Mögliche Gründe, warum Menschen die Coronavirus-Pandemie nicht als "echte Pandemie" wahrnehmen - eine kleine Serie, Folge 1: Die historische Perspektive

Die "berühmten" Pandemien aus Antike und Mittelalter (z.B. Pestzüge) fanden in einer viel weniger mobilen und enger (1/9)
lebenden Gesellschaft statt. Innerhalb einer städtischen oder dörflichen Gemeinschaft konnte sich daher durch viele Kontakte sehr schnell ein Großteil der Menschen gegenseitig anstecken und so Ausbrüche gehäuft an einem Ort stattfinden. Durch die regelmäßigen Kontakte, waren(2/9)
den Menschen dann auch viele Fälle gleichzeitig bekannt.
Zwischen Gemeinschaften sprangen die Erreger langsamer, so dass z.B. die Pest tatsächlich nach und nach von Stadt zu Stadt "zog" und teilweise bei der nächsten Runde Jahre später auch in der gleichen Stadt, deren (3/9)
Bevölkerung sich durch Zuzug so stark verändert hatte, dass keine Herdenimmunität mehr vorhanden war, nochmal ausbrechen konnte.
Corona verhält sich gar nicht so grundsätzlich anders, wir wechseln aber zwischen viel mehr "epidemiologischen Dörfern", wie Arbeitsplatz, (4/9)
Schule, Familie, Kino, Urlaubshotel, Festival, Supermarkt - die zudem teils kurzlebig sind und sich dann über größere Distanzen verteilen. Die heutige Pandemie hat viel mehr "Ischgls", deren Folgen sich so weit verteilen, dass sie lokal wenig sichtbar sind, als "Bergamos", (5/9)
die uns in ihrer Schwere direkt vor Augen sichtbar werden - zehn Schwerkranke in einem Krankenhaus um die Ecke sind für uns schlicht nicht so furchterregend wie 100 an einem Fleck, selbst dann nicht, wenn solche 10 in jedem Krankenhaus gleichzeitig liegen.
Dadurch wird die (6/9)
Coronapandemie zu einem eher statistischen Schrecken, der für viele wenig greifbar ist.
Und genau in diese Bresche hauen dann die Pandemieleugner, die behaupten, alles basiere nur auf "Modellen" - verkennend, dass wir zur Beschreibung des Geschehens in unserer modernen (7/9)
Gesellschaft eben auch andere Mittel brauchen, als unsere direkt sichtbare Dorfumgebung. Würden uns unsere Arbeits- Einkaufs- und Freizeitkontakte alle abends in ein kleines Wohnviertel begleiten, wir alle Krankheitsfälle dort mitbekommen und dann über diese "Dörfer" (8/9)
reden - wahrscheinlich würden wir die Pandemie besser verstehen...
Und um das Problem nochmal zu veranschaulichen, blicken wir auf die Nachverfolgung der Ansteckungen (br.de/nachrichten/wi…) - selbst für die Profis sind die meisten "Dörfer" unsichtbar (nicht erfasst)! (9/9)

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2 Oct
Mögliche Gründe, warum Menschen die Coronavirus-Pandemie nicht als "echte Pandemie" wahrnehmen - eine kleine Serie, Folge 3: Hollywoodpandemien

Für viele von uns kommt die Vorstellung, wie eine Pandemie abläuft aus der Unterhaltungsindustrie und da insbesondere Filme. (1/9)
Pandemien sind dort entweder Nebenthema und daher kondensiert dargestellt oder zentrales dramatisiertes Geschehen in Katastrophen- und Zombiefilmen (Jupp, das ist das vielleicht prominenteste Pandemiegenre...).

Ein paar dramaturgisch nachvollziehbare Kniffe verzerren dabei (2/9)
aber ganz gewaltig das Bild im Vergleich zu realen Pandemien:

a) Alles wird zeitlich und örtlich enorm gerafft, Inkubationszeiten sind kurz (oft Minuten oder Stunden nach dem Kontakt, Biss etc.), genauso Infektionsketten (wenige Charaktere sind überhaupt im Blick) (3/9)
Read 9 tweets
2 Oct
Mögliche Gründe, warum Menschen die Coronavirus-Pandemie nicht als "echte Pandemie" wahrnehmen - eine kleine Serie, Folge 2: Unser Gesundheitssystem

Im Vergleich zu historischen Pandemien starten wir heute schon von einem ganz anderen Niveau: Unterernährung ist bei uns (1/11)
genauso selten geworden, wie Infektionskrankheiten. Über Jahrtausende war der Normalzustand von Menschen so wie bei eigentlich jedem Wildtier eine mässig gute Ernährung, verschiedene Parasiten und bei hoher Bestandsdichte ständige Infektionen. Das kann man zum Beispiel (2/11)
an der Abnahme der durchschnittlichen menschlichen Körpertemperatur seit 150 Jahren nachvollziehen, die auf seltenere chronische Erkrankungen hinweist (geo.de/wissen/gesundh…) oder auch an den Betten der ärmeren Bevölkerung, die früher oft sehr kurz waren - weil man wegen (3/11)
Read 11 tweets
1 Oct
Merck meldet, dass mit Molnupiravir bei Risikopatienten und früher gabe schwere Verläufe von Covid-19 reduzieren könne. Das ist spannend und vielversprechend, aber bevor man zu enthusiastisch wird, sollte man ein paar Punkte im Kopf behalten: (1/4)

merck.com/news/merck-and…
* Medikamente, die der Prävention einer Verschlechterung dienen, müssen gezielt bei Risikogruppen eingesetzt werden, per Gießkanne verschwendet man sonst schnell wertvolle Ressourcen
* Eine solche Behandlung ist keine Therapie bei bereits schweren Fällen
* Reduktion um 50% (2/4)
ist extrem wertvoll, beendet aber die Pandemie nicht
Wenn sich die Daten bewahrheiten und Molnupiravir gut verfügbar würde, wäre das also ein sehr wertvoller Baustein, wichtig wäre aber der sinnvolle Einsatz um maximalen Nutzen zu ziehen und alleine würde es Corona nicht (3/4)
Read 4 tweets
23 Sep
Als jemand, der früher teilweise vor Anblick der Spritze umgefallen ist, beschreibe ich Euch mal ein paar Symptome einer durch eine Phobie ausgelösten Panikattacke, auch, um diese ggf. von Impfnebenwirkungen besser auseinanderhalten zu können.
Wichtig: Eine Phobie ist nicht (1/9)
einfach Angst, teils ist die Reaktion so unterbewusst, dass man den Panikanstieg nichtmal als Angst wahrnimmt, sondern nur die physischen Symptome, bis es dann durchbricht. Plötzlich einsetzende Symptome, gerade auch direkt beim Spritzen oder danach, können also auch (2/9)
direkt von der Psyche kommen, selbst wenn ihr Euch einer Phobie nicht bewusst seid (Oder, wohl öfter: Sie Euch lieber nicht eingestehen möchtet, weil das irgendwie peinlich ist oder alles nur kompliziert macht).
Mit der Vorrede hier mal die unvollständige Liste von Dingen, (3/9)
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23 Sep
An die noch Ungeimpften, die aber nicht grundsätzlich dagegen sind. Was lässt Euch (noch) zögern bzw. war der Hauptgrund, es noch nicht getan zu haben? (Gerne Retweet, gerne auch Drukos, Antworten im "Quiz" sind anonym!)
Erster Zwischenstand
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23 Sep
Ganz interessant: Im Juli/August hat das Impftempo stark abgenommen, ABER wir laufen nicht wirklich in eine Sättigung, sondern es geht eher einfach viel langsamer weiter. Bei den Erstimpfungen ist das sogar der zweite "Knick" der Kurve nach einem im Mai. Was heisst das? (1/4)
Verlieren wir hier vielleicht eher den Schwung, den wir mal hatten? Der Knick im Mai könnte mit den fallenden Inzidenzen Zusammenhängen, der spätere damit, dass zum einen die "Motivierten" durchgeimpft sind und zum anderen die "Impfluenzer" erschöpft. (2/4)
Dass das Tempo inzwischen eher auf dem niedrigen Niveau vom Beginn der Kampagne (und vor dem Einstieg der Haus- und Betriebsärztinnen) liegt, ist bedauerlich, dass die Kurve trotzdem kontinuierlich weiter steigt, zeigt aber vielleicht, dass es doch noch eine ganze Menge (3/4)
Read 5 tweets

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