Viruslast-Studie & Annahmen:

1. Studie hätte normalen Peer-Review durchlaufen
2. Kritik wäre von der BILD erfunden
3. Kritikpunkte wären aufgegriffen worden
4. Kernaussage wäre unverändert
5. sie würde nicht wissenschaftlichem Konsens widersprechen

Mythen oder Wahrheit?
🧵
1. Die Studie wurde nicht als Preprint bei einem Wissenschaftsjournal veröffentlicht wie üblich, sondern auf einem Universitätsserver mit Ankündigung über Twitter.
Ohne formalen Review-Prozess, ohne Möglichkeit Kritikpunkte formal einzureichen und formal Antworten zu erhalten.
Viele der Kritikpunkte wurden dann als Folge dessen auf Twitter, eigenen Blogs oder via Email formuliert.

Ein von Anfang an formaler Prozess hätte hier Abhilfe schaffen können und die Diskussion wäre nicht von Beginn in der Öffentlichkeit gewesen.
Bei jetziger Veröffentlichung im Science Magazin ist davon auszugehen, dass es Reviewprozess gab.
Allerdings war dieser nicht öffentlich zugänglich wie bei anderen Preprints.
Da die jetzige Studie deutlich umfassender ist als das Paper vor 1 Jahr ist das zumindest bemerkenswert.
2. Es gab zwei essentielle Kritikpunkte:
a) die statische Methode war ungeeignet um Unterschiede der Viruslast zu ermitteln & die Darstellungen derselben waren unzureichend, um diese abzubilden
b) von Viruslast alleine lässt sich kein Ruckschluss auf Infektiösität ziehen
Diese Kritik bauschte BILD zu persönlichen Konflikten auf & nutze diesen Spin um Drosten auf persönlicher Ebene anzugreifen.
Von dieser Art der Medienkommunikation distanzierten sich alle Kritiker umgehend. 👍
Während sie gleichzeitig an der sachlichen Kritik festhielten.
Was war die Kritik im Detail?
a) Um mögliche Viruslastunterschiede zwischen Kindern & Erwachsenen statistisch herauszubilden wurden die Werte miteinander verglichen.
Allerdings verglich man beim Verfahren nicht nur Kinder mit Erwachsenen sondern auch Erwachsene m Erwachsenen
Man verglich so viele Untergruppen miteinander bis die statistisch erkennbaren Unterschiede zw Kindern & Erwachsenen nicht mehr erkennbar waren - & sagte dann als Schlussfolgerung „ein statistischer Unterschied ist nicht erkennbar, deswegen könnten Kinder genauso infektiös sein“.
Sehr gut fasst Alexander Kekulé die verschiedenen statistischen Kritikpunkte an der Studie in seinem Podcast ab Minute 12:30 zusammen.

Kardinalsfehler der 1. Studie:
„Absence of evidence is not evidence of absence.“
mdr.de/nachrichten/po…
b) Übertragung ist multifaktorell.
Abhängig von Umgebung, Wirt, sozio-ökonischen Faktoren usw usf.
Die Viurslast alleine hat nur sehr begrenzte Aussagekraft.
Der Gold-Standard zur Bestimmung der Infektiösität sind Haushaltsstudien.
Diese zeigen: Kinder stecken seltener andere an.
3. Die Kritikpunkte wurden teilweise aufgegriffen. So wurde die Stichprobenmenge deutlich erhöht. Das statistische Verfahren wurde verbessert.
Die von vielen kritisierte Schlussfolgerung zu Infektiösität wurde weiter aufgeweicht und nun mit hypothetische Bedingungen verknüpft.
4. Die Kernaussage hat sich wesentlich geändert.

Im 1. Entwurf stand zusammengefasst:

Wir konnten keinen Unterschied feststellen, deswegen könnten Kinder genauso infektiös sein wie Erwachsene. Vor Schulöffnungen warnen wir.
Im 2. Entwurf stand dann:

Wir konnten einen Unterschied feststellen, aber er war nicht statistisch signifikant & wir können uns nicht erklären, wie dieser Unterschied zustande kommt.
Wir empfehlen Schulöffnungen wissenschaftlich zu begleiten.
In der jetzigen Version steht:

Wir konnten einen statistisch signifikanten Unterschied feststellen. Kleine Kinder haben ~70% weniger Viruslast als Erwachsene. Aber wir haben die unbewiesene Hypothese, dass dies an der Probeentnahme liegt.
(Schulen werden nicht mehr erwähnt.)
5. Dies ist ein komplexerer Punkt.

Studien sollten nicht den Anspruch haben, dem derzeitigen wissenschaftlichem Konsens zu entsprechen. Das würde Wissensbildung behindern.
Allerdings sollten Studien ihre Ergebnisse im Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Konsens einordnen.
Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass Übertragung multifaktoriell ist & somit auch Infektiösität.
Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass der Gold-Standard zu Bestimmung für Infektiösität (+Empfänglichkeit) Haushaltstudien sind, weil Umgebungsbedingungen vergleichbar.
Epidemiologische Studien, die Vergleichbarkeit der Viruslast mit Infektiösität evaluieren, beziehen sich ausschließlich auf Erwachsene.
Eine 1:1 Übertragung dieser Studien auf Kinder ist zumindest fragwürdig.
Die Hypothese, die geringere Viruslast bei Kindern würde auf kleineren Abstrichtupfern & unterschiedlichem Entnahmeverfahren basieren, ist weder nachgewiesen noch zieht sie zB in Betracht, dass Kinder auch kleinere Rachen haben, auf denen sich Viren vermehren können.
Eine Registerstudie aus Dänemark mit 66.000 Indexfällen, die Häufigkeit der Folgefälle in Haushalten mit Viruslast korreliert, kommt zu dem Ergebnis, dass Kinder deutlich weniger Viruslast haben & seltener andere anstecken & wenn, dann die deutlich empfänglicheren (Ur)Großeltern.
(Diese Studie hat auch Schwächen. zB kann man von der Reihenfolge der Positivergebnisse nicht zwingend auf Übertragungsweg schließen. Zwei nacheinander positiv Getestete könnten auch gleichzeitig von einem 3. infiziert worden sein usw)
medrxiv.org/content/10.110…
Wenn man den Gold-Standard der Haushaltsstudien betrachtet, ist hier der wissenschaftliche Konsens, dass Kinder (besonders unter 10 Jahren) sich ~50% seltener infizieren als Erwachsene und den Virus auch ~30% seltener weiter geben (=Infektiösität).

Hier ein Beispiel von vielen.
Man kann also sagen, dass die Aussage von Drosten in der Pressemitteilung, die nun überall zitiert wird („ungefähr gleich große Infektiosität aller Altersgruppen“) dem wissenschaftlichen Konsens widerspricht.

Beachtenswerterweise steht dies so auch nicht in der Studie selbst.
Die Studie entspricht durchaus wissenschaftlichem Konsens.

Allerdings wird hier eine persönliche Meinung mithilfe der Studie vermarktet, die weder durch die Erkenntnisse der Studie selbst noch durch wissenschaftlichen Konsens gedeckt ist.

Ende und out.

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25 May
Wenn man sich so im Confirmation Bias verrannt hat, dass man sogar der eigenen Studie widerspricht.

Drostens Studie #Drosten
Damit nicht genug, Drosten geht noch weiter & stellt die steile These auf, dass aufgrund der kleineren Abstrichtupfer (& nachlässiger Entnahme) bei Kindern weniger Virusmenge gefunden würde.
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Quelle:
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#Servicetweet

Zur Einschätzung des Risikos durch COVID-19 ist es wichtig die richtigen Relationen zu kennen.

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