Thread by @pavel23

Zwei Herzen schlagen in meiner Brust. Einerseits möchte ich mich hier kompakt und präzise äußern, manchmal auch pointiert, aber andererseits möchte ich auch nicht missverstanden werden und mich nicht zu leseunfreundlich ausdrücken.

Ich schreibe hier, weil ich manchmal etwas neues gelernt oder verstanden habe, und das verfestigen, indem ich es aufschreibe, und lasse hier quasi im Open-Source-Stil die Welt an den Ergebnissen meiner Rezeptions- und Denkprozesse teilhaben, und ein netter Nebeneffekt ist, ...

...dass ich auch noch Feedback, Kritik, Ergänzungen oder Korrekturen zurück bekomme. Jetzt gibt es natürlich eine gewisse Versuchung, sich thematisch und stilistisch am Feedback bzw. der Resonanz auszurichten, aber mir widerstrebt das ehrlich gesagt.

Ich möchte hier nicht schreiben, was die Welt, oder konkreter ihr, hören wollt. Manchmal schreibe ich, was ich glaube, dass ihr hören solltet. Meistens aber schreibe ich einfach, was mir gerade einfällt, wenn meine Gedanken getriggert werden.

Dieses mal war der Trigger, das mal wieder eine Diskussion über Für- und Wieder von Atomkraft losging, obwohl ich explizit gesagt hatte, dass es darum nicht geht. Vielleicht sollte ich nicht so streng sein und mich nicht wundern, wenn meine tweets bei anderen Leuten andere...

...Gedankengänge triggern und ich nicht schullehrerhaft erwarten kann, dass die Leute hier beim Thema bleiben; ich schweife ja selbst oft sonst wohin ab. Das zu ignorieren wäre aber viel einfacher, wenn es nicht so nahe an nervigerem wäre:

Das eine nervigere ist, für etwas kritisiert zu werden, das man nicht gesagt hat. Ich frage mich dann: Liegt das jetzt an mir, dass ich mich missverständlich ausgedrückt habe, oder hat da jemand etwas völlig anderes gelesen, als ich geschrieben habe?

Es kommt beides vor, und ich lerne auch daraus, ob ich will oder nicht, und solche Missverständnisse im weitesten Sinne haben sicher Einfluss darauf, was und wie ich hier schreibe. Und hier fühle ich die zwei Herzen in meiner Brust:

Einerseits möchte ich sagen, gebt euch bitte mehr Mühe beim Lesen. Wenn ihr überall so schlampig lest, kein Wunder, dass ihr so aufgeregt seid. Andererseits denke ich: Vielleicht sollte ich mir mehr Mühe beim schreiben geben.

Was diesen Thread hier aber getriggert hat, war die Kritik an diesem Tweet hier, und zwar nicht dafür, was ich gesagt habe, sondern dafür, dass ich nicht etwas dazu gesagt habe, was ich dazu hätte sagen müssen.

https://twitter.com/pavel23/status/1468481252424568835

Das ist per se keine illegitime Form von Kritik, Lügen oder Manipulieren durch Weglassen ist die häufigste weil einfachste Form der Lüge. Wo es dann bei mir aufhörte war aber die Information, die ich demnach hätte hinzufügen müssen, nämlich, dass das keine Schlüsse darüber...

...zulässt, wie gut Impfung vor schwerem Verlauf schützt. Bei näherer Betrachtung fiel mir aber auf, dass das nach Bayesscher Logik falsch ist. Erhöht sich die Gefahr der Ansteckung, erhöht sich auch die Gefahr eines schweren Verlaufs, denn...

...einen schweren Verlauf kann nur haben, wer sich ansteckt, und wenn die Impfung weniger vor Ansteckung schützt, dann schützt sie im Endeffekt auch weniger vor schweren Verläufen.

Was ist jetzt das verantwortungsvollere Verhalten? Einen sachlich falschen Disclaimer dazupacken? Oder knapp und pointiert meine Erkenntnis schreiben, wissend, dass es zu Missverständnissen, auch ehrlichen Missverständnissen kommen wird, wenn ich die falsche Information weglasse?

Tatsächlich geht mir nach zwei Jahren Pandemie das Herumgetapse langsam auf den Wecker. Die meisten Leute hier sind so gut über Impfungen informiert, dass sie eher Tips brauchen, wo sie sich boostern lassen können und nicht, dass sie es sollen.

Kann man aus meinem Tweet auch schließen,dass es sich vielleicht nicht lohnt, sich noch mit aktuellem Impfstoff boostern zu lassen und lieber auf den neuen Impfstoff zu warten. Ja, kann man. Wäre das der richtige Schluss? Für mich nicht, aber für den einen oder anderen...

...kann die persönliche Bewertung anders ausfallen, denn der Schutz der Impfung vor Omicron ist geringer, als ich gehofft habe, und meine Einschätzung ist, dass die meisten Leute ihren Impfschutz überschätzen.

Der Booster ist allein schon sinnvoll, weil noch überwiegend Delta unterwegs ist, aber wie lange es noch Sinn machen wird, den aktuellen Impfstoff zu spritzen, weiß ich nicht, denn je näher ein neuer Impfstoff kommt, umso weniger wird der aktuelle nachgefragt werden.

"Cobra, übernehmen sie" war als Appell and Politik und Verwaltung gemeint, jetzt mit Hochdruck den Rollout eines angepassten Vaccins zu betreiben. Gehe davon aus, dass es das im Labor bereits gibt, aber es soll wohl um die 3 Monate dauern, bis es verfügbar ist, vielleicht länger.

Und ja, es ist ein Dilemma. Den Leuten klar zu sagen, dass ihr Booster sogar ihre Infektionswahrscheinlichkeit mir Omega erhöht, wenn sie sich unvorsichtiger Verhalten als Ungeimpfte, kann auch missverstanden werden, dass sich die "alte Impfung" nicht lohnt, aber drum ...

...herumzureden und zu sagen, "keine Aussage über schweren Verlauf" erhält sicher auch bei nicht wenigen die Illusion, sie wären vor Tod oder schweren Verläufen geschützt, was sein kann oder auch nicht, aber was vor Omicron definitiv schützt sind Masken und Kontaktreduzierung,..

...und ich weiß nicht, ab welchem Punkt der Nutzen von aktuellen Boostern effektiv zum Schaden werden wird, weil die Unvorsichtigkeit der Geboosterten den biologischen Schutz überkompensiert und mehr Leute in Kliniken landen statt weniger.

Ich hoffe, dass wir bald mehr Informationen über die Schwere der Omicron-Erkrankung bei Geimpften bekommen, aber was bisher aus Südafrika kommt, klingt überwiegend nicht gut, mit ein paar Hoffnungsschimmern, aber Omicron scheint kein Spaziergang zu werden.