#Artikel6: Können wir in Glasgow den Sack endlich zu machen? Eine Halbzeiteinschätzung zur Hausaufgabenerfüllung auf der #COP26.
1/ Die Hausaufgabe der #COP26 besteht darin, eine Lösung für das seit vier Jahren verschleppte Problem des internationalen Emissionshandels zu lösen. Denn daran hängt der in vielfältiger Weise der Abschluss des gesamten Regelwerks zur Umsetzung des Pariser Übereinkommens.
2/Das Problem ist vertrackt und geht auch in Glasgow aktuell nur schleppend voran. Von einem entscheidungsreifen Dokument sind die Verhandler*innen noch meilenweit entfernt. Trotzdem habe ich Hoffnung auf eine Lösung in Glasgow, wie ich hier darlegen möchte.
3/ Zunächst zum Stand vor dem Beginn der 2. Woche der #COP26: Die Unterhändler*innen haben in der ersten Woche in langen nächtlichen, teils informellen Treffen zwei Versionen von Dokumenten aus- und überarbeitet.
4/ Hier gab es ein Hin und Her, so dass die Zahl der Klammern, sprich der umstrittenen Textelemente, und der Entscheidungsoptionen für das „high-level“-Segment der Minister*innen kaum nach unten bewegt hat.
5/ @DrSimonEvans, bekannt für seine „Klammern-Statistik“, zählt einen Rückgang der Klammern von 378 auf 296. Das sagt nicht viel, berücksichtigt man, dass die Verhandlungen in Madrid (#COP25) an weniger als 20 Klammern gescheitert sind, die meisten Artikel 6.4. betreffend.
6/ Art 6.4. regelt den sog. Nachhaltigkeitsmechanismus (kurz: #SDM). Der SDM ist gewissermaßen der Nachfolger des CDM des Kyoto-Protokolls und die meisten Streitpunkte des Scheiterns in Madrid betrafen den Übergang vom CDM zum SDM des Pariser Übereinkommens.
Da es sich hier um etablierte Märkte und Verfahren handelt, sind davon wirtschaftliche und politische Interessen betroffen, die selbstverständlich (verhandlungs-)mächtig zu Buche schlagen.
8/ Umgekehrt erzeugen genau diese Interessen nach vier Jahren einen zunehmenden Druck, endlich zu einer Lösung zu kommen, um die entstandenen Blockaden zu beseitigen. Hierin liegt ein Grund, worum ich dieses Mal optimistisch bin, hier zu einem Ende zu kommen.
9/ Die Streitpunkte waren 4 Jahre die stets gleichen: Wieviel Flexibilität soll es bei der Vermeidung von Doppelzählungen gegenüber den #NDCs geben? Wie hoch sollen die Transaktionen unter #Artikel6 besteuert werden? In welchem Umfang Emissionsrechte des CDM übertragen werden?
10/ Eigentlich ist durch das Pariser Übereinkommen geklärt, dass es keine #Doppelzählungen geben darf. Aber da bei den #NDCs keine Klarheit besteht, besteht auch bei der korrespondierenden Anrechnung von Emissionsrechten aus Artikel keine Klarheit.
11/ Aktuell haben wir z.B. wieder neun (!) Optionen der „Common Time Frames“ für die NDCs auf dem Tisch. Hier liegt die Krux, denn dadurch gibt es viele „Outside NDC“-Optionen mindestens in der Aufbauphase zu einem einheitlichen Berichtssystem für die NDCs.
12/ Viele Entwicklungs- und Schwellenländer, darunter Brasilien, wehren sich gegen einen schnellen Aufbau eines strengen einheitlichen Berichtssystems und bestehen auf „Flexibilität“.
13/ Das sehen die besonders vom Klimawandel bedrohten Inselstaaten, aber auch die Industrieländer anders – die Frage „Strenge bei der Vermeidung von Doppelzählungen“ ist also keine klassische Nord-Süd-Problematik, wie man hieran erkennen kann.
14/ Das gilt generell in Sachen #Artikel6: Die Koalitionen sind „bunt“ und gruppieren sich nicht entlang der üblichen Grabenlinien. Zur Erinnerung: Art. 6 ist am Ende bei #COP25 nicht an Brasilien gescheitert, sondern an einer ungewöhnlichen Front von Brasilien, Indien und China.
15/ Wie sieht es jetzt bei #COP26 mit dem Thema #Artikel6 aus?
Stand, Aussprache zu den Dokumenten der UnterhändlerInnen am Freitag: Erneut geht es um die Fragen „Outside-NDC“-Optionen, dieses Mal hauptsächlich um die Nicht-CO2-Gase wie #Methan, die viele Länder des Südens mangels Messungs- und Erfassungssystemen nicht in den NDCs berichten.
17/ Ich höre daraus den Ruf nach Mitteln zum #Kapazitätsaufbau für eine umfassende Berichtserstattung, auf den das in der vergangenen Woche von der #G20 beschlossene internationale Beobachtungszentrum für Methanemissionen (#IMEO) jedenfalls eine Antwort sein könnte.
18/ Es geht auch wieder um die Besteuerung der zwischenstaatlichen und privaten Handelstransaktionen unter #Artikel6. Hieran haben die Entwicklungsländer schon in Madrid nicht rütteln lassen.
19/ Es ist klug und wäre angesichts der von den #USA befeuerten „Milliarden zu Billionen“-Bewegung in der ersten Woche befremdlich, wenn hier massiver Widerstand gegen eine Besteuerung von Transaktionen im #Emissionshandel zwischen drei und fünf Prozent nicht akzeptiert würde.
20/ Damit dürfte es eigentlich nur noch um die Frage der Fortführung und Übertragung von Rechten aus dem #KyotoProtokoll gehen. Das Problem ist aber ein vorübergehendes, kann mit zeitlichen Befristungen und anderen Methoden des Ausschleichens gelöst werden.
21/ Der wirtschaftliche und politische Druck, in neue Projekte zu gehen ist dagegen mittlerweile so hoch, was auf den Gängen von Glasgower Kongresszentrums zu hören ist, dass das Festhalten am Alten weniger wiegt als die Blockaden für das Neue.
22/ Daher mein verhaltener Optimismus, dass der Sack #Artikel6 dieses Mal endlich zu gemacht werden kann. [Danke @ChFlachsland @GrosseOphoff für das Interesse und RT].

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