Ich habe in der letzten Zeit aus persönlichen Gründen viele Medienanfragen abgelehnt. Deshalb möchte ich diesem Wege versuchen ein paar der Fragen zu beantworten, die an mich gestellt wurden. Ich tweete aus dem Auto, deshalb kommt die Literatur dazu später #Omicron #RapidTests
Erste Frage: wie schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit einer nächsten Welle ein?
Antwort: sehr hoch. Die Daten aus England und Dänemark zeigen ganz klar, dass wir eine nächste Welle erwarten müssen. Und wahrscheinlich wird sie sogar ausgeprägter werden, da wir weniger Genesene und
Geimpfte haben als in England zum Beispiel. Außerdem werden wir viele Infektionen nicht erfassen, weil wir weniger testen als die Engländer (10x weniger in Durchschnitt). Dies zeigt sich auch an der höheren Sterblichkeit (2-2.5x), die wir in Deutschland haben
im Vergleich zu England bei ähnlicher Demografie.
Frage: werden unsere Krankenhäuser wieder voll laufen.
Antwort: Ja, denn selbst wenn wir eine geringere Schwere an Erkrankung annehmen, werden die Infektions- Zahlen so substantiell sein, dass wir selbst bei einer geringen
Hospitaliserungsrate, die Kapazitäten, die sowieso gerade schon limitiert sind (v.a. aufgrund der aktuellen Welle und des Pflegenotstands) aller Wahrscheinlichkeit überschreiten werden, wenn wir keine zusätzlichen Kontrollmaßnahmen durchsetzen. Dies hat gravierende Folgen, für
Die Personen in der Versorgung, die an die Grenzen gebracht werden, die Menschen, die mit COVID nicht mehr optimal versorgt werden können, und andere Menschen, deren OPs und Interventionen verschoben werden.
Antwort: diese Antwort kennen wir schon. Es ist das Schweizer Käse Modell images.app.goo.gl/m58CY4Q5jMshAf…
Und die wichtigsten Komponenten sind 1) Impfen, impfen + impfen 2) Abstand 3) Masken in Innenräumen und wenn der Abstand nicht eingehalten wird
4) Lüften 5) Testen 6) Kontake reduzieren: in der Arbeit (Home Office wenn möglich, und im Privaten) 7) Mischung von Kontakten vermeiden (d.h. stabile Gruppen wie erweiterte Familie oder Kindergarten). Das ist gerade wichtig jetzt nach Weihnachten. Mischung zu Silvester vermeiden
8) bei Erkältungssymptomen Kontake noch einmal zusätzlich vermeiden
Und jetzt noch ein paar Worte zum Impfen und Testen
Impfen reduziert das Risiko einer schwere Erkrankung und das von Long COVID. Deshalb sollten sich alle Menschen, die ein Risiko haben, impfen.
Das trifft zu auf alle Menschen über 11 Jahre. Zum Risiko einer schweren Erkrankung
Durch Sars Cov2 und dem Schutz der Impfung wurde bereits genug geschrieben. Dieser Schutz scheint auch durch eine Zwei-Fach Impfung bei Immungesunden und Jungen Menschen für Omicron gegeben.
Alle anderen sollten sich unbedingt Boostern lassen zum Eigenschutz.
Aber ein anderer
Grund zum Boostern ist der Schutz des anderen. Den Boostern verhindert eine Infektion und damit eine Übertragung auf andere, das kann der ältere Vater sein, oder der junge Freund der aufgrund einer Vorerkrankung ein hohes Risiko hat. Oder der Unbekannte im Supermarkt.
Und wie steht's mit dem Testen
PCR Test: die allermeisten PCR Tests können Omicron erkennen aber nicht als Omicron Variante von anderen Varianten differenzieren
Antigentest: die allermeisten Antigentests erfassen Omicron aber auch Antigentests können nicht differenzieren.
Um sicher zu gehen für jeden einzelnen Test muss man neu validieren. Am besten wäre die Validation in klinischen Studien, aber dies dauert lange und ist aufwendig. deshalb wird es vor allem in Laborstudien gemacht. Diese sind aber oft schwierig vergleichbar.
Quelle für Antigen:
finddx.org/wp-content/upl…
Diese Studie zeigt geringere Sensitivität. Und eine andere für die es noch keine Quellangabe gibt, zeigt vergleichbare Sensitivität.
All diese analytischen Studien vergleichen Sensitivität für gleiche Viruslast. Sind beantworten aber nicht die klinische Frage, wie gut eine Infektion in frühen Stadien erkannt wird. Ohne klinische Studien kann man hier von Studien der Viruskinetik extrapolieren.
Diese Studien untersuchen die vorhandenen Virusmengen über die Dauer der Erkrankung. Von diesen Studien wissen wir, dass mit Omicron früh sehr gut im Nasen-Rachen Raum sich viel Viruskopien produzieren kann. Und davon können wir ableiten, dass die Test in der frühen Phase der
Infektion gut anschlagen sollten. Das ist bei Delta so gewesen und wird bei Omicron ähnlich sein. D.h. Zusammenfassend können wir noch nicht sagen, ob wirklich alle Tests gleich gut Omicron erkennen, aber wahrscheinlich ja und wahrscheinlich kennen sie weiterhin besonders gut
Die frühen Infektionen mit hoher Viruslast, die für die meisten Übertragung verantwortlich sind.
Und noch eine Aussage zu Schnelltests im Geimpften. Von den excellenten Daten zur Viruskinetik in Geimpften mit Delta wissen wir dass die Kinetik in der frühen Phase gleich ist im Vergleich zu Ungeimpften und nur der Abfall der Viruslast bei Geimpften schneller abfaellt
Das heißt die Tests sollten in der frühen Phase der Erkrankung bei Geimpften und Ungeimpften gleich gut funktionieren
Quelle nejm.org/doi/full/10.10…
Und nachdem Geimpfte weniger häufig symptomatisch sind, ist das häufige Testen von asymptomatischen Personen (Mind 3x pro Woche) noch wichtiger. Und bei Symptomen nicht vergessen, ein einmaliger Schnelltest reicht nicht aus um eine Infektion auszuschließen thelancet.com/journals/lanin…
Besser ist die PCR.
Und damit ende ich. Ich hoffe ich konnte ein paar Unklarheiten ausräumen.
Zusammenfassend wäre ich lieber für 1hr in einem Zimmer mit Jemand, der gerade mit einem guten Schnelltest getestet wurde, als mit Jemandem, der Geimpft oder Genesen ist, weil dann wüsste, dass die Person mit ziemlicher Sicherheit keine hohe Viruslast im Nasen Rachenraum hat
Aber Trotzdem müssen wir Impfen, weil Impfen den einzelnen vor schweren Erkrankungen schützt, weniger Menschen erkranken laesst und auch bei einer Erkrankung die Viruslast insgesamt verringert und damit weniger Virus weitergetragen wird
Zahlen steigen und die Konsequenzen bleiben aus. Wenn wir solch hohe Infektionszahlen akzeptieren, dann akzeptieren wir
- Arbeitsausfälle durch Quarantäne
- Klassenschließungen
- Todesfälle bei Menschen, die sich nicht adäquat schützen können
- Die Durchsuchung unserer Kinder, ohne zu wissen, was das für die Kinder bedeutet
- Verzögerung anderer wichtiger medizinischer Eingriffe in den Universitätskliniken
.....und vieles mehr.
Dabei muss es doch kein Lockdown sein, um hier den Entwicklungen entgegen zu wirken.
Einfache Massnahmen sind effektiv:
- Masken in Innenräumen
- Abstand
- Testen mit Schnelltests, wann immer die oben genannten Massnahmen nicht durchführbar sind, egal ob geimpft/ genesen
UK genehmigt Priorisierung der ersten Dosis des Vakzins. Ein Gewinn fuer den Public Health Ansatz! Der Schutz nach einer Dosis ist ~80%. Hatte dies schon vor 4 Wochen angeregt (siehe tweet unten). :) gov.uk/government/new…
Angesichts der Knappheit des Impfstoffs, sollte dies auch in Deutschland ueberlegt werden.
Vorschlag fuer eine Strategie:
- Lockdown bis Track and Trace wieder machbar ist
(auf alle Faelle <50/100,000)
- Ausweitung der Testung mit niedriger Schwelle zum Testen (jegliche Symptome oder Hoch-Risiko Kontakt)
- national Teststrategie, die PCR und Schnelltests kombiniert
Für die noch Unentschlossenen was die Planung für die Feiertage angeht. Am besten wir bleiben zu Hause in kleinem Kreis oder eben mir Vorquarantaene von 10d oder 5d + Schnelltest.
Coronavirus and public holidays: what the data say nature.com/articles/d4158…
Natürlich habe ich Schnelltests Zuhause. Und ich fühle mich privilegiert dafür. Ich Frage mich wieviele Personen im medizinischen Bereich hier auch Ihr Privileg nutzen, während es vielen anderen verwehrt ist.
Bitte alle Antworten. Wer ist medizinischen Personal und wer nicht und wer hat Schnelltests und wer nicht
Ich denke, ein Grundproblem in der aktuellen Konversation ist, dass die Meinung der Virologen dominiert und man die epidemiologische/Public Health Perspektive nicht in Betracht zieht. Ich zeige dies einmal anhand der Diskussion um Antigen #schnelltests aufzeigen
1. Nicht perfekte Tests koennen grossen Impact haben: Es gibt exzellente Daten aus der Modellierung zu SARS-CoV-2, die zeigen, dass ein nicht perfekter Test, wenn richtig angewandt, Ausbrüche verhindern/reduzieren kann. jamanetwork.com/journals/jaman…
Die Viruslast in asymptomatischen versus symptomatischen Personen, die mit SARS-CoV-2 infiziert sind, ist vergleichbar (zumindest in Erwachsenen), wie kürzlich glaubhaft in Studien gezeigt.medrxiv.org/content/10.110…