Thread by @pavel23

Viele werden es nicht gerne hören, aber Impfgegnerschaft, oder spezifischer, die Angst vor mRNA-Impfungen und Vektorimpfungen dürfte nicht wesentlich irrationaler sein als die Angst vor genetisch modifizieren Organismen oder Atomkraft.

Beide Technologien, GMOs und Atomkraft, waren mir lange unheimlich, und sie sind es auch noch, aber mittlerweile haben sie für mich diesen unkakulierbaren, apokalyptischen Schrecken verloren, und ähnliches ist mir mit KI und Nanotechnolgie passiert.

Ja, wir können nichts hundertprozentig ausschließen, aber wir können jetzt auch nicht zu 100% ausschließen, dass mRNA-Impfstoffe nach 20 oder 50 Jahren unfruchtbar oder dement machen oder mehr Herz- oder Schlaganfällen führen. Es gibt aber auch keinen guten Grund, das anzunehmen.

Es geht mir hier nicht um die Frage, ob und in welchem Umfang die Nutzung von Atomkraft und Gentechnik sinnvoll oder nützlich ist, sondern nur um Eintrittswahrscheinlichkeiten, Schadenshöhen und das angemessene Niveau von Angst.

Was Atomkraft angeht, hatten wir zwei SuperGAUs, Chernobyl und Fukushima. Beide „as bad as it can get“, das eine mit extremer Freisetzung von Radioaktivität, das anderer in der Nähe eines der am dichtesten besiedelten Ballungsräume der Welt.

Die Zahlen an Toten waren in beiden Fällen vernachlässigbar, Kohle- und Wasserkraft haben hunderte mal mehr Tote verursacht, Kohlekraft hat mehr Radioaktivität freigesetzt, und die Zahl der gesundheitlich Geschädigten ist im Vergleich auch vernachlässigbar, und selbst …

…ein Fukushima oder Tschernobyl pro Jahr wäre nichts, was auch nur eine Delle ins Bevölkerungswachstum der Menschheit machen würde. Im großen Schema der Dinge ist Atomkraft nichts, was einen nachts wach halten muss. Ich hatte jahrzehntelang fast ständig einen Geigerzähler…

…dabei, und zu Beginn von Vorstandssitzungen haben wir mehr aus Spaß immer die Höhe der Hintergrundstrahlung protokolliert. Die einzig nennbare Strahlenbelastungen habe ich beim Fliegen gemessen, bis zu 100 x Hintergrundstrahlung, aber nicht wegen der ganzen…

…russischen Poloniumkiller, vor deren Inkompetenz ich mich auch schützen wollte, sondern der natürlichen Höhenstrahlung.
Und aufgrund der hunderttausenden von stark radioaktiven Appartments in Korea wissen wir, dass auch nach Langzeitbestrahlung mit frappierend hohen Dosen bei…

…den meisten keine Gesundheitsschäden festgestellt wurden. Und die Arbeiter in Tschernobyl, die im Dunkeln durchs radioaktive Wasser gewatet sind, um die Kühlventile zu öffnen, und deren Taschenlampen die Strahlung nicht vertragen haben, leben noch oder sind normal alt geworden.

Ich will jetzt nicht für Atomkraft werben oder sagen, dass man das alles haben will, aber Angst vor Atomkraft halte ich für nicht weniger irrational als die vor mRNA-Impfungen, schaut man sich die Zahlen von Toten und gesundheitlich Geschädigten an.

Eine ähnlich diffuse, apokalyptische Angst wie vor Radioaktivität hatte ich früher vor genetisch modifizierten Organismen. Diese ist aus mehreren Gründen weitgehend verschwunden. Zum einen sind mir im Zusammenhang mit GMOs keine nennenswerten Katastrophen bekannt, obwohl …

…dies seit Jahrzehnten in Freilandexperimenten und auf anderen Wegen massenhaft in die Natur gelangt sind. Mir ist auch nicht ein Todesfall bekannt, der auf Gentechnologie oder ihr Versagen zurückzuführen wäre, und dafür gibt aus meiner Sicht Gründe.

Hauptgrund ist, dass die Natur seit Jahrmilliarden Gentechnik betreibt, ohne sich an Sicherheitsvorschriften zu halten, ohne ethische Skrupel oder Gewissen, und uns laufend mit dem fiesesten attackiert, was sie sich an Giften, Viren, Bakterien, Pilzen und Enzymen ausdenken kann.

Ja, wir können nicht ausschließen, dass wir durch Genalität oder Zufall einen Organismus erschaffen, der uns alle umbringt, aber typischerweise haben GMOs in der Natur auf sich allein gestellt eher schlechte Überlebenschancen. Sie sind auf eine künstliche Agrarumgebung…

…angepasst und können in freier Wildbahn gegen die Vielfalt natürlicher Organismen meist nicht lange bestehen. Viel gefährlicher ist, wenn natürliche Organismen von einem Teil der Welt in die andere gelangen und mangels natürlicher Feinde oder besserer Gene Oberhand gewinnen.

Wenn ihr also Angst vor Atom- oder Gentechnik habt, solltet ihr euch mit Kritik an Impfgegnern echt zurückhalten. Und es gab Katastrophen durch schlechte Impfstoffe, mit hunderttausenden Opfern, die etwa durch die Impfung mit Kinderlähmung infiziert wurden.

Impfungen heute sind relativ sicher, man hat aus den Impfkatastrophen gelernt, und von den Corona-Impfstoffen sind genug Dosen verabreicht worden, dass wir vor großen Überraschungen inzwischen sehr sicher sind, aber eben nicht zu 100%.

Ähnlich verhält es sich mit Atomkraft und Gentechnik. Ja, es sind andere Risikoprofile, und man müsste eher konkrete, zugelassene Kraftwerke und zugelassene GMOs mit spezifischen Impfstoffen vergleichen, und die sind alle so sicher,…

…wie wir in der Lage sind, sie zu machen, und sollten in der Rangliste der Gefahren, die unsere Gesundheit oder unser Leben bedrohen, eigentlich alle unter „ferner liefen“ rangieren.

Hand aufs Herz. Was ist bei eurer Angst vor Gentechnik oder Atomkraft, sofern ihr welche habt, so anders, dass ihr sie im Gegensatz zu Impfangst für rational und begründet haltet?