Nicht, dass das jetzt eine erstrebenswerte oder wirtschaftlich praktikable Lösung wäre, aber ich finde es faszinierend und lustig. Natrium und Methan als Treibstoff für Schiffe und Flugzeuge würde ohne CO2-Freisetzung verbrennen und ...
...Natriumcarbonat-Aerosole freisetzen, die den ph-Wert der Meere reduzieren und in der Atmosphäre den Strahlungsantrieb reduzieren. Flugzeuge hätten endlich echte Chemtrails aus Backpulver :-)
Wie im Video erwähnt gibt es aber eine Reihe von Problemen: Motoren oder Jets, die Natrium und Methan verbrennen und einen hohen Aerosol-Anteil als Abgas haben, bräuchten eher Jahrzehnte, um sie zur Serienreife zu entwickeln.
Dann ist metallisches Natrium derzeit extrem teuer, und eine Infrastrukur aufzubauen, die Millionen Tonnen Natrium nachhaltig produziert wäre zwar möglich, aber es wäre ein weiter Weg bis dahin.
Man könnte es aus Kochsalz abspalten und müsste die Energie dafür CO2-arm herstellen, also z.B. mit Solarzellen, die mit Solarstrom hergestellt sind, und es würde Chlor anfallen, wobei das ein gefragter Stoff ist, der 1-2€ pro kg kostet.
Ein weiteres Problem ist, dass für Starts und Landungen von Flugzeugen und für Schiffe in Küsten- oder Hafennähe ein anderer Antrieb her müsste, weil die Dinger halt dichten Backpulver-Qualm ausstoßen.
Ich befürchte auch, dass in einem echten solchen Triebwerk noch viele andere Stoffe im Abgas wären, die man nicht haben will, aber das ist noch völlig offen, denn soweit ich das sehe, ist das völlig neue Idee, zu der noch niemand geforscht hat, aber ich kann mich täuschen.
Des weiteren ist mir nicht klar, ob und unter welchen Bedingungen Natriumkarbonat vielleicht doch CO2 an die Atmosphäre abgibt; auf jeden Fall beim Erhitzen, wahrscheinlich auch durch Sonneneinstrahlung.
Völlig unklar ist auch, welche Mengen dafür nötig wären, und wie sich das in der Atmosphäre verhalten würde. Grundsätzlich dürfte es aber die Wolkenbildung erhöhen, aber wenn ein Großteil der Flugzeuge damit würde, könnte das schon was ausmachen.
Das größte Problem aber dürfte sein, dass es sich im Grunde um Geoengineering handelt, und nicht nur mir ist das suspekt. Auf der anderen Seite betreiben wir ständig Geoengineering, indem wir fossile Brennstoffe verfeuern, aber davon wollen wir ja weg.
Geoengineering hat grundsätzliche Probleme: Wir verstehen das System Erde und ihr Klima nur unzureichend, um die Folgen abschätzen zu können, und wir würden damit ein Symptom und nicht die Ursache bekämpfen.
Nichtsdestotrotz kann es Sinn machen, Symptome zu bekämpfen, wenn das nicht zu Lasten der Ursachenbekämpfung geht oder man die Ursache nicht bekämpfen kann oder will. Machen wir bei den Zivilisationskrankheiten in Massen.
Eine andere Kritik an Geoengineering ist, dass es wohl eine Sache ist, die von den Industrieländern über den Kopf der ärmeren Länder hinweg gemacht würde und generell einen Eingriff in die Souveränität aller unbeteiligten Staaten wäre.
In diesem Fall wäre es aber nicht nur Geoengineering, sondern gleichzeitig Umstellung auf einen CO2-negativen Treibstoff, wenn man das Methan künstlich herstellt. Wirtschaftlich klingt das für mich aber alles nicht.
Es würde aber nicht einer gewissen Ironie entbehren, wenn wir einen Treibstoff nutzen würden, dessen Emissionen die Erde kühlen und die Meere entsäuern, die durch bisherige Treibstoffe zu warm und zu sauer werden.
Leider ist es keine realistische Lösung für unser aktuelles Problem, nämlich die Erderwärmung unverzüglich zu stoppen und die 1,5 Grad hinzubekommen, denn ich rechne damit, dass selbst, wenn es eine gute Idee wäre, es wohl viele Jahrzehnte dauern würde, bis es ausentwickelt...
...wäre und hinreichend neue Flugzeuge und Schiffe mit der Technologie im Dienst wären und sich ein Effekt zeigt, und den zu messen wäre auch nicht so einfach und würde wohl viel Jahre dauern.
Dennoch finde ich, dass es eine lustige Idee, die man zumindest mal etwas näher anschauen sollte, denn selbst, wenn wir das 1,5 Grad-Ziel erreichen, ist die Erde immer noch 1,5 Grad zu warm und die Meere zu sauer, und wir wissen nicht sicher, ob Kipppunkte ...
...vielleicht schon überschritten sind oder überschritten werden in den nächsten Jahrzehnten. Was machen dann? Reicht es dann aus, wenn wir aufhören zu emittieren, aber stattdessen aus "natürlichen" Quellen THG ohne Ende in die Atmosphäre strömen?
Die IPCC-Szenarien räumen dem eine geringe Wahrscheinlichkeit ein, und eigentlich sollten sich die Dinge einpendeln, sobald wir aufhören zu emittieren. Nur der Meeresspiegel wird wohl langfristig weiter steigen, wobei die bis zu 3m bis 2300 beherschbar scheinen. Image
Was aber, wenn uns die drei Meter eines Tages zu viel sind oder die Dinge trotz bestmöglicher Anstrengungen aus dem Ruder laufen? Für einen solchen Fall wäre es gut, etwas in der Hinterhand zu haben. Andererseits besteht immer die Gefahr, dass wenn Leute glauben, wir könnten...
...das auch technisch lösen, sie weniger geneigt sind, die Ursachen zu bekämpfen. Ein zweischneidiges Schwert, und wir geben Passagieren auch keine Fallschirme mit, sondern machen die Flugzeuge sicher. Bin innerlich gespalten.
Ich glaube eher nicht, dass das hier eine realistische Lösung ist, aber ich finde es liegt genau an der Beklopptheitsschwelle, wo es sich lohnt, das etwas genauer zu erforschen. Hat jemand von euch von dieser Idee vorher gehört, Natrium und Methan als Treibstoff zu nehmen?
Oder relevante Paper oder Informationen dazu, etwa, wie sich Natriumcarbonat in der Atmosphäre oder im Meer verhalten würde? Habe da spontan nichts zu gefunden.
Und was haltet ihr von der ganzen Sache? Kann jemand abschätzen, welche Größenordnungen an Treibstoff für einen messbaren Effekt nötig wären? Ich bin damit spontan überfordert und müsste mich erst mal schlau machen. Und welche Probleme seht ihr noch?

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