Reicht “2G – Lockdown der Ungeimpften” aus, um das Wachstum zu brechen?
Dazu möchte ich einige Überlegungen/Daten zur Diskussion stellen.
Spoiler: Ob 2G ausreicht ist m.E. alles andere als klar.
Thread 1/x
In meinem Modell verteilen sich die wöchentlichen Fallzahlen auf Geimpfte und Ungeimpfte wie folgt.
In der KW 25.10.2021 kommen wir im Modell auf ca. 135.000 Neuinfektionen, davon sind etwa 95.000 Ungeimpfte. 2/x
Um das Wachstum theoretisch stoppen zu können, also um in der KW des 1.11.2021 auf ein Nullwachstum zu kommen, müßten wir 50.000 (also 1/4) der beim aktuellen Wachstum für nächste Woche anstehenden 200.000 Infektionen vermeiden. Das ist sehr viel.
3/x
Das Konzept, das ich in den letzten Tag am meisten lese ist "2G - Lockdown der Ungeimpften". Die Idee ist: Wenn die Ungeimpften zu Hause bleiben müssen, müsste sich der R-Wert absenken. Ziel: Wir brauchen R=1,0 oder weniger um das Wachstum zu brechen.
4/x
Aber um wie viel wird sich der Gesamt-R-Wert durch 2G absenken?
Darauf haben m.E. zwei Aspekte den größten Einfluss: Wie gross der Anteil der Ungeimpften an der Gesamtbevölkerung noch ist und wie stark die Ansteckungsgefahr durch Ungeimpfte im Vergleich zu Geimpften ist.
5/x
Die aktuelle Einwohnerzahl Deutschlands, aufgedröselt nach Geimpft (2. Impfung), Genesen, Unimpfbar (U12), Ungeimpft: 1/3 der Bevölkerung hat keinen aktuellen Schutz vor dem Corona-Virus.
22% sind nicht geimpft und die meisten davon wollen sich auch nicht mehr impfen lassen. 6/x
Um den R-Wert auf 1 zu bekommen in der Woche des 1.11. muss ich in meinem Modell in der nächsten Woche 15% aller Kontakte verhindern. Das ist in etwa das, was wir letztes Jahr mit dem "Lockdown Light" geschafft haben, da ging die Inzidenz ja dann auch seitwärts für 4 Wochen.
7/x
Ab Anfang Dezember muss ich dann im Modell sogar mind. 20% Kontakte verhindern, um R bei 1 zu halten - auch ähnlich zu 2020.
Dies würde die Inzidenz nur stabil halten, für ein Sinken braucht es noch mehr.
8/x
Warum steigt bis Dezember der Bedarf an Kontaktvermeidung an?
Die Ferieneffekte laufen aus, die Saisonalität steigt weiter an (beides wie im Vorjahr) und der Schutz der Impfung vor Ansteckung für diejenigen, die vor 6 Monaten geimpft wurden, sinkt ohne Booster ab.
9/x
Jetzt bleiben viele Fragen:
1. Reicht eine 2G-Regelung, die nur 22% der Bevölkerung betrifft, aus, um die gleiche Wirkung zu haben wie 15% Kontaktreduzierung insgesamt?
10/x
2. Wie effektiv wäre 2G-Regelung überhaupt? Bisher ist Kontrolle von 2G/3G-Regeln in Gastronomie, Einzelhandel, Firmen nicht optimal. Und im Privaten/in Haushalten treffen 2G weiterhin auf Ungeimpfte.
Ist am Ende die Wirkung niedriger als die Zahl 22% erwarten lässt?
11/x
3. Wenn die 22% nicht reichen, müssten dann die U12 auch noch isoliert werden (+10%)? 4. Wie geht man in diesem Kontext überhaupt mit Thema Präsenzunterricht um? 5. Reicht das dann endlich, oder geht es halt eben doch nicht ohne weitere Einschränkungen für die Geimpften?
12/x
6. Und was machen wir Anfang Dezember, wenn wir ggf. nochmals weitere zusätzliche Kontaktreduzierungen brauchen?
Wer die Antworten weiß, darf sie hier gerne drunter schreiben.
13/x
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Modellupdate 1.11.2021: Was wäre die Wirkung einer Notbremse in einer der nächsten 4 Wochen?
Für dieses Modellupdate habe ich 4 Szenarien gerechnet die jeweils in den nächsten 4 Wochen eine drastische Notbremse ziehen, weil die Anzahl der ITS-Patienten zu hoch wird.
Thread 1/x
Für dieses Modellupdate habe ich 4 Szenarien gerechnet und in eine Grafik eingezeichnet. Die Szenarien gehen davon aus, dass am 8.11., 15.11, 22.11, oder 29.11. eine drastische Notbremse gezogen wird (R-Wert Absenkung um 25%), weil die Anzahl der ITS-Patienten zu hoch wird.
2/x
Eine Notbremse am nächsten Montag 8.11. würde ab dem 15.11. anfangen auf die Inzidenz zu wirken und wir würden im Dezember in der Spitze ca. 5.000 ITS-Betten benötigen (lila Linien).
3/x
@ByggvirOfBarley erklärt gut nachvollziehbar, warum Vorhersagen des Inzidenzverlaufs so schwer sind. Die Schlüsselfrage ist: Wie entwickelt sich er R-Wert?
Im September war er unerwartet niedrig. Jetzt ist er unerwartet hoch. Sind deswegen Modelle sinnlos?
Nein. Ein Thread. 1/x
Was wäre denn die Alternative zum Modellieren: Raten? Würfeln? Umfrage machen?
Bei der Dynamik und dem Ärgerpotential, den die Pandemie uns allen machen kann, erscheint mir zumindest der Versuch einer Vorhersage - mit all ihren Problemen - der richtige Weg zu sein.
2/x
Auf eine unsichere Zukunft bereitet man sich vor, in dem man sich verschiedene mögl. Szenarien überlegt und wenn es dabei Szenarien mit schlimmen Folgen gibt, die mit einer nicht-null Wahrscheinlichkeit eintreten könnten, dann sorgt man dafür, dass Folgen abgefedert werden.
3/x
Hier sind 7 Szenarios aus meinem Modell, die bei verschiedenen ITS-Belegungen eine "Notbremse" machen, d.h. den R-Wert landesweit innerhalb von 3 Wochen um ~25% absenken.
Ein Modellierungs-Thread 1/x
Zuerst der Hinweis für Modellagnostiker: Was nun folgt sind keine Vorhersagen, sondern wir vergleichen 7 verschiedene Modellrechnungen um zu verstehen, worin deren Unterschiede liegen - mit dem Ziel eine Einschätzung zu entwickeln, wie es weitergehen könnte.
2/x
Modellrechnungen basieren auf Spreadsheet mit >100.000 Zellen, in dem Ergebnisse von zig Studien eingearbeitet sind, Zahlen von off. Quellen, sowie viele Annahmen und Vereinfachungen. Ein Rückblick auf das Modell gibt es hier: 3/x
Aus der Pandemie heraus gibt es 3 Wege: Kontaktbeschränkungen (will keiner), Medikamente (haben wir nicht) und Impfungen. Helfen uns dann vielleicht diese “Booster” durch den Winter?
Wer hat eine Vorstellung davon, was eine breite Booster-Impfkampagne bringen würde?
Thread 1/x
Ich hatte keine Vorstellung davon… Also habe ich in meinem Modell einige Rechnungen gemacht, um ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche Wirkung Booster haben könnten. Können wir damit die Winterwelle noch stoppen, oder hilft das nur noch fürs nächste Jahr?
2/x
ACHTUNG: Was folgt sind spekulative/experimentelle Modellrechnungen, die nicht das Ziel haben exakte Infektionszahlen für den Tag X vorher zu sagen, sondern es geht darum zu verstehen, wie verschiedene Änderungen der Annahmen den Verlauf der Pandemie im Modell beeinflussen...
3/x
Um als Gesellschaft aus einer Pandemie herauszukommen haben wir drei mögliche Lösungswege.
Ein Frist-Principles-Thinking-Thread über diese drei Lösungswege, wo jeweils das Problem liegt, und was am Ende dabei herauskommen wird.
1/x
OK, nehmen wir an wir haben ein pandemisches, hochansteckendes Virus, das sich weltweit ausbreitet und einen nicht unerheblichen Teil der Infizierten sehr krank macht oder gar tötet. Dann wollen wir uns als Gesellschaft davor schützen.
Dazu gibt es 3 Lösungswege:
1. Lösungsweg: Freiwillige oder unfreiwillige Kontaktbeschränkungen: das wollen und können wir in vollem Umfang immer nur für kurze Zeitphasen durchhalten („Lockdowns“). Drastische Lockdowns können keine Dauerlösungen sein in einer mehrjährigen Pandemie.
2/x
Links: Wie wir denken, dass Impfungen schützen.
Rechts: Wie sie tatsächlich schützen.
Annahme: 84% Schutz gegen Ansteckung 2 Wochen nach der 2. Impfung, dann für 30 Wochen Verlust von 0,8% Impfwirkung pro Woche. 1/x
Mit diesen Annahmen zeichnet mein Modell die Durchbruchs-Infektionen vom RKI als Referenz-Zahlen ziemlich gut nach. 2/x
Ich gehe davon aus, dass die Studienergebnisse aus anderen Ländern nicht 1:1 auf Deutschland übertragbar sein, da jedes Land anders "nach Infektionen sucht" (wir sind da z.B. gar nicht gut), damit sind also die gefundenen Durchbrüche ungenau, was die Waning-Rate beeinflusst.
3/x