Was @KathaSchulze schreibt ist absolut richtig - und über einen weiteren Aspekt in der Debatte haben wir noch gar nicht richtig angefangen zu sprechen: Die organisierte Rechte im Internet und ihre Rolle bei der Themensetzung in unserer Gesellschaft - Thread.
(Bevor jemand dem Impuls nachgeht und sagen will „ABER MÄNNER WERDEN AUCH NICHT MIT SAMTHANDSCHUHEN ANGEFASST“ bitte ich z.B. diesen Artikel zu lesen)
spiegel.de/politik/deutsc…
Natürlich ist nicht jede Kritik an Frauen eine misogyne Hetzkampagne - aber wir dürfen es uns nicht so einfach machen & alles unterhalb von Drohungen oder offen sexistischen Beleidigungen mit dem Verweis auf „den normalen Gegenwind, wenn man in der Öffentlichkeit steht“ abtun.
Es gibt eine organisierte Rechte, die konzertierte Kampagnen gegen (meist progressive) politisch Aktive koordiniert und durchführt. Und da rechte Ideologie i.d.R. auch antifeministisch ist, trifft das überdurchschnittlich oft Frauen.
Diese organisierte Rechte kapert Hashtags, attackiert gezielt Einzelpersonen und Organisationen und versucht, durch das Kommentieren und Hochliken von Beiträgen im Internet ein Zerrbild der öffentlichen Meinung zu erschaffen, was erstaunlich oft funktioniert.
Dazu kommt eine handvoll reichweitenstarker Accounts mit Bindungen zum konservativen Mainstream, die diese Kampagnen unterstützen oder alte/verkürzte/verfälschte Zitate/Videos/Bilder in die Trends drücken. (v.a.) Union & FDP greifen das gerne auf und so wird eine Debatte daraus.
Und hier wird es tricky: Diese Art von Agendasetting gab es vor Social Media in dieser Form gar nicht und offenbar gibt es viele Akteur*innen, die das entweder nicht verstehen oder denen es egal ist bzw. denen es gut in den Kram passt.
Deutlicher: Wenn eine Gruppe von Rechten mit klarer politischer Agenda immer und immer wieder bestimmte Themen setzt und bestimmte Akteur*innen attackiert, muss man das System dahinter sehen, benennen und nicht so tun als sei das eben der normale Lauf der Debatte.
Twitter diskutiert unglaublich oft Themen, die rechte Akteur*innen diskutieren wollen. Durch dieses Muster -

1 Kampagne
2 empörte Reaktion darauf
3 Metatexte über diesen Schlagabtausch
4 Übersprung in konventionelle Medien

- werden Themen gesetzt, wieder und wieder.
Ich kann hier ehrlich gesagt leider keinen eleganten Lösungsvorschlag präsentieren, weil ich den in 280*X Zeichen gar nicht hätte und weil das mMn kein ganz triviales Problem ist, aber ich will zumindest auf den Sachverhalt aufmerksam machen.
Wenn ein Thema im Gespräch ist, und selbst als Ergebnis einer solchen konzertierten Kampagne, ist es im Gespräch. Wie soll sich z.B. Journalismus dazu verhalten (außer natürlich Faktenchecks und Einordnung)? Ich habe keine erschöpfende Antwort darauf.
Freue mich aber auf eure Antworten und Gedanken dazu. /Ende
(Auf dieses Problem hingewiesen haben übrigens mehrfach u.a. @ebonyplusirony, @Natascha_Strobl und auch @janboehm.)

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More from @Engel_Re

8 Jun
Wenn Frauen in die (politische) Öffentlichkeit treten, schlägt ihnen Hass & misogyne Hetze entgegen - nicht nur @Ricarda_Lang.

Das ist für eine demokratische Gesellschaft inakzeptabel.

Es ist an uns allen, nicht zuzulassen, dass Frauen sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen.
Gegen Hass und Hetze hilft Solidarität und Präsenz.

Darum hier eine kleine (unvollständige!) Auswahl der beeindruckenden Frauen, denen ich bei @Die_Gruenen über den Weg gelaufen bin (bitte ergänzen!):
@GollalehA ist Fraktionsvorsitzende in der BVV Spandau und eine der Stimmen hier auf Twitter, von denen ich am meisten lerne. Kann bald ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt werden und ich freue mich sehr, sie bald regelmäßig auf größerer Bühne zu sehen. 💚✊
Read 34 tweets
28 May
Schonmal bemerkt? Wenn es um Grüne Politik geht, wird immer mit Begriffen wie „Moral“, „Ideale“ & „Ideologie“ hantiert.

Bei der Union passiert das fast nie, obwohl die gleichen Begriffe genau so gut / schlecht anwendbar sind.

Das ist das politische Framing des Status Quo. 👇
Grüne Politik, Ideen, Visionen, Pläne, Vorhaben usw. könnte man es auch nennen, aber das klingt natürlich weniger weltfremd, bedrohlich und ablehnenswert.

Ideologie, Moral, Ideale? Mal schauen:
Vermeidbare Tote im Stadtverkehr, 90 Minuten für 10km Arbeitsweg, kostenlos parkende Autos bei explodierendem qm Preis für Wohnungen, krampfhaftes Festhalten an einer überholten Technologie wie dem Verbrenner?

Nicht ideologisch.

Wer das aber ändern will? Autohasser, Moralist.
Read 11 tweets
26 May
Der Generalsekretär der Partei, die ständig Bevormundung und Verbotskultur beklagt, spricht also nun von mündigen Bürger*innen wie von kleinen Kindern, die für braves Verhalten belohnt werden sollen.

Was für ein Offenbarungseid, mal wieder.
Niemand irgendwelche Einschränkungen „verdient“ - sie waren nötig, um die Pandemie zu bekämpfen. Dass sich die FDP dieser Wahrheit immernoch verweigert und stattdessen weiter sagt, alles hätte auch mit „smarten Lösungen“ funktioniert, ist eine Bankrotterklärung auf allen Ebenen.
Natürlich gingen einige Maßnahmen in die falsche Richtung oder waren unwirksam, weil andere Maßnahmen nicht ergriffen wurden (Home Office Pflicht z.B.) aber die FDP suggeriert seit Beginn dieser Pandemie, dass man mit testen, impfen, Hände waschen alles hätte aufreißen können.
Read 4 tweets
19 May
Puh. Ohne jegliche Häme: Der Rücktritt von Franziska #Giffey (bzw. die ganze Causa) ist ein schlimmer Nackenschlag für die SPD.

Es wird schwer zu verargumentieren, warum jemand als Familienministerin ungeeignet ist, aber das Land Berlin führen können soll.
Der Spin, dass gerade der Rücktritt für ihre Eignung spricht, ist absolut nicht glaubwürdig, sorry. Das ist das absolute Minimum, nach belegtem (tbc) akademischen Betrug nicht hier auch noch ihr Wort zu brechen.

Schadenfreude o.ä. finde ich trotzdem fehl am Platz.
Das kommt noch dazu: Verantwortung für einen Fehler übernehmen sieht anders aus.

Read 8 tweets
18 May
Das ganze Elend in einem Satz von Armin Laschet.

Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Ableismus sind nicht 1 oder 0, ja oder nein, sondern wir alle, die in dieser Gesellschaft sozialisiert wurden, haben antisem./rass./sex./able. Muster erlernt, die wir reproduzieren.
Dieses konservative Gerede von ECHTEN Antisemiten, Rassisten, Sexisten lenkt schlicht und einfach von den eigenen Mustern (bzw. denen der Peer Group) ab. Antisemitismus fängt nicht bei einem brennenden Davidstern an, Sexismus nicht bei Vergewaltigung.
Diese Fundamentalweigerung, das eigene Tun zu reflektieren & daran zu arbeiten, sondern stur die einzementierten Verhaltensweisen beizubehalten („Ich sage garantiert nicht Schokokuss, Paprikasauce oder Indigene!!!“) ist Teil des gleichen Problem & keine unbedeutende Kleinigkeit.
Read 6 tweets
18 May
Wie die Union mit Fake News Wahlkampf macht - Thread.

Die FAS veröffentlicht Artikel (Details s.u.) mit einer reißerischen Überschrift. /1
Überschrift und Artikel sind grob irreführend: Erstens war es keine repräsentative Umfrage unter Wähler*innen, sondern: /2
Zweitens ist n=1000, das heißt der Unterschied zu den anderen Parteien (bis auf die Linke) ist minimal /3
Read 15 tweets

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