9. Verhandlungstag im #LinaE Prozess #dd0710. Heute werden geschädigte JN-Aktivisten aus Wurzen vernommen, die auf ihrem Rückweg vom sog. "Trauermarsch" #dd1502 2020 am Bhf Wurzen zusammengeschlagen worden sind.
Der erste Zeuge und Geschädigte Ben H. betritt den Zeugenstand. Aus seiner Gesinnung macht er offensichtlich keinen Hehl. Er trägt ein Hemd der Marke "Erik & Sons". Vertreten wird er von RA Kohlmann aus Chemnitz. #dd0710
Für die älteren Semester: Der 20-Jährige trägt noch einen Gürtel mit altem "Thor Steinar"-Logo. An den Übergriff kann er sich allerdings nur noch wenig erinnern.
Zunächst sei seine Gruppe noch einmal schauen gegangen, ob noch "Linke" im Zug nach Leipzig sitzen. 15 bis 20 schwarzgekleidete Vermummte sind nach der Ankunft in Wurzen auf seine Gruppe zugestürmt. Beim Wegrennen habe er einen Schlag auf den Kopf gekriegt.
Die Verteidigung befragt den Zeugen zu Hinweisen, die auf seine politische Gesinnung am Tattag hingedeutet haben: Er sei normal schwarz gekleidet gewesen. Sein "Gigi und die Braunen Stadtmusikanten" Shirt habe er unter Jacke und Pullover getragen.
Im Zug politisch erkennbar gewesen, sei die Gruppe nur an einer schwarz-weiß-roten Fahne. Was sollte mit dieser ausgedrückt werden, will die Verteidigung wissen? „Das wahre Deutschland“, antwortet H. Was sei dieses wahre Deutschland? Antwort: „Das Kaiserreich“. #dd0710 #LinaE
Der Vorsitzende macht ihn darauf aufmerksam, dass unwahrheitsgemäße Aussagen möglicherweise zu strafrechtlichen Konsequenzen führen könnten. RA Nießing will es nun ganz genau wissen. Als was verortet er sich politisch: "Sind sie Monarchist" - "Ja." #dd0710 #LinaE
Es folgt ein zehnminütiger Schlagabtausch zwischen Verteidigung, Senat, GBA und Kohlmann, dazu ob die Frage seiner politischen Gesinnung nicht bereits beantwortet sei. An dessen Ende wird die Sitzung 15Min unterbrochen. #dd0710
Nach der Pause werden durch H.s Befragung Folgendes festgestellt (lose und unvollständig): H. ist JN-Mitglied. In der JN gibt es sowohl Monarchisten, als auch Nationalsozialisten. Man könne diesbzgl laut H. miteinander befreundet sein, auch wenn man nicht polit. übereinstimmt.
H. sagte auch: "Natürlich war nicht alles im Dritten Reich schlecht." Auf die Frage danach, was denn zum Beispiel, antwortet H.: "Die Tierschutzgesetze waren gut." Von den regelmäßigen Angriffen auf das NDK Wurzen wisse H. zwar, aber nicht aus welchem Spektrum sie kommen. #LinaE
Später gibt er zu, dass er sich zum Zeitpunkt eines Angriffs auf das Kulturzentrum im Mai 2019 in direkter Nähe "am Dom" befunden habe. Ein von ihm getragenes Shirt mit der Aufschrift "National Socialist Action" gehöre "einem Kumpel". #dd0710
Im Sommer 2020 hat er in Naumburg an einer Demo des III. Weges teilgenommen, nur um sinngemäß "mal zu schauen", wie das bei denen ist. Das III. Weg-Shirt hat er getragen, weil es "besser aussieht", wenn alle einheitlich laufen. #dd0710 #LinaE
An viele Sachen will sich H. nicht erinnern können. Auch nicht daran, warum er am Rande einer Demo schon einmal abgeführt und danach wegen Volksverhetzung abgeführt habe. Einen Hitlergruß habe er nach eigener Auskunft jedenfalls nicht gezeigt. #dd0710 #LinaE
Der Glaubwürdigkeit des Zeugen hat die Befragung nicht geholfen. Der Prozess ist gerade unterbrochen, weil ein Zeuge bisher nicht erschienen ist. #LinaE #dd0710
Als nächstes ist ein Zeuge geladen, der ebenfalls in der Gruppe aus Wurzen war, die am 15.2. die Demo in Dresden besucht hat. Er berichtet davon, wie er kurz nach Ankunft in Wurzen angegriffen wurde. Ihm sei unvermittelt mit Fäusten gegen den Kopf geschlagen worden.
Als nächstes sei bereits eine "Eisenstange" oder eine "eisenartige Stange" gegen seinen Kopf geschlagen worden. Direkt gefolgt von einem Schlag "mit einem Hammer oder so" auf den Hinterkopf, weswegen er dann zu Boden gegangen und liegen geblieben sei. #LinaE #dd0710
Die Angreifer hätten sich dann auf eine andere Person gestürzt und diese verprügelt. Als Person 1 sich aufgerichtet und nach Person 2 geschaut hatte, habe ein Angreifer sinngemäß "Und du Nazischwein bleib unten liegen, sonst gibt’s noch eine Tracht Prügel" gerufen. #LinaE #dd0710
Die Angreifer seien dann noch weiteres Mal auf Person 1 zugekommen, hätten ihn gegen Oberkörper und Kopf geschlagen, ihn laut eigener Aussage "von oben bis unten mit Reizgas geduscht" und seien dann so schnell verschwunden, wie sie gekommen sind. #LinaE #dd0710
Auf die Frage des Senats, warum er Ziel dieser Attacke geworden sein könnte, antwortet er: "Weil ich von dem Trauermarsch kam. Ich denke mal, dass ich nur zur falschen Zeit am flaschen Ort war." Ein Parteibuch habe er nicht. Seine "Sturm & Drang" Zeit sei 20 Jahre her.
Dabei bezeichnet er seine politische Verortung als "eindeutig rechts". Der Geschädigte sagt, dass ein Freund die Idee gehabt habe, zur NPD-Demo nach Dresden zu fahren. Es wäre das erste Mal gewesen, dass er den "Trauermarsch" besucht habe.
Die Verteidigung will von ihm wissen, wie seine politische Verortung während seiner "Sturm & Drang"-Zeit war. Die Frage wird sowohl von GBA, als auch Richter beanstandet. Es entbrennt erneut eine Diskussion. Der Zeuge wird kurz aus dem Saal gebeten.
Die Verteidigung erklärt, warum sie diese Frage als relevant erachtet: Kann man einschätzen, ob er sich wirklich distanziert hat und seine Aussage glaubhaft ist? Der Senat weißt die Frage per Beschluss zurück.
Kurz darauf will RAin Belter von ihm wissen, ob er mal von der Polizei vernommen worden sei. Darauf antwortet er, dass er zweimal vernommen wurde. Einmal kurz nach der Tat und einmal im Frühjahr 2021. #LinaE #dd0710
Im weiteren Verlauf weist RAin Belter daraufhin, dass in seinem Vernehmungsprotokoll kurz nach der Tat nichts von "einem Hammer" steht, sie hier aber zum ersten Mal gehört habe, dass der Zeuge im Zusammenhang mit dem Überfall dieses Werkzeug so konkret benennt. #LinaE #dd0710
Das ist relevant, weil es den rechten Spin der sog. "Hammerbande" bedient. Der vorsitzende Richter bekundet, dass der Zeuge nicht von "Hammer" gesprochen hätte und erntet nicht nur Widerspruch von der Verteidigung, sondern auch aus fast dem kompletten Zuschauerbereich. #LinaE
Die Verteidigung moniert daraufhin, dass sie über die zweite Vernehmung des Zeugen bisher keine Akten erhalten habe. Auch der Vors. Richter weiß offenbar nichts von der Vernehmung, hält die Akten aber auch nicht für relevant: "Wir wissen ja nicht, was drin steht." Saalgelächter.
Es wird unübersichtlich. Die Verteidigung beantragt die Aussetzung der Befragung. RA Kohlmann fragt den Zeugen dennoch, ob er eine jener Personen im Saal wieder erkennt, die ihm schon im Zug aufgefallen sind (Kreuzworträtsel gelöst und "einfache Tastenhandys" benutzt). #LinaE
Aufruhr im Saal. Laute Unmutsbekundungen des Zuschauerbereicha. Ordnungsruf des Senats. Stille. Die Frage ist zulässig. Der Zeuge zeigt auf den Angeklagten Jannis R. Weitere Nachfragen der Verteidigung will er nicht zulassen, da er die Sitzung bereits unterbrochen hat. #LinaE
Der #LinaE Prozesstag #dd0710 ist ca 17.30 Uhr beendet. Auffällig ist, dass der Vorsitzende immer mehr den Eindruck erweckt, als würde ihm die Verfahrensführung entgleiten. Er hat nicht nur die Aussage, es sei ein "Hammer" gewesen nicht gehört...
... auch die zweite Vernehmung des zweiten Zeugen im Frühjahr 2021 ist dem Senat nicht bekannt. Das wird relevant, weil es einerseits früh Vorwürfe der Verteidigung gab, ihnen würden Akten vorenthalten. #LinaE #dd0710
Und andererseits, weil ein nicht unerheblicher Teil der Menschen, die den Prozess regelmäßig begleiten, ohnehin schon die Arbeit des Senats kritisch bewerten und skeptisch sind, dass er unvoreingenommen arbeitet. Diese Vorurteile werden so nicht abgebaut. #LinaE #dd0710

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30 Sep
8. Verhandlungstag im #LinaE Prozess #dd3009. Bevor die erste Zeugin vernommen wird, gibt es einen Disput zw Senat und Verteidigung. Letztere will wissen, was #dd2909 in der Pause zw GBA, RA Hannig und Scholz besprochen wurde, nachdem die beiden das Publikum "gescannt" hatten.
Für die Verteidigung ist der Gesprächsinhalt elementar für eine ungehinderte Öffentlichkeit. Es sei in der Vergangenheit schon durch "Nazi-Zeugen zu Einschüchterungen und Falschbeschuldigungen gekommen". Der Semat wischt die Bedenken letztlich beseite. Erste Zeugenvernehmung.
Die Zeugin ist Polizistin und hat im Oktober '18 in Böhms Nachbarschaft gewohnt. Kurioses Detail: Sie will zunächst ihre Maske im Saal nicht abnehmen, weil nicht geimpft und nicht getestet, tut das später auf Bitten der Verteidigung aber doch. #dd3009
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29 Sep
7. Verhandlungstag im #LinaE Prozess. Heute ist JN/NPD-Aktivist Cedric Scholz aus Wurzen geladen. RA Hannig vertritt die Nebenklage. Beteiligt am #Connewitz Angriff #le1101 wurde er 2018 vor seiner Haustür zusammengeschlagen. Die Angeklagten müssen sich dafür verantworten.#dd2909
Die Verhandlung hat begonnen, aber Scholz und sein Anwalt haben sich etwas verspätet. Deswegen verliest die Verteidigung zunächst eine Erklärung zu einer Audioaufnahme verlesen.
Zuvor gab es bereits eine kurze Verzögerung, in der die Angeklagten den Saal verlassen haben. Auffällig war, dass RA Hannig und Scholz sie dabei genau gemustert haben. Das sorgte offenbar beim #AntifaOst Solidaritätsbündnis für Aufruhr. #dd2909
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22 Sep
Am sechsten Verhandlungstag des #LinaE Verfahrens #dd2209 sagt derzeit zum ersten Mal Enrico Böhm aus. Böhm kriegt vom Senat eine eindringliche Ermahnung wahrheitsgemäß auszusagen. Das wird noch relevant, weil in den ersten Sätzen klar wird, dass Böhm auch Aktenwissen besitzt.
Die Verteidigung möchte daher zunächst klären, wie viel Aktenwissen er hat. Der Senat widerspricht, fragt nun aber genauer nach und ermahnt, dass er nur die Sachen sagt, an die er sich erinnert. Er behauptet zunächst, dass er wohl mit schweren Schuhen getreten wurde.
Daran kann er sich aber nicht erinnern. Tatsächlich hatte er in der Vernehmung kurz nach der Tat noch von Turnschuhen gesprochen. Dass es Schuhe waren, sei aber sicher. Er hat den Heilungsverlauf mit Fotos damals dokumentiert. Der Abdruck habe sich immer klarer gezeigt.
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21 Sep
Am fünften Verhandlungstag vom #LinaE Verfahren ist heute eine weitere Zeugin im Fall Enrico Böhm gehört worden. Die Frau berichtete wie sie damals mehrere vermummte Personen gesehen habe, die im Umfeld von Böhms damaliger Wohnung standen. #dd2109
Sie ging an den Personen vorbei, habe dann aber Schreie vernommen, sich wieder umgedreht und mitgekriegt, wie auf eine weitere Person "eingeprügelt" wurde. Eine der Personen, will sie anhand deren Ponyfrisur als Frau identifiziert haben. Die Frisur sei bedingt zu sehen gewesen.
Gezeigt wurde auch 1 "unfertiges Phantombild", das d Zeugin später nach einer Vernehmung mit einer Beamtin angefertigt habe. Zeugin sei schon damals unsicher gewesen, wie sehr ihre Angaben stimmen. Bild sei "unfertig und würde eh nie verwendet werden", wurde ihr gesagt. #LinaE
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6 Mar 20
Nach der Erklärung der Fanszenen Deutschlands zur Causa #Hopp werden diesen Spieltag landauf, landab wohl etliche Spruchbänder
präsentiert werden. Bin gespannt. #Ultras
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