Ich habe lange überlegt ob ich mich zu #Tuttlingen #Triage äußere.
Aber was hier gerade an Fehlinformationen bewusst von einzelnen Personen&Organisation forciert wird ist dermaßen falsch,dass ich als jemand der tgl. mit Klinikeinsatzplanung zu tun hat einfach nicht anders kann:
Zuerst einmal zum Hintergrund:Das Schreiben entstand zu einem Zeitpunkt in denen der LK zu den am stärksten betroffenen Regionen Deutschlands gehörte,in der auch die umliegenden 10 Krankenhäuser am Limit waren,der Retttungsdienst rotierte.
Man stand also mit dem Rücken zur Wand.
Gleichzeitig kennt es jeder Rettungsdienstler:Ein relevanter Anteil an Einsätzen kommt durch zwei Subkategorien zustande.Einerseits die Pat.,bei denen von vornherein klar ist,dass man sie eigentlich besser Zuhause lassen sollte, die Pflege aber rebelliert.
Mir fallen div. Heime ein,auch in TUT,die für symptomlose Stürze eine klinische Abklärung und einen RTW "verlangen"&mit Anwälten drohen wird der RD nicht zum Erfüllungsgehilfen.
So enden viele Pat. in der Klinik/Notaufnahme die dort nicht hin müssten.
Viel dramatischer ist aber eine andere Gruppe:
Die Pat. die eigentlich gar nicht in die Kliniken wollen.Die eigentlich ihr Recht auf einen würdevollen Tod in der eigenen Umgebung wahrnehmen wollen.
Viel zu oft fahren wir im RD Patienten die eigentlich keine Intensivtherapie
mehr wünschen und realistisch auch nicht mehr von ihr profitieren.
Aber in den Pflegeheimen fehlt oft jegliches Verständnis für diesen und jegliche Dokumententation dieses Wunsches.
Es macht halt Arbeit einen sterbenden Menschen zu begleiten.
Da ist die heilige Dreifaltigkeit der Altenpflege "weiß nicht wo die Doku ist" "Ist nicht mein Patient" und "Komme gerade aus dem Frei/Urlaub wieder" einfacher.
Wir können aus medizinischen Gründen eben nicht nachforschen ob der Pat. nun seinen Willen geäußert hat oder nicht.
Der Pat. erhält also volle (Intensiv)therapie solange bis zwei Tage später die Nichte aus Bielefeld mit der Patientenverfügung aufschlägt und dort jegliche Maßnahmen abgelehnt werden.
Das ist ein enormer Aufwand für... nichts.
Die Quote an Pat. mit entsprechenden Verfügungen ist enorm groß in den Heimen, auf manchen Stationen über 70%.
Gleichzeitig ist es eine Seltenheit,dass die Verfügung in der Akutphase genutzt wird.
Wenn nun eine Kreisklinik die Heime auffordert diese Fälle zukünftig zu vermeiden dann haben sie verdammt nochmal Recht damit.
Denn es ist immer noch der Patientenwille der zählt.
Und der sieht viel öfter als viele Heime glauben eben keine weitergehende Therapie vor.
Das Recht auf Sterben gilt auch für Pflegeheimbewohner und gilt auch für Menschen die Ihren Willen nicht mehr äußern können.
Und die Klinik ist eben NICHT der ideale Ort zum Sterben-dafür gibt es ambulante Palliativmedizin.
Viele Heime ermöglichen dies&haben zu allen Zeiten der Pandemie mit ihren Bewohnern über den "Fall X" gesprochen und dies dokumentiert und halten die Dokumententation griffbereit.
Andere Heime wollen dies nicht - ob hier wirtschaftliche oder religiöse Erwägungen dahinter stehen?
Fakt ist: Das Klinikum/der LK hat nur dazu aufgerufen das alle Heime genau diese Fälle abklären&eben die RD Einsätze für palliative Pat. reduzieren wenn mgl.

Übrigens nicht zum ersten Mal - ein identisches Schreiben gab es bereits im Rahmen früher Wellen.

Ich finde das richtig.
War die Form der Kommunikation richtig?
Vermutlich nicht.

War es inhaltlich schlecht formuliert?
Vermutlich.

Der Kern der Botschaft,dass die Heime ihrer Verantwortung nachkommen müssen ist weiterhin richtig.

Wer sich selbst ein Bild machen will:
landkreis-tuttlingen.de/Aktuelles/Pres…
(Disclaimer: Ich bin im Landkreis Tuttlingen im Rettungsdienst immer wieder als freier Mitarbeiter aktiv. Ich habe kein Geschäftsverhältnis zum Landratsamt oder Klinikum)
Disclaimer 2:
Da das vielleicht ungünstig formuliert ist:Das Ganze ist nicht als Kritik an den Altenpflegekräften gemeint.
Diese sind genauso Opfer der Situation wie ihre Klienten.
Es ist Aufgabe der Träger hier systemisch Abhilfe zu schaffen-und auch für genug Personal zu sorgen
Artikel des Südkuriers zum Thema:
suedkurier.de/baden-wuerttem…
So geht es übrigens auch:
Das Mainzer PALMA Formular liegt in diesem Heim (einer Verwandten von mir) jederzeit griffbereit bei jedem/r BewohnerIn.
Bei Einweisung in die Klinik (die hier nicht mehr angedacht ist) begleitet das Formular den/die BewohnerIn.
unimedizin-mainz.de/fileadmin/klin…

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20 Oct
Szene aus dem #rtwlive:
Die letzte Frage bevor ich die Angehörige anrufe um ihnen mitzuteilen,dass ihr Opa ins Krankenhaus auf ITS muss war die,ob er denn geimpft sei.
"Das wollen die Kinder nicht"war die Antwort der Pflege.

Sekunden später darf ich ihnen erklären (..)
(..),dass der Opa hohes Fieber hat,es um die Lunge schlecht steht,die Sättigung katastrophal schlecht ist und er stark verwirrt sei.

Wir kennen das Spiel.Wir fahren ihn auf ITS,dort wartet die NIV bereits.
Er wird es vermutlich nicht schaffen und umringt von Menschen in(..)
(..) Vollschutz sterben.
Allein.

Aber Hauptsache ihr habt "so viel schlechtes über die Impfung gehört.Und er sei ja so alt,da muss man vorsichtig sein wegen der Folgeschäden."

Sorry,mir fehlt mittlerweile jegliches Verständnis.

#Impfpflicht jetzt. Punkt.
#Covid #Covidioten
Read 5 tweets
16 Aug
Angeregt von einem Tweet von @KielTrixie:
2015 saß ich in einer der durchlaufstärksten Erstaufnahmeeinrichtungen Ostdeutschlands und verantwortete die medizinische Betreuung.

Ich dachte ich schreibe mal was damals "los" war - und was Herr @ArminLaschet vergisst:
Ein Thread
@KielTrixie @ArminLaschet Wir haben mit weniger als einer Woche Vorlauf ein Team aus engagierten Hauptamtlichen, motivierten Ehrenamtlichen (oft selber mit Migrationshintergrund - Menschen die oft nur 6 Monate Vorsprung hatten) und vielen Kontakten, u.a. zu Unikliniken, etc. aufgebaut.
@KielTrixie @ArminLaschet 24/7 mehrere hundert Flüchtlinge direkt von der Grenze sichten, triagieren, entscheiden ob jemand lebensbedrohlich erkrankt, infektiös, eigen- oder fremdgefährdend ist - das konnten unsere Leute binnen Tagen.
Read 17 tweets

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