Hin und wieder kommt die Frage auf: "Müssen wir als medizinisches Personal Ungeimpfte behandeln? Die sind ja selber Schuld."
Diese Frage macht eine Tür auf, durch die wir nicht gehen dürfen. Wir sind dafür da um festzustellen, wer eine Behandlung braucht und nicht wer
eine Behandlung verdient. Wenn wir so anfangen zu denken, müssen wir Raucher bei Herzinfakt und Lungenkrebs auch ablehnen. "Die sind ja auch selbst Schuld". Oder wer betrunken Autogefahren ist und einen Unfall hatte. Wir dürfen nicht darüber nachdenken ob ein Patient diese
Behandlung verdient hat. Das ist nicht unsere Aufgabe. Wir sind auch gar nicht in der Lage dazu diese Entscheidung zu treffen.
Auf der anderen Seite, sind wir auch nur Menschen. Wir sind von den ersten drei Wellen mitgenommen. Körperlich und psychisch. Dass eine die
Verantwortungslosigkeit von einigen, die uns eine vierte Welle bescheren, uns sehr nervt, ist nachvollziehbar. Dazu kommt unsere Verantwortung anderen Patienten gegenüber. Im Herbst 2020 und Frühjahr 2021 mussten wir immer wieder Patienten abweisen oder über unsere Kräfte gehen
um noch behandeln zu können. Dass uns Ungeimpfte (egal ob "Impfgegner" oder andere Gründe) das nochmal zumuten werden, stößt auf.
Was ist die Lösung aus diesem Konflikt? Wir müssen den Druck auf die Ungeimpften erhöhen solange sie noch nicht erkrankt sind unsere Hilfe brauchen.
In den letzten Jahren habe ich Neonazis, Kinderschänder, Mörder und Drogendealer behandelt. Dabei habe ich versucht mein ärztliches Handeln nicht davon beeinflussen zu lassen, dass jemand z.B. ein Hakenkreuz auf der Brust tätowiert hatte. Sobald ein Patient in die Klinik kommt,
dürfen viele Sachen keine Rolle mehr spielen, die andwerswo eine Rolle spielen. Dass jemand ungeimpft ist, darf unser Handeln nicht beeinflussen, weil wir da ein Thema streifen, das uns nicht zusteht. Um so mehr Druck erwarte ich gesellschaftlich und politisch auf die
Ungeimpften. Wir müssen dieses Thema außerhalb derKliniken lösen.
Wir müssen mehr Menschen dazu bringen sich impfen zu lassen.
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Ein junger Mann wird durch einen Herzinfarkt aus dem Leben gerissen. Trotz rechtzeitiger Intervention ist das Herz nicht mehr funktionstüchtig. Er erholt sich nicht. Obwohl er vor dem Infarkt noch schwer körperlich arbeiten konnte, schafft er plötzlich nicht mal mehr selber auf
die Toilette zu gehen - weil er Luftnot hat. Man weist ihn uns zu. Auf dem Untersuchungstisch am Aufnahmetag muss er kurz reanimiert werden. Auf der Intensivstation kann er sich auch nicht erholen. Wir entscheiden ein temporäres Herzunterstützungssystem zu implantieren. Auf dem
OP Tisch muss ich ihn zwei mal reanimieren. Zum Glück erst als das Unterstützungssystem implantiert wurde. Er braucht lange um sich auf der Intensivstation zu erholen. Er wird für Transplantation gelistet und wird dann auf ein permanentes Herzunterstützungssystem in einer großen
Der Anruf kommt von der diensthabenden Assistenzärztin: "Ich wurde von der Intensivstation angerufen. Sie haben angefangen die Patientin in der 10 zu reanimieren. Ich bin inzwischen da. Sie tamponiert. Die bekommen aber unter Rea keinen Druck zusammen."
Der Schlaf ist weggewischt
Bin komplett da und stehe schon vorm Bett. Sammle meine Klammotten. "Die kriegen sie nicht stabilisiert".
"Du musst sie rethorakotomieren. Sofort. Ruf die OP Mannschaft und fang an. Ich bin unterwegs."
Stocken am anderen Ende.
"Du weißt ich bin keine Fachärztin"
"Das weiß ich. Du
kannst das. Ich habe es dir oft genug im OP gezeigt. Wenn du es nicht tust, ist sie tot bis ich da bin."
Ich brauche vielleicht unter Mißachtung aller Verkehrsregeln 10 Minuten vom Anruf bis in die Klinik. Muss aber noch OP Klammotten anziehen. Auf die Intensivstation kommen.
Sie
Wir stehen am Morgen auf der Intensivstation. An den langen Gesichtern aller beteiligten ist schon zu sehen, dass es keinen Grund zur Freude gibt. Die Stimmen sind unwillkürlich gedämpft. Die Augen der beteiligten wirken glanzlos.
"...insgeamt hat er sich verschlechtert..."
Kurzes schweigen. "Was wollen wir machen?"
"Therapieeskalation?"
"Was wollen wir erreichen? Er hat ja keine Chance das so zu überstehen, um in ein würdevolles Leben zurückzukehren"
Eigentlich wissen das alle, die da stehen. Die Intensivpflege und Ärzt*innen. Es auszusprechen
schmerzt aber dennoch. Jemand zählt nochmal alle Probleme und Schäden auf, die der Patient schon hat. Schweigen. Ich gehe in mir die Optionen durch. Klar, wir können mehr machen. Klar, können wir erneut an die ECMO. Theoretisch. Überleben wird der Patient das dennoch nicht.
"Er
Früher gab es die "Sham-Operation". Eine Plazebo-OP. In der Herzchirurgie z.B. wurde der Brustkorb eröffnet und wieder verschlossen, ohne die strukturelle Herzerkrankung zu begeben.
Hat es den Patienten geholfen?
Wenn man die Patienten befragt hat, sagten 20-30% dass Ihre
Beschwerden wie Luftnot oder das Brennen auf der Brust (Angina Pectoris) deutlich besser oder gar weg wären.
Hat es objektivierbar geholfen? Sprich: Hat es das Überleben der Patienten verbessert? Nein, natürlich nicht!
Das ist das was Heilpraktiker und Homöopathen anbieten. Klar
kann man sich danach besser fühlen. Helfen tut es nicht.
Bevor jemand irgendwas entgegnet: Denkt darüber nach ob ihr eine Sham-Operation haben wollt!
Ein Kollege ruft mich mitten in der Nacht an. "Ich habe gerade deinen Patienten unter Reanimation in den Saal genommen".
Plötzlich ist man wach. Der Schlaf ist weggewischt. Um meine Frau nicht zu wecken, stehe ich auf und verlasse das Schlafzimmer, während ich "Was war los?"
flüstere. Während das Gehirn alle möglichen Szenarien durchgeht, die Operation, die am frühen Morgen war, nach möglichen Fehlerquellen durchsucht. Parallel sich das schlimmste ausmalt. "Es war doch alles gut, als ich ging." Der Satz klingt sogar in meinen Ohren verzweifelt. Als
ob ich mich vor mir rechtfertigen würde. Dabei WAR alles gut. Die OP am Vormittag war glatt verlaufen. Ich war am Abend bevor ich ging noch bei ihm. Schwer kranker, junger Mann. Ein Familienangehöriger einer Pflegekraft, die mich gebeten hatte, die OP durchzuführen. Was ist in
Ein Notfall der zu uns verlegt werden soll. Der Notarzt, der den Patienten begleitet, meldet sich. Er weiß nicht ob er ihn noch stabil zu uns bringen kann. Er wird nicht im Schockraum anhalten und wird direkt den OP ansteuern. Kurze Zeit später Nachricht aus der Leitstelle. Sie
kommen unter Reanimation. Unser komplettes Team ist im OP bereit. Drei Pflegekräfte, drei Ärzte, Kardiotechnik. Es ist mitten in der Nacht. Wir kommen gerade von einer Not-OP. Müde Gesichter. Es wird wenig geredet. Jeder versucht sich zu konzentrieren. Wir hören die Aufzugtür.
Die schrillen Alarme erreichen uns noch vor dem Patienten. Sie biegen um die Ecke. Der Notarzt mit auf der Trage. Er reanimiert. Eine Pflegekraft aus dem Schockraum und zwei Sanitäter begleiten. Sie erreichen uns schnell. Als sie näher kommen sehe ich dass der Notarzt