Thread by @Goldammerfeder

Aus dem Ausland sehe ich mit großer Verwunderung wie #HarterLockdownJetzt und #NoCovid als linke Ideologien vermarktet werden, während ich diesen großes Potential zuschreibe, die sozialen und finanziellen Ungleichheiten empfindlich zu verschärfen.

Ein Thread.

Es gibt mittlerweile mehrere Studien und Daten, u.a. vom RKI, dass marginalisierte Gruppen sowohl einem erhöhten Infektionsrisiko als auch erhöhtem Risiko für schweren Verlauf sowie Tod haben.

Ein harter Lockdown verschiebt den Infektionsdruck von Gutsituierten zu ebendiesen Menschen, die häufig systemrelevant angestellt sind, meist schlecht verdienen, in ihren Arbeitsverhältnissen oft nur unzureichenden Schutz erfahren.

Während die einen sicher Zuhause sitzen, arbeiten andere in Fabriken, im Lager, im Verteilzentrum, liefern aus...

Während einem harten Lockdown erhöht sich dort das Arbeitspensum, der Stress. Mehr Menschen kommen zusammen, unter Zeitdruck leidet Infektionsschutz noch mehr.

Große Ausbrüche, auch wenn darüber weniger berichtet wird, passieren genau dort.
Fleischproduktion, Post-Verteilzentrum, Amazon-Lager... die Liste ist lang.

https://twitter.com/watch_union/status/1334174065922371592

Häufig nehmen es die Arbeitgeber nicht so genau mit dem Schutz. Masken werden nicht gestellt oder nur unhygienisch aufbewahrt. Tests nicht vorgenommen.
Und am wichtigsten: keine Garantie, dass nach (mehrmaliger) Krankmeldung Geld kommt oder der Job noch da ist.

Und das Risiko für deren Familien ist wiederum erhöht, Menschen, die diese wichtige Arbeit verrichten, leben häufiger in beengten Wohnungen, in Wohnblocks.

Sie leben häufiger in WGs, mehrere Generationen in einem Haushalt, größere Familien.

Im Falle eines harten Lockdowns erhöht sich deren Risiko.
Der Zeitraum erhöhten Risikos kann durchaus lang sein.
Laut dieser israelischen Studie (Bnei Brak) ist eine Epidemiedauer von 3 Wochen innerhalb eines Haushalts nicht ungewöhnlich (6 Wochen max)

journals.plos.org/ploscompbiol/a…

Denkt die Menschen mit, die beengt leben!

Auch die Menschen in Obdachlosen-, Asylbewerber- und ähnlichen Unterkünften, für deren Gesundheit es essentiell wichtig ist, der Enge und dem ständigen Stress der Unterkunft zu entkommen.
Essentiell. Wichtig.

Aber nach nur 2-3 Wochen harten Lockdown sieht es deutlich besser aus für alle.
Wirklich?
Nach 2 Wochen hat die Bundesregierung immer noch keinen Plan, kein strategisches Vorgehen, genauso wie die letzten 12 Monate.

Ohne Exitstrategie ist jeder Lockdown zum Scheitern verurteilt.

Anfangs war der Lockdown dafür gedacht, um Infektionszahlen zu drücken, um Zeit für die UMSETZUNG einer Strategie zu gewinnen.
Diese Umsetzung kam nicht.
Und sie wird auch in 2 Wochen, mit oder ohne Lockdown, nicht kommen.

Anstatt einer Lockdown-Forderung braucht es eine Exitstrategie-Forderung, die besonders die Gefährdeten, Marginalisierten, prekär Beschäftigten in das Zentrum rückt. Das wird nicht nur helfen, die Pandemie besser zu kontrollieren sondern auch für mehr Gerechtigkeit sorgen.