Nichts anderes als gewinnorientierter Lobbyismus steckt hinter der im Mai veröffentlichten "Gemeinsamen Initiative der deutschen digitalen Bildungsanbieter IDDB" mit ihrem Forderungsschreiben an das BMBF und die KMK, an der Nachhilfemilliarde teilhaben zu wollen. 1/n
Dem Schreiben auf iddb.school folgte wenige Tage später eine Selbstbeweihräucherung durch die CEOs von Cleverly, Sofatutor und Simpleclub, die in ihrem Anspruch (Rettung für das Bildungssystem zu sein) unverschämt überheblich ist. linkedin.com/pulse/wir-sind… 2/n
Erschienen auf dem Account von @FredrikHarkort als Co-CEO von Cleverly wird auf die Ankündigung des BMBF, vorhandene Strukturen fördern zu wollen, mit einem Framing der eigenen Unternehmen als etablierte Anbieter reagiert. Aber wie zutreffend ist das, vor allem für Cleverly? 3/n
Im YouTube-Kanal von Harkort erschien am 30.05.2021 ein Video, in dem es um das Finden des richtigen Firmennamens geht: "cleverly". Viel älter ist die GmbH tatsächlich nicht, laut LinkedIn ist Cleverly seit Januar 2021 am Start. Ein etablierter Retter? 4/n linkedin.com/in/fredrikhark…
Cleverly ist mit Sicherheit kein digitaler Bildungsanbieter, der nachhaltige Lösungen anbieten kann, sondern ein frisch gegründetes Start-Up. Was es auch ist: ein Investment von @VerenaDE, die laut IDDB-Brief als zentraler Ansprechpartner für BMBF und KMK dient. 5/n
Der zweite Unterzeichner ist @stephan_bayer_ von @sofatutor. Ein etabliertes Unternehmen, das in der Coronakrise viele Test- und Neukunden gewinnen konnte, auch dadurch, dass Lehrer:innen ein kostenloses Verlinken von Lernvideos ermöglicht wird, während Lernende beim Click 6/n
auf weitere Inhalte als Kunden akquiriert werden. Sein Nachhilfe-Konzept hat Bayer jüngst beim Online-Dialog der Bundeskanzlerin öffentlichkeitswirksam beworben. Danach stelle Sofatutor sicher, "dass kein Schulkind abgehängt und Lernen kein Frustfaktor wird". Die Lösung dafür 7/n
sollen Lernvideos und Übungen sein, die bereits während der Coronakrise die Probleme nicht verhindern konnten. Wie soll Sofatutor z.B. den Schüler:innen helfen, die am Ende der 2. Klasse immer noch kaum lesen können? Das digitale Versprechen von Sofatutor ist nicht einlösbar. 8/n
Als dritter Unterzeichner tritt @alex_giesecke von @simpleclubDE auf, der seine Verachtung für das deutsche Schulsystem unter "Warum Schule scheiße ist" gewinnbringend vermarktet. Seine "Vision" einer Lernapp, die "den Unterricht im Ernstfall komplett ersetzen kann", ist der 9/n
Ansatz eines Start-Ups, aber kein didaktisches Konzept, was für nachhaltiges Lernen (von Lernen) erforderlich ist. Alle drei digitalen Bildungsanbieter denken in Lernstoff und letztlich Nürnberger Trichter. Sie sehen Stofflücken als Chance zum Wachstum – ihrer Unternehmen. 10/n
IDDB ist nichts anderes als ein wirtschaftliches Lobby-Netzwerk. Dass Cleverly für #WirFürSchule wirbt, rundet dieses Bild nur ab. Bitter ist, dass sich einige Anbieter, bei denen es wirklich um Bildung geht, von IDDB haben einspannen lassen. 11/n linkedin.com/pulse/willkomm…

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More from @LarsMecklen

11 Jun
Muster des Leistungssports sind mit Sicherheit keine Antwort auf Bildungsfragen. Aber jemandem beim Hinterfragen von selbstverständlichen Strukturen und beim engagierten Umdenken zuzuhören, bietet fruchtbare Denkweisen auch für Schule. 1/n @TTuchelofficial
Das Selbstverständnis von Tuchel beginnt mit Vertrauen (Zutrauen ohne Absicherung), das er als unerfahrener Trainer erhalten hat. Vielleicht kann jemand, der diesen Vorschuss selbst erfahren hat, ein wirkliches Teilen von Verantwortung besser zulassen (dazu unten mehr). 2/n
Nicht ganz zufällig setzt Tuchel über einen kulinarischen Kontext an: dem Schaffen einer gemeinsamen Esskultur als Ausdruck von Gemeinschaftlichkeit und Teamgeist. Kulinarische Didaktik (sich an einer gelingenden Esskultur zu orientieren) geht über Bildung hinaus. 3/n
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5 Dec 20
»Paradox culture«

1. Rhetorisch einen Widerspruch zu einem performativen Zustand erzeugen, um aus der kognitiven Dissonanz einen aufmerksamkeitsökonomischen Gewinn einzufahren. Darüber reden, dass man nicht reden darf. 1/6
2. Rhetorisch einen Widerspruch zu mehrheitlich und aus guten Gründen akzeptierten Sachverhalten ("Tatsachen") umschiffen, um trotz der kognitiven Dissonanz eine Durchsetzung von Interessen nicht zu gefährden. Probleme ignorieren und wegreden, statt sie anzusprechen. 2/6
3. Rhetorisch einen Widerspruch zur performativen Vorgeschichte wieder einfangen wollen, um trotz bewusst vollzogener Handlung die daraus folgenden Konsequenzen nicht tragen zu müssen. Sich rausreden ("entschuldigen"), statt vorher bereits verantwortungsvoll zu agieren. 3/6
Read 6 tweets
27 Oct 20
Habe jetzt auch eine Rede geschrieben. Eine Rede? Ja, wegen der Möglichkeit zum Elliptischen. Passt gut zu Twitter und liegt offenbar im Trend. Und wie bei Reden nicht unüblich handelt es sich nicht um einen sachlich gewichtigen Vortrag, sondern um einen Meinungsbeitrag. //1
Ich würde gern über Einhörner und Alpakas reden. Wir müssen darüber reden! (Richtig, das ist so ein Stilmittel, wenn man andere in die eigene Meinung hineinziehen möchte. Funktioniert zuverlässig!) Wir müssen über den tieferen Zusammenhang von Einhörnern und Alpakas reden. //2
Dieser Zusammenhang ist nicht gleich ersichtlich. Es handelt sich dabei nicht um das Verhältnis zweier Huftiere, sondern zweier Visionen, die ausgesprochen verschieden sind. Beide rangeln sie miteinander um das Grün der Bildungswiese, um die Frage, worum es bei Bildung geht. //3
Read 18 tweets
21 Sep 20
Die Frage, ob Deutschland die Digitalisierung der Schulen verschlafen hat, würde wahrscheinlich einstimmig bejaht. Das Problem steckt in der Frage: Es war kein Verschlafen, sondern ein Ablehnen. Wer verschläft, den genügt es zu wecken. Wer ablehnt, den muss man überzeugen. /1
Diese pedantische Unterscheidung hat konkrete Folgen für die Weichen, die heute beim Schulgipfel im Bundeskanzleramt und auch zukünftig gestellt werden. Anhand der drei "großen Digital-Vorhaben" aus dem Artikel von @JMWiarda will ich dies erläutern. 2/
Die heutige Situation der Digitalisierung lässt sich historisch nicht anders erklären als durch Ablehnung. Bereits 1984 hieß es: “Computer in alle Schulen, alle Schüler an die Computer - dieses Programm wollen die Kultusminister zügig verwirklichen.” 3/ magazin.spiegel.de/EpubDelivery/s…
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