"ohne Bevormundung und Verbote" - Was ist das für eine Forderung von einem Regierungschef?

Was kommt als nächstes? "Wir brauchen ein Strafgesetz ohne Bevormundung und Verbote" oder "Wir brauchen einen Straßenverkehr ohne Bevormundung und Verbote"?
Wir brauchen eine Politik, die aufhört so zu tun, als passierte die ökologische Transformation von selbst, wenn man freundlich darum bittet. Politik muss die Rahmenbedingungen für solche Entwicklungen geben, alles andere ist schlicht Arbeitsverweigerung.
"Gründlichkeit vor Schnelligkeit: Wir müssen sehr gut überlegen, wie wir effektiv vorgehen."

In das gleiche Horn hat Friedrich Merz geblasen. Wir müssen nicht mehr überlegen, wir wissen, wie wir effektiv vorgehen. Wir haben schlicht keine Zeit mehr, nochmal 16 Jahre zu verlieren
"Es wäre falsch, nach dem Corona-Lockdown in den Klima-Lockdown zu gehen."

Schon das 2. Mal, dass ich diesen Strohmann sehe: Niemand fordert einen Klima-Lockdown nach dem Corona-Lockdown. Das ist populistische Angstmache ohne Faktenbasis. Diesen Spin sollten wir nicht zulassen.
FDP-Folklore ("technologieoffene Sichtweise) wieder gepaart mit der Forderung nach schnellerer internationaler Abstimmung. Auch das ist ein Bremsmanöver: Erstmal überlegen, (international) koordinieren, dann handeln.

Wir haben bereits überlegt, wir haben bereits verhandelt, wir haben bereits einen verbindlichen rechtlichen Rahmen, wir haben bereits die nötigen Technologien, wir haben bereits die gesellschaftliche Zustimmung Was fehlt, ist eine Regierung, die bereit ist, das umzusetzen.
Nochmal ganz deutlich in einem Tweet:

Dieses Statement ist eine in blumige Worte gegossene Verweigerungshaltung. "Klimaschutz, nicht mit mir" geht halt nicht, darum flüchtet man sich in eine nicht näher definierte Zukunft. Schluss damit.

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24 Apr
Ein Strohmann, auf den ärgerlicherweise viele bei #allenichtganzdicht reingefallen sind: Man solle die Initiator*innen „nicht pauschal in die rechte Ecke stecken“.

Das haben die wenigsten getan, die meiste Kritik hat differenziert aufgezeigt, worauf die Aktion einzahlt.*
So entsteht nun (wieder) die vollkommen verrutschte Wahrnehmung einer wahrgenommenen Mitte, in der man sich treffen sollte:

„Ja, die Aktion ist vielleicht nicht ganz gelungen, ABER der Shitstorm danach geht auch überhaupt nicht, wir müssen ALLE abrüsten“ usw.
So ähnlich läuft das in vielen Diskursen zu Rassismus, Sexismus u.a.: „Ja die Aussage ist vielleicht nicht in Ordnung, aber deswegen ist er noch lange kein Sexist / musst du nicht so ungehalten reagieren / bringt uns diese Art von Konflikt auch nicht weiter“
Read 10 tweets
23 Apr
Eine der zahlreichen seltsamen Parallelen zwischen der Corona-Pandemie und der Klimakrise ist der (absichtlich gehegte) Irrglaube, Menschen fänden die Maßnahmen dagegen TOLL oder erstrebenswert.
Ich bin es ein bisschen leid, mir von Stubentigern verschiedenster Couleur anzuhören, dass sie eben “ihre Freiheit mehr zu schätzen wissen” - Ich habe genau so wenig LUST auf Klimaschutz oder Pandemiebekämpfung, mache aber nicht einfach die Augen zu und leugne ihre Notwendigkeit.
Was ist das eigentlich für eine intellektuelle Verweigerungshaltung, solche essenziellen Überlebensmaßnahmen als “Lifestyle” abtun zu wollen, weil man sich nicht ernsthaft mit der Sache befassen will (oder kann)? Postpubertäre Trotzphase, sowas.
Read 4 tweets
23 Apr
1. Kampagne #allenichtganzdicht startet
2. Breite Kritik
3. Beifall von rechts
4. Die ersten Teilnehmer*innen löschen ihre Videos
5. Rechtsreaktionärer Feuilleton und Boulevard beklagen linke Meinungsdiktatur
6. Hart aber fair: “Was darf man noch sagen?” Mit Wolfgang Kubicki
Ich bin müde, weil es alles so vorgezeichnet und dumm ist.
Wir sind bei Schritt 5. Jetzt werden die Beteiligten über das Wochenende dazu interviewt, wie sie das alles erlebt haben, dass sie das so gar nicht beabsichtigt hatten und mit Rechten und Leerdenkern nichts zu tun haben wollen ABER DIE HÄRTE DER DEBATTE SIE SCHON ÜBERRASCHT HAT.
Read 6 tweets
23 Apr
Das Schlimme an #allesdichtmachen ist ja nicht, dass irgendwelche depperten Schauspieler Quatsch erzählen, sondern dass sie damit Leerdenker und Rechte anschlussfähig machen, was zusammen mit der Springer-Kampagne sehr wohl Gehör bei unserer Regierung finden wird.
Das lässt wirksame Maßnahmen in noch weitere Ferne rücken, bietet der versagenden Bundesregierung weitere Ausreden für ihren halbherzigen Schlingerkurs und verunsichert zusätzlich Menschen, die sich bspw. mit Leuten wie JJL identifizieren.

Gute Anaylse von @ennopark:
Der reinste Honeypot für Champions dieser Hashtag und ich hatte noch nicht mal den ersten Kaffee.
Read 5 tweets
20 Apr
Nun also #Laschet. Was das (glaube ich) für die nächsten fünf Monate bedeutet: Thread

#LaschetvsSoeder
Zunächst einmal, and I can’t stress this enough: Bitte bitte bitte keinen vorzeitigen Siegesjubel - für Abgesänge auf die Union ist es viel zu früh. Die nächsten fünf Monate werden lang, der Wahlkampf hart und die Unionswählerschaft ist treu.
Laschet kann Wahlen gewinnen, er ist (wie gerade gesehen) stur wie ein Panzer, er hat die mit Abstand größte Partei hinter sich und das höchste Budget in der Tasche. Dazu werden bis zur Wahl viele geimpft sein und das „Team Vorsicht“ vermutlich weniger gefragt als jetzt.
Read 15 tweets
18 Apr
Die Fassungslosigkeit und das Unverständnis über die mangelhafte Pandemiebekämpfung schlägt bei vielen Menschen (und da schließe ich mich ein) in blanke Wut und Verzweiflung um. Ich glaube, der Schaden ist schwer reparabel.

Habe versucht, das in Worte zu fassen - Thread.
Bundesregierung und Ministerpräsident*innen haben den Dritte Welle Zug mit 280 km/h auf eine Wand zugefahren. Wissenschaftler*innen, Zivilgesellschaft, verantwortungsvoller Journalismus, sie alle haben zum Bremsen aufgefordert - vergeblich.
Je länger der Zug mit voller Geschwindigkeit auf die Wand zufuhr, desto heftiger hätte die Vollbremsung ausfallen müssen. Stattdessen feuerten u.a. Ministerpräsident Tobias Hans und FDP-Chef Christian Lindner den Kessel weiter an - und wir haben bis heute nicht gebremst.
Read 28 tweets

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