Okay, reden wir nochmal über #Langzeitfolgen und warum da oft vieles durcheinandergeht. Eigentlich müssen wir drei Dinge unterscheiden, die man spontan unter dem Begriff verstehen könnte:
a) Dauerhaft anhaltende Folgen
b) Spät erkannte Folgen
c) Spät auftretende Folgen (1/n)
Das Dritte sind eigentlich das, was man fachlich als "Langzeitfolgen" kennt: Folgen einer langen Einwirkung z.B. eines Medikaments. Trotzdem sind natürlich alle drei Kategorien interessant. Gehen wir das also mal Schritt für Schritt für die Covid-Impfungen durch:
(2/n)
a) Chronische/Anhaltende Folgen: Die gibt es ohne Frage, im extrmen Fall fällt hierunter der Tod, aber auch Gefäßschädigungen bei Sinusvenenthrombosen oder das Guillain-Barré-Syndrom - das sind allerdings alles Sachen, die sehr selten auftreten und sich in den Studien und (3/n)
Beobachtungen aus der Anwendung zeigen. Schaut man sich den ausführlichen Sicherheitsbericht des PEI an, dan findet man da viele Informationen transparent dargestellt, inklusive einigermaßen allgemeinverständlicher Zusammenfassungen. Auf Grund der (4/n)

pei.de/SharedDocs/Dow…
sehr hohen Zahl der Impfungen - gerade auch international - und der sehr aufmerksamen Beobachtung können wir auch ziemlich sicher sein, dass da wenig aus Kategorie b) spät erkannte Folgen fehlt - zumindest nichts was schwerwiegend und nicht extrem selten ist - wenn einem (5/n)
einer Milliarde Menschen anch der Impfung der linke Arm abfallen sollte, wird das eventuell nie auffallen, ist aber bis auf die 7-8 Personen auf der Welt, die entsprechend entschädigt werden sollten, auch für die generelle Betrachtung nicht sehr relevant.
Aber was ist mit (6/n)
den beiden Beispielen Pandemrix und Contergan, die von "Impfskeptikern" gern genannt werden?
Fangen wir mit Pandemrix an - hier wurde die Narkolepsie vor allem deshalb "spät" entdeckt, da sie sehr selten auftritt: Bei 31 Millionen Impfdosen und 161 (7/n) de.wikipedia.org/wiki/Schweineg…
Fällen, ist das Risiko etwa 1:200.000!
Mit allein in Deutschland 57 Millionen Impfungen, wären bei einem so geringen Risiko immer noch über 250 Fälle zu erwarten - also würden auch sehr seltene Risiken bei den Zahlen, die wir haben auffallen - und selbst in den jüngeren (8/n)
Altersgruppen dürften die Impfungen inzwischen viel mehr Leben gerettet haben.
Bei Contergan liegt der Fall etwas anders, hier lag nämlich zwischen dem Auftreten der Schäden und dem Erkennen eben dieser eine merkliche Verzögerung von mehreren Monaten - denn die Schädigungen (9/n)
treten in der Embryonalentwicklung 8in den ersten drei Monaten) auf und die Kinder werden erst viel später geboren - weder bildgebende Verfahren, noch die Sicherheitsüberwachung von Medikamenten waren damals ausreichend, um die Zusammenhänge schnell genug zu erkennen. Aber (10/n)
aus dem Contergan-Skandal wurde gelernt! Inzwischen ist die Medikamententestung und -überwachung viel penibler und auch Impfungen werden im für die Entwicklung kritischen ersten Schwangerschaftsdrittel möglichst vermieden, obwohl wir keine Hinweise auf Schäden haben! (11/n)
Sowohl Contergan, als auch Pandemrix haben daher langfristig Medikamente eher sicherer gemacht, weil jetzt klarer ist, worauf man bei der Entwicklung und Testung besonders zu achten hat.
Bleibt c) echte Langzeitfolgen. Kann es die geben?
Die meisten Langzeitfolgen treten (12/n)
bei Langzeiteinnahmen von Medikamenten auf und sind kummulative Schäden oder Gewöhnungseffekte. Da bei Impfungen nichts langzeitig im Körper verbleibt, sind diese beiden Mechanismen nicht möglich. Und nein, die mRNA kann nicht ins Genom eingebaut werden, auch nicht über (13/n)
Reverse Transkriptasen (RT) aus menschlichen Retrotransposons. Diese RTs brauchen eine Übereinstimmung aus RNA und DNA und schreiben dann spezifisch bestimmte RNAs um, würden sie einfach generell mRNA umschreiben und ins Genom integrieren, dann wäre unser Genom allein (14/n)
unsere eigene zelluläre mRNA (Die in viel höheren Konzentrationen vorkommt) völlig zerstört, bevor wir auch nur geboren wären!
Und nein, es gibt auch keine Integrationssequenzen auf der Impf-mRNA!
Aber selbst WENN die mRNA ins Genom einzelner Zellen über einen großen (15/n)
Zufall eingebaut würde, dann würden diese Zellen ja Spike-Protein herstellen, das ihnen keinen echten Vorteil bringen würde, aber sie würden vom Immunsystem angegriffen - die Annahme, dass über einen solchen Mechanismus z.B. Krebs enstehen könnte, ist also sehr weit (16/n)
hergeholt!
Aber etwas bleibt ja doch im Körper: Die Immunzellen und Antikörper - könnten die nicht Langzeitfolgen hervorrufen?
Im Prinzip ja, ABER - beide dekbaren Mechanismen wären wieder bereits sichtbar in den Studien:
Das eine wären Autoimmunerkrankungen bei denen die (17/n)
Immunreaktion fälschlich (auch) körpereigene Strukturen angreift. Viele davon würden sofort sichtbar - so wären solche Mechanismen für die Sinusvenenthrombosen eine mögliche Erklärung.
Theoretisch kann eine Autoimmunerkrankung aber auch erst dann auftreten, wenn schon (18/n)
vorhandene Antikörper durch eine andere Erkrankung die Blut-Hirn-Schranke überwinden und so in einen der wenigen für das Immunsystem wenig zugänglichen Bereiche des Körpers eintreten. Nur wurden in den Studien Menschen mit diversen Vorerkrankungen einbezogen und durch die (19/n)
sehr hohe Zahl an Impfungen ist inzwischen auch die Wahrscheinlichkeit nahezu 100% dass zumindest alle Ursachen für einen solchen Zwischenfall, die nicht extrem selten sind, schon aufgetreten sein müssten - und die dann entstehenden Reaktionen wären eben nicht unauffällig! (20/n)
Man kann sich das an Überlebenskurven von Krebspatienten ganz gut klar machen - da reden wir von langzeitaussichten im Jahresmaßstab, aber es sterben eben nicht alle nach einer definierten zeit, sondern manche früher und manche später - wohl abhängig von vielen inneren und (21/n)
äußeren Faktoren. Bei sehr vielen Betroffenen würden wir also die ersten sehr wohl beobachten können, auch wenn die Folgen im Mittel erst sehr spät auftreten!
Also: "Autoimmunlangzeitfolgen" müssen bei den Impfungen extrem selten oder harmlos sein! (22/n)

Bleibt das Phänomen der infektionsverstärkenden Antikörper (antibody dependent enhancement, ADE), bei dem bestimmte Antikörper eine spätere Infektion schlimmer machen. Das trat tatsächlich bei der Entwicklung mancher Impfstoffe auf, war bei der (23/n)

de.wikipedia.org/wiki/Infektion…
Entwicklung der Covid-19-Impfstoffe daher bekannt und wurde nicht beobachtet. Inzwischen haben wir auch genug Daten von Geimpften, die Kontakt mit dem Virus hatten, aber da auch Impfdurchbrüche im Schnitt milder verlaufen, kann auch ADE kein Problem sein - außer eventuell (24/n)
wieder in extrem seltenen Ausnahmefällen!
Letztendlich muss man natürlich auch erwähnen, dass alle über die Immunreaktion laufenden Mechanismen für Langzeitschäden bei einer Infektion genauso und mit den zusätzlichen Risiken der Infektion aufträten!
Kommen wir zum Fazit: (25/n)
Unbekannte Langzeitfolgen gibt es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Das heisst nicht, dass die Impfungen ohne jedes Risiko sind, aber in der Abwägung um die Sicherheit, spielen die bekannten Risiken - von denen wir wissen, dass sie sehr selten sind (26/n)
und sich teilweise gut behandeln lassen - eine viel größere Rolle, als eventuelle Restrisiken von Langzeitfolgen.
Dem gegenüber steht der gut belegte Nutzen.
Und ja, das sollte die Entscheidung eigentlich sehr leicht machen, oder?
Mäuschen out 🐭 (27/27)
Okay, das war lang und wieder so ein bisschen auch ein Gedankensortierthread, ich hoffe, es bleibt verständlich und wenn irgendwelche Fehler drin sein sollten, gebt bescheid!
Ergänzung zu Pandemrix (Dank an @danny_mst und @dstNjs für die Hinweise): Hier spielt die Blut-Hirn-Schranke tatsächlich eine Rolle und die Diagnose ist nicht trivial. Hätte beides noch gut reingepasst, aber ich wollte den Thread auch nicht überladen 😅
de.wikipedia.org/wiki/Schweineg…

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Schau, ich habe Biologie (und zwei Semester Physik) studiert, mein Diplom und meinen Doktor gemacht und bin sogar danach schon länger an der Uni tätig, als man bei G9 insgesamt auf der Schule war. Ich habe PCRs gefahren (normal, RT, qRT, RACE, nested, touchdown), DNA und (1/11)
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21 Oct
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B*G%*pG

Für Ungeimpfte entsprechend:

B*U%*pU - wobei U% = 1 - G%

(2/n)
Der Anteil Geimpfter an den Gesamtbetroffenen ist also:

B*G%*pG
A% = ----------------------------
B*G%*pG + B*(1-G%)*pU

B lässt sich überall wegkürzen:

G%*pG
A% = ---------------------
G%*pG+(1-G%)*pU

(3/n)
Read 11 tweets
20 Oct
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