1/9 Nur 24 Stunden nach Laschets Rede bei der CSU ist sein Kommunikationsteam aufgewacht. Die Aussage "In all den Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte standen Sozialdemokraten immer auf der falschen Seite" sei aus dem Zusammenhang gerissen.
2/9 Laschet habe nur über Wirtschaft- u Finanzpolitik gesprochen. Oder sprechen wollen. Denn die Pause, die er für Applaus einlegt, lässt schon zu, dahinter einen Punkt zu setzen. Vorher und nachher sprach er aber tatsächlich über "Steuern und Bürokratie"
zdf.de/nachrichten/he…
3/9 Wie ordnet man das fair ein? Laschet beginnt mit einem Strauß-Zitat "Irren ist menschlich. Immer irren ist sozialdemokratisch." Stammt aus dem Jahr 1965, Wahlkampfveranstaltung in Kitzing. Volltext habe ich nicht gefunden. Aber wie FJS damals unterwegs war, kann man in ...
4/9 ... Peter Siebenmorgens Strauß-Biographie nachlesen: Westbindung, Wiederbewaffnung, klare Kante gegen Osten. Schöne Nebenpointe: Wirtschaftspolitisch machte Strauß ein Jahr später als Finanzminister der ersten GroKo mit SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller dann Keynsianismus
5/9 Es ging also nicht um Steuern und Bürokratie, sondern um die großen Fragen. Und so sagt es auch Laschet: "In den entscheidenden Momenten der deutschen Geschichte standen CDU und CSU für den richtigen Kurs" (hier ab 0:55 )
6/9 Und dann kommt er auf Lafontaine. Den klassischen CDU-Satz, Lafontaine sei gegen die Einheit gewesen, wagt Laschet nicht. Er sagt stattdessen verklausuliert, dieser habe "ein völlig anderes Modell vom diesem Prozess" gehabt. Meint aber: Ohne Kohl keine Einheit.
7/9 Und deshalb sei es wichtig, dass wieder ein Christdemokrat (nämlich er) ins Kanzleramt einziehe. Den anderen könne man im Falle eines historischen Umbruchs einfach nicht trauen.
8/9 Die eigenen Leute hat Laschet damit emotional wirklich erreicht. Aber halt auch die linke Konkurrenz in Wallung gebracht. Das ist das Gegenteil der "assymetrischen Demobilisierung", mit der Merkel in ihren Wahlkämpfen erfolgreich das Land einschläferte ...
9/9 So ein Wahlkampf-Endspurt hätte das Potenzial beide ehemaligen Volksparteien noch einmal hochzuziehen. So gesehen vielleicht sogar schade, dass Laschet es nur einen Tag später wieder einfangen lassen will.

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8 Jun
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2/6 ... ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." Niemand behauptete je, das gelte nicht für Kinder, nicht für Alte oder nicht für Linkshänder. Idee, Kinderrechte explizit in die Verfassung zu schreiben, zielt auf Verschiebung des Verhältnisses von Eltern und Staat.
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1 May
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23 Jan
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2/4 Die von @jensspahn als gute Nachricht verkündete Notlösung, 6 statt 5 Spritzen aus einem Fläschchen von Biontech/Pfizer zu ziehen, führt nicht, wie behauptet, dazu, dass es 20% mehr Impfstoff in 🇪🇺 gibt, sondern weniger Fläschchen, berichtet @nytimes
nytimes.com/2021/01/22/hea…
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welt.de/politik/auslan…
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3 Jan
1/9 Wenn man die Debatte auf Twitter über den mißglückten Start des Impfens in 🇪🇺 verfolgt, kann man sich nur wundern. Ein Thread👇 @welt
2/9 Den Kritikerin wird "deutscher Impfnationalismus" entgegen gehalten. Ein erstaunliches Argument. In 🇫🇷, 🇮🇹, 🇪🇸 und den kleineren 🇪🇺-Ländern ärgert man sich über den schleppende Start genauso wie in 🇩🇪.
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