Die CDU hat im aktuellen Wahlkampf diverse strategische Probleme. Es fängt natürlich mit dem eher schwachen Kandidaten Laschet an, aber da ist mehr.
(Thread)
Zunächst ein mal kann eine Partei, die seit 16 Jahren an der Regierung war eher schlecht damit werben, dass jetzt in Zukunft aber mal alles anders werden müsse.
Das ginge höchstens mit einem Kandidaten der sich von Merkel distanziert - wie damals Merkel von Kohl. Das wäre mit Söder vielleicht gegangen.
Eine Regierungspartei kann also im Wahlkampf besser mit bisherigen Erfolgen werben und zu einem "weiter so" aufrufen. Aber auf dem Feld läuft es gerade schlecht für die CDU
Die Pandemie hat nämlich knallhart viele Probleme des Landes aufgedeckt. Ganz vorne die unzureichende Digitalisierung, Probleme im Bildungswesen und in der Pflege.
Die CDU konnte sich in einer realen Krise nicht als der erfahrene Krisenmanager zeigen. Dafür hatte sie gleich mehrere Korruptionsskandale
Vor dem Hintergrund ist das Argument der CDU, Baerbock hätte ja keine Regierungserfahrung in seiner Überzeugungskraft deutlich geschwächt.
Durch die aktuellen Umfragen, die die Grünen knapp vor der CDU sehen kann die CDU auch nicht aus einer Position der Stärke agieren.
Sie haben auch den Grünen kaum etwas entgegenzusetzen. Deren zentrales Thema, die Bekämpfung des Klimawandels, muss die CDU nämlich selber bespielen.
Was der CDU bleibt sind also nur die Vorbehalte, die sie schon immer gegen die Grünen ins Feld führen: Die Behauptung, die Grünen seien die Verbotspartei und die Behauptung der Kommunismus zöge dann ein.
Nur hat die CDU im Zuge der Pandemie gezeigt, dass sie in einer Krise selber nicht zimperlich ist, was Verbote angeht - bis hin zu Ausgangssperren, Reiseverboten und Ladenschließungen.
Dazu hat die CDU Regierung gerade ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes kassiert, in dem bescheinigt wird, dass die bisherigen Anstrengungen zum Klimaschutz nicht ausreichen.
Für die Grünen dagegen ist Klimaschutz ein Kernthema. Und längst werden die Grünen von der bürgerlichen Mitte gewählt. Weil das auch Zielgruppe der CDU ist, kommt die übliche Beschimpfung von Grünenwählern auch eher schlecht im Wahlkampf.
Dazu hat die CDU noch eine offene Flanke nach rechts. Mit der Aufstellung von Maaßen wird man kaum Wähler von den Grünen zurückholen.
Die CDU kann nur auf eine Wählerklientel zurückgreifen, die von ihrer schieren Anzahl einfach immer kleiner geworden ist. Deswegen bringt es der CDU wenig einen typischen Wahlkampf für den typischen Wähler zu machen, der die Grünen ohnehin fanatisch ablehnt.
Diese Gruppe ist zwar vorhanden und teilweise recht laut, aber sie wächst nicht mehr. Und die Hardcore Klimaschutzgegner wird auch die CDU nicht zufrieden stellen, wenn sie gleichzeitig so tun will als sei sie der smartere Klimaschützer
Für die CDU kommen einfach 3 ungünstige Punkte zeitgleich zusammen: Die bisherige Führungsfigur Merkel tritt ab, das Land ist durch Corona in einer Krise und die Coronakrise zeigt, dass Deutschland generell nicht unverwundbar gegenüber globalen Problemen ist.
Damit ist nicht gesagt, dass die Grünen gewinnen werden. Der Vorsprung ist dünn und die CDU noch immer groß und reich. Aber sie wird jetzt von den Grünen thematisch getrieben. Sie muss einen Punkt finden, um die Initiative zurückzugewinnen. Söder wäre so ein Punkt gewesen.
Die CDU kann höchstens hoffen, dass die Grünen jetzt noch irgendwas strategisch unglaublich Dummes tun. Die Chancen stehen nicht schlecht, denn die Grünen sind noch im Modus der Opposition und als Opposition kann man viel fordern, was man als Regierung nie umsetzen könnte
Vielleicht sollte ich den Problemen der Grünen einen eigenen Thread widmen
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Ich sag Euch jetzt mal, warum ich der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens und insbesondere der Idee Leuten ein Einkommen für die Führung ihres eigenen Haushaltes oder der Erziehung der eigenen Kinder ("care-Arbeit") zu zahlen zumindest skeptisch gegenüberstehe:
Dass man für Arbeit von anderen eine Entlohnung erhält, ist ja ein geschichtlich eher fortschrittlicheres Konzept. Ursprünglich galt das Prinzip, dass an einen die eigene Arbeit ernähren musste und wenn sie das nicht tat dann verhungerte man oder war auf Barmherzigkeit angewiesen
Im Zuge der Spezialisierung und Arbeitsteilung entstand dann die Idee, dass man (auch) für andere eine Arbeit erbringt und hierfür dann einen Anteil erhält. Aber auch hier musste diese Arbeit dann zumindest für den Geldgeber werthaltig sein.
Verschwörungstheoretiker die an eine geheime Weltregierung glauben, die hinter allem steht übersehen bereits, dass es extrem schwer ist über lange Zeit Macht zentral zu bündeln, ohne dass sie in streitende Gruppen zerfällt.
Wie würde so eine Regierung ihre Entscheidungen treffen? Wären sich alle Mitglieder einig? Wäre sie im inneren demokratisch oder gäbe es eine Führungsperson?
Warum brechen dann nie Machtkämpfe um die Führung aus oder spaltet sich eine Gruppe ab? Warum gibt es keine Aussteiger?
Ich glaube ein Kernproblem ist nicht die politische Überzeugung vieler Leute sondern eine Haltung zu politischen Fragen, die schlichtweg durch nackten Egoismus geprägt ist.
Nicht teilen wollen, nichts ändern wollen, sich nicht beschränken wollen. Darauf noch irgendwie Stolz sein aber trotzdem frustriert.
Deswegen funktioniert diese Verbindung von Rechten, Klimaschutzgegnern und Coronaleugnern so gut. Und deswegen sind viele dieser Leute so empört, dass man sie als Nazis labelt