Update und Fehlerberichtigtigung zu meinem gestrigen Thread über die Übersterblichkeit Covid-positiv-getesteten Kindern.
Die Berechnungen gestern enthielten einen ziemlich dummen Fehler, der leider niemandem aufgefallen ist: Die Zahl der Toten aus den Sterbetafeln waren bereits auf den Bevölkerungsanteil normiert, was mir erst aufgefallen ist, als ich das jetzt für alle Altersgruppen gerechnet hab.
Ansonsten aber Dank an alle, die sich die Mühe gemacht haben, auf generelle Schwächen der Methode hinzuweisen, von denen ich einige hier erläutern möchte.
Als weiterer Hinweis sei angemerkt, dass ich mich eigentlich gar nicht zur Interpretation oder Konsequenzen aus den Daten geäußert hatte, auch, weil ich erst mal das Feedback abwarten und ggf. Korrekturen vornehmen wollte.
Hier also die korregierten Berechnungen zur Übersterblichkeit Covid-positiv-getesteter Kinder, erweitert um Berechnungen für alle Altersgruppen. Beginnen möchte ich aber mit der Erläuterung der Berechnung für die Gesamtbevölkerung.
Die Berechnung zielt darauf ab zu ermitteln, wie viele positiv getestete "an Corona" und wie viel "mit Corona" sterben. Hier zunächst die Berechnung für die Gesamtbevölkerung ohne Altersdifferenzierung. Die Rechnung geht so:
Man errechnet, wie viele der positiv auf Corona getesten innerhalb eines Monats aufgrund der allgemeinen Sterblichkeit versterben müssten und vergleicht das mit der Zahl, wie viele positiv getestete wirklich verstorben sind. Das Ergebnis kann man als Übersterblichkeitsfaktor...
...oder als Prozentwerte ausdrücken, etwa, wie viele der Corona-Toten "mit Corona" gestorben sind, also aufgrund anderer Ursachen ohnehin gestorben wäre. Dabei kommt raus, dass 3,6% der Leute, die positiv getestet gestorben sind, auch so gestorben wären.
Das habe ich für die verschiedenen Altersgruppen gemacht, für die Daten öffentlich zugänglich sind. Bei 80+ sieht das so aus, dass sogar etwas weniger "mit Corona" sterben als im Bevölkerungsdurchschnitt, nämlich 3,37%.
Bei 60-79 liegt der Übersterblichkeits-Faktor der Gruppe der positiv getesteten noch höher, bei 32,4, und damit die Zahl der "mit Corona" gestorbenen bei 3% und an Corona gestorbenen bei 97%.
Bei der Gruppe 35-59 liegt der Faktor bei 11, und entsprechend wären 8,3% der positiv getestet Gestorbenen auch so gestorben.
Bei der Gruppe 15-34 liegt der Faktor bei 20,6, und entsprechend wären 4,6% der positiv getestet Gestorbenen auch so gestorben
Jetzt kommen wir zu den älteren Kindern, wo ich gestern noch fälschlich Faktor 11 hatte, der jetzt bei 3,23 liegt, so dass statistisch 2 der 6 mit positivem Test verstorbenen Kinder auch so gestorben wären.
DIe Rechnung für die Altersgruppe 0-4 hat das Problem, das aufgrund der vergleichsweise hohen Säuglingssterblichkeit im ersten Jahr sich ein hoher Erwartungswert an Todesfällen ergibt, so dass der Faktor 1,4 zu niedrig sein dürfte.
Eine Abschätzung mit der Sterblichkeit ohne Alter 0 ergibt wohl ein etwas realistischeres Bild; bei der Sterblichkeit wäre es eigentlich nur 1 Todesfall unter den Infizierten zu erwarten gewesen. Ohne das Alter der 8 gestorbenen Kinder zu kennen, ist das hier aber spekulativ:
Wenn die Rechnungen jetzt so stimmen sollten, was kann man aus den Zahlen schließen? Erst einmal ist vor allem bei Kindern aufgrund der kleinen Zahlen an Toten das Ganze sehr fehlerbehaftet, und wenn etwa 1 Toter erwartet wird und man 3 findet, kann das auch reiner Zufall sein.
Man müsste also weitere Informationen hinzuziehen, aber Fakt ist, dass wir in allen Fällen, auch bei Kindern mehr Tote finden, als durchschnittlich zu erwarten wären. Das kann aber auch andere Ursachen haben.
Eine mögliche Ursache ist, und das wurde auch gestern in einigen replies erwähnt, dass bei Kindern die Dunkelziffer bei den Fällen höher ist, und die Übersterblichkeit verschwinden würde, wenn man auf Basis der tatsächlichen Infektionen rechnen würde.
Als weitere mögliche Ursache wurde erwähnt, dass die Gruppe der positiv getesteten und vermutlich symptomatischen Kinder nicht repräsentativ für die allgemeine Population und quasi gesundheitlich allgemein anfälliger ist und daher eine höhere Sterblichkeit aufweist.
Beides halte ich für durchaus plausibel, aber schwer quantifizierbar, und wenn ich meine besten Schätzwerte für die Dunkelziffern nehme (5x bei Fällen, 1,5x bei Todesfällen), bleibt für mich bei 5-14 keine Übersterblichkeit mehr übrig.
Bei 0-4 käme dann aber eine deutliche Untersterblichkeit heraus, bei 1-4 bliebe eine Übersterblichkeit von über 2x übrig, was gegen alles gegen die These 2 mit der anfälligeren Population spricht.
Die Behauptung von Mertens, Kinder würden alle mit und nicht an Covid sterben, sehe ich durch die Zahlen nicht gestützt, aber sie reichen auch allein auch nicht aus, sie zu widerlegen. Dass Kinder nicht an Covid sterben ist für mich aber eine so gewagte These, dass dafür ...
...härtere Belege her müssten, um die 14 toten Kinder wegzuerklären. Nimmt Zahlen aus dem Ausland hinzu, etwa Brasilien, scheint die Behauptung geradezu absurd, auch wenn es umgekehrt Länder gibt, die angeblich keine an Covid gestorbenen Kinder gemeldet haben. Die Debatte um ...
...die Tödlichkeit von Covid bei Kindern ist aber ohnehin eher akademisch, denn das Risiko, dass ein Kind an Covid stirbt ist absolut so niedrig, dass man sich als Elternteil viel mehr Sorgen um andere Dinge machen als darum, dass das Kind an Covid stirbt.
Für problematischer halte ich mögliche Gesundheitsschäden und Langzeitfolgen einer Covid-Infektion. Das Virus ist so neu und befällt alle Organe, und auch wenn die meisten Kinder sich vollständig erholen dürften, lassen sich Langzeitzeitschäden bei Tausenden nicht ausschließen.

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1 Jun
Weil oft behauptet wird, dass Covid bei Kindern harmlos ist, weil ja kaum Kinder gestorben sind, und ich zu Recht von @CorneliusRoemer darauf hingewiesen wurde, dass Inzidenzkorrelation nicht ausreicht und man auf die Übersterblichkeit schauen muss, habe ich das hier gerechnet.
Das Ergebnis ist, das Kinder, die einen positiven Corona-Test haben, in der Altergruppe 0-4 eine 4,3 mal so hohe Wahrscheinlichkeit haben, zu sterben, und in der Altersgruppe 5-14 eine 11,2 mal so hohe Sterblichkeit.
Der Fehler, der häufig gemacht wird ist, einfach zu sagen, jedes Jahr sterben hunderte von Kindern, da sind die 14 Kinder, die an Corona gestorben nicht mehr als eine statistische Schwankung. Das ist aber ein gravierender Denkfehler.
Read 14 tweets
27 May
Etwas beunruhigend, wie schlecht der Vorsitzende der StiKo zu informiert sein scheint und wie salopp er Dinge von sich gibt, die nachweislich falsch sind.
Hier etwa die Zahl der Fälle und Todesfälle in der Altergruppe 0-4, kumuliert und 7-Tage-Schnitt. Würden die Kinder überwiegend "mit" Covid sterben, gäbe es wohl kaum eine solche Korrelation mit den Inzidenzen bei Kindern.
Hochgerechnet auf alle noch nicht infizierten Kinder wären das 50-100 tote Kinder im Alter von 0-4 durch Covid in Deutschland, wenn sich alle Kinder infizieren würden, wovon ohne Impfung auszugehen ist, und 5-10 tote Kinder jedes Jahr, wenn sie nicht geimpft würden.
Read 11 tweets
23 May
Ein Thread zu Schulen und Bildung. Warum ist bei uns eigentlich nicht das gesamte Bildungsangebot im Internet abrufbar? Der Stoff von der 1. bis zu 13. Klasse, der Stoff aller Berufsschulen, und sämtliche Vorlesungen aller deutschen Hochschulstudiengänge?
Mit Videoaufzeichnungen, Kursmaterial, Prüfungsaufgaben und Lösungen, und Foren, wo man sich dazu austauschen kann. Mit Online-Compute-Ressourcen und Simulatoren, die man für simulierte Experimente nutzen kann.
Im Prinzip gibt es das alles bereits in Teilbereichen, Stanford und MIT, khanacademy.org, wikiversity, brilliant.org, skillshare.com, um nur einige zu nennen. Manche sind kostenlos, manche kosten, das meiste ist nur englischsprachig.
Read 25 tweets
23 May
Einige ergänzende Gedanken zu diesem Thread. Neben den 99,9% der Werke der Antike, die Christen und Muslime vergammeln oder vernichten ließen, sind auch fast alle antiken erotischen Werke - quasi die antiken Pornosammlungen. Ein Thread zu Christentum und Sex.
Das ist weniger lustig, als es klingt, denn abgesehen vom kulturellen Verlust haben Religionen Milliarden Menschen viel Sex ruiniert, indem Sex zu etwas unnatürlichem und schmutzigen erklärt wurde, das nur unter strengsten Regeln und Auflagen stattfinden durfte.
Ein Römer aus vorchristlicher Zeit würde mit Horror und Mitleid auf unser zeitgenössisches Verhältnis zur Sexualität blicken, die Unerfahrenheit, Ungeschicklichkeit und Verklemmtheit vieler speziell junger Menschen, denen umfassende sexuelle Bildung fehlt.
Read 22 tweets
22 May
Morgen feiern wir die Ausgießung des heiligen Geistes. Ich fand Religion schon als Kind verdächtig, aber die Ablehnung schwankte im Laufe der Jahre zwischen „sie wussten es nicht besser“ und „Religionen sind ansteckende zivilisationsvernichtende Geisteskrankheiten“.
Derzeit bin ich wieder mehr bei „verdienen eine ICD-Nummer und gehören ausgerottet“, aber wir bräuchten dafür bessere Impfstoffe gegen Religion. Derzeit ist es so, dass die großen Religionen so angepasst sind, dass wir mit ihnen leben können, so wie mit Schnupfen oder Herpes ...
...und dass sie gleichzeitig gegen gefährlichere Varianten von Glauben immunisieren, aber durch Fundamentalismus werden die gefährlichen Urtypen von Religionen zurückgeholt, etwa die, die das weströmische Reich zerstört und tausend Jahre Finsternis über Europa gebracht hat.
Read 25 tweets
21 May
Angeregt durch diesen Thread eine Idee, wie man heutzutage eine echte Bestenauslese für Regierungsämter organisieren kann. Die im Kern nicht neu, ja sogar archaisch ist, aber mit modernen Technologien super funktionieren kann: Durch Spiele.
Die Wettbewerber um ein Amt treten gegeneinander in verschiedenen Spielen an: Das kann von Mensch-Ärger-Dich-Nicht über Monopoly, Schach, Wirtschafts- und Militärsimulationen bis hin zu simulierten Verhandlungsspielen oder gar so etwas wie Nomic gehen: en.wikipedia.org/wiki/Nomic
Heutzutage könnte man das alles digital machen, und jeder könnte sich beteiligen und für die Endrunden qualifizieren, wo man dann mit einer ganzen potentiellen Regierungsmannschaft antritt. Die Spiele könnten auch existierende Institutionen und Verwaltungsstrukturen abbilden,...
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