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Jan 10, 2022 24 tweets 13 min read Read on X
Update #Kazachstan
Die Wucht der Ereignisse lässt nach.
Nun kann man sich "tieferen" Fragen widmen, wie etwa der zuletzt oft gestellten Frage:
"Wurden die Proteste von außen initiiert/angefacht/koordiniert?"
Im Thread ein Klärungsversuch mit einigen "Pros" und "Contras"👇
(1/24)
Zuerst die "Pros".
Dass insbesondere Exil-Kasachen aus dem Ausland die Proteste medial anfachten, ist unumstritten.
Die Exilanten erklärten das nämlich selbst ganz offen und mit viel medialem Aufsehen...vermutlich, um bei der EU aufzufallen.
#Kasachstan #Kazachstan
(2/24)
Das Vorzeigebeispiel ist da der kasachische Exil-Oligarch und Ex-Bankier Abljazov.
Während der Proteste gab er Interviews aus Paris ab, rief die Protestler in #Kasachstan zum Regimesturz auf und bezeichnete sich selbst großspurig als den "Anführer der Proteste"
#Kazachstan
(3/24)
Zuletzt legte er noch einen drauf und erklärte, er habe den US-Präsidenten sowie Staatschefs der EU angeschrieben und Sanktionen gegen #Kasachstan gefordert.
Abljazov will offensichtlich in einer Reihe mit Tichanovskaja und Co wahrgenommen werden.
#KazakhstanProtests
(4/24)
Die EU reagierte darauf aber extrem verhalten.
Kein Wunder.
Abljazov ist einst aus #Kasachstan geflohen, weil er dort wegen Korruption, Großbetrug, Steuerdelikten etc. angeklagt wurde.
Ein Exil-Oligarch als die neue "EU-Hoffnung"?.. das war wohl selbst für Brüssel zu viel.
(5/24)
Im Sinne der oben gestellten Fragestellung, ist es aber natürlich eine klare Antwort.
Ja, die Proteste wurden auch aus dem Ausland angefacht...allerdings eher von Exilanten.
Das ist keine Interpretation, sondern eine Tatsache, die von den Exilanten eben selbst betont wurde
(6/24)
Zugleich lässt sich dies nicht automatisch etwa mit dem Umbruch in der #Ukraine vergleichen. Dort gab es wirklich eine offene politisch-diplomatische Intervention des Westens.
EU-Vertreter feuerten die Proteste an, schlossen mit Janukowitsch einen Deal und brachen ihn zugleich
7/
Janukowitsch selbst erklärte später, Steinmeier habe ihm mit dem Deal eine "Falle" gestellt.
Anderes banales Beispiel:
In Kiew hatte Nuland damals Kekse verteilt. US-Geheimdienste waren (und sind) in Kiew auf das Äußerste aktiv.
Das alles sieht man in #Kasachstan NICHT.
(8/24)
Zumindest nicht offen.
Dass sich insbesondere die USA Zentralasien längst als ein Ziel ausgesucht haben, um Russland zu schwächen, ist unumstritten.
Woher man das weiß?
Na ganz einfach. US-Thinktanks veröffentlichten die Pläne schwarz auf weiß🤷‍♂️👇
(9/24)
rand.org/pubs/research_…
So ist in einer Analyse der berüchtigten RAND-Corporation mit dem unmissverständlichen Titel "Overextending and Unbalancing Russia" (Russland überdehnen und destabilisieren/aus dem Gleichgewicht bringen) Zentralasien klar als eine der "Stoßrichtungen" aufgeführt
#Kasachstan
(10/
Die Analyse erschien in einer Kurz- und in einer Langfassung.
In beiden ist Zentralasien (wo #Kasachstan natürlich das wichtigste Land ist) aufgeführt.
Generell liest sich die Analyse wie eine penibel genaue Beschreibung der US-"Offensivrichtungen" der letzten Jahre.
(11/24)
Da ist wirklich alles aufgeführt, was in den letzten Jahren auch real eingetreten war.
Waffen an die #Ukraine ? Ja.
Rebellen in #Syrien ? Ja.
#Belarus ? Ja.
Süd-Kaukasus? Ja. (Karabachkonfikt)
Zentralasien? Seit einer Woche nun auch mit einem "Ja" zu beantworten.
usw.
(12/24)
Interessant ist in diesem Sinne auch, dass die US-Analysten sich durchaus bewusst waren, dass Zentralasien für sie eine schwierige Region sein wird.
Es werde "sehr schwierig und könnte teuer werden".
In der Tat. Jetzt sehen wir, dass es ja auch nicht gelungen ist.
(13/24)
Auch solche schöne Grafiken zu Erfolgsaussichten werden von den Analysten präsentiert.
Man sieht, für Zentralasien waren die Aussichten doch von Anfang an eher schlecht.
Geringe Erfolgswahrscheinlichkeit, geringe Profite aber "moderate" Kosten und Risiken.
#Kasachstan
(14/24)
Die öffentlich zugänglichen Analysen der RAND sind ziemlich unmissverständlich, wenn auch recht allgemein formuliert in ihrer Schreibweise.
Man kann aber getrost davon ausgehen, dass die nicht-öffentlichen Fassungen für die US-Ministerien da dann deutlich detailreicher sind
15/24
Apropos.
Nicht nur die "geopolitischen Maßnahmen" lesen sich wie eine eins-zu-eins Beschreibung/Vorhersage.
Die wirtschaftlichen ebenfalls:
- Behinderung der Ölexporte? Ja.
- Behinderung von Pipeline-Erweiterungen? Ja (Nord Stream 2).
- Sanktionen? Ja.
usw.
(16/24)
So.
Jetzt kommen wir zu den "Contras".
Trotz der offenen Unterstützung aus dem Ausland sowie den bekannten US-Plänen und -Analysen für die Region gibt es auch einige Aspekte, die die "Pros" wenn nicht komplett widerlegen, so doch zumindest stark relativieren.
#Kazakhstan
(17/24)
So ist es eine Sache, wenn Exil-Oligarchen aus Paris große Töne spucken und zu einer Revolution aufrufen oder US-Thinktanks Pläne anstellen.
Das Andere ist aber, dass Menschen vor Ort auch wirklich bereit sind, diesen Aufrufen zu folgen und ihren Kopf hinzuhalten.
(18/24)
Damit Menschen das machen, braucht es ausreichend Konfliktpotential innerhalb einer Gesellschaft und leider ist dieses Potential in #Kasachstan vorhanden.
Es ist ein riesiges Land mit einer teils extrem heterogenen und gespalteten Gesellschaft.
#KazakhstanProtests
(19/24)
Die kasachische Gesellschaft besitzt mit ihren zahlreichen pro-russischen, anti-russischen, radikal-muslimischen, säkularen, separatistischen Gruppen zahlreiche Konfliktlinien.
Zwischen dem eher pro-russ.Nodern und dem anti-russ.Süden liegt eine regelrechte Bruchstelle.
(20/24)
Unter diesen Bedingungen war es ein leichtes, dass die wirtschaftlichen Turbulenzen (explodierende Gaspreise) dazu geführt haben, dass all die Konfliktlinien aufgebrochen sind und die anfangs friedlichen Proteste von Radikalen unterwandert und ausgenutzt wurden.
#Kasachstan
(21/
Hinzu kamen natürlich die erbitterten inneren Machtkämpfe zwischen dem Nasarbajev-Clan (Ex-Präsident) und Toqajev (aktueller Präsident).
Der Nasarbajev-Clan nutzte die Proteste anscheinend bewusst für seine Interessen.
Mehr zur "Revolution von oben" hier👇
Fazit.
Ja, die Proteste in #Kasachstan wurden aus dem Ausland angefacht, insb. von Exil-Kasachen und teils dubiosen Exil-Oligarchen.
Hinweise auf eine direkte Intervention des Westens bei den Krawallen gibt es aber NICHT, obwohl die Region absolut im Visier der USA ist.
(23/24)
Fazit 2.
Viel eher ist #Kasachstan aufgrund der Machtkämpfe innerhalb der Elite, der dadurch wuchernden Korruption sowie aufgrund zahlreicher gesellschaftlicher Konfliktlinien und den sich nun zuspitzenden Wirtschaftsproblemen fast schon prädestiniert für Protestausbrüche
(24/24)

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Oct 25
Update #Ukraine
Heute mit Fokus auf die gegenseitigen Langstreckenangriffe mit Drohnen.
Täglich schicken die Seiten Hunderte Drohnen ins Hinterland des Gegners.
Eine 100%-ige Abwehr gibt es nicht.
Und Drohnenunfälle über AKWs zeigen, welche Risiken im Spiel sind.
Thread👇
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Der #Ukrainekrieg ist zum ersten vollumfänglichen Drohnenkrieg geworden.
Drohnen, und wer sie effektiver einsetzt, werden den Ausgang des Krieges bestimmen.
Außer dem Einsatz unmittelbar auf dem Schlachtfeld sind sie auch zur Hauptschlagkraft bei Langstreckenangriffen geworden
2/ Image
Für Kiew sind Langstreckendrohnen zum Ersatz für ballistische Raketen geworden.
Ukr. Drohnen wie zB vom Typ Ljutij attackieren Ziele tausende Kilometer entfernt von der Front.
Zunächst nur als Kamikaze-Version können einige von ihnen mittlerweile auch Abwurfbomben transportieren. Image
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Oct 18
Update #Ukraine
Im Überblick:
- "Rasputiza" setzt an, weite Teile der Front erlahmen;
- erste Glasfaserdrohnen erreichen Kramatorsk, in Kupyansk zerfällt die Verteidigung;
- Putin telefoniert mit Trump, Trump empfängt Selenski: ein politisches Gezerre um Tomahawks
Thread👇
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Im #Ukrainekrieg setzt allmählich die "Rasputiza" an, also die Schlechtwetterperiode im Herbst und Frühling, welche weite Teile der Front aus natürlich Gründen lahmt.
Felder werden zu Schlamm, unbefestigte Straßen lassen sich auch mit Militärfahrzeugen schwer überqueren.
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Selbst unter diesen Zuständen toben im Regionaldreieck Zaporizhya-Dnipro-Donbass schwere Kämpfe mit gegeneinander laufenden lokalen Offensiven.
So stießen Russen bis nach Yehorivka vor.
Gleichzeitig machten UKR auf der Achse Verbove-Sosnivka-Sitschneve einigen Boden wieder gut. Image
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Oct 10
Update #Ukraine #USA #Venezuela
Es mehren sich Hinweise, dass Washington Tomahawks an Kiew liefern will.
Gleichzeitig könnte eine US-Invasion in Venezuela bevorstehen.
Warum diese Ereignisse in unterschiedlichen Teilen der Welt miteinander verknüpft sein könnten.
Thread👇
(1/25) Image
Washington will Tomahawk-Marschflugkörper an die Ukraine liefern - dies scheint mittlerweile trotz zahlreicher "abers" bestätigt zu sein.
Die Marschflugkörper sollen endlich den "game changer" spielen, der zuvor durch andere Systeme (Leos, HiMARS, F16 etc) nicht erreicht wurde
2/ Image
Trump erklärte dazu, er habe im Prinzip die Entscheidung getroffen, müsse aber noch einige Detailfragen klären.
Sein Sondergesandter Kellogg sagte, er gehe davon aus, dass die Entscheidung fest stehe…auch bezüglich der Frage ob und wie tief ins russ. Territorium es gehen darf.
Read 25 tweets
Oct 3
Update #Ukraine
Im Überblick:
- schwere Kämpfe bei Velika Novosilka und Pokrowsk, Russen rücken tiefer ins Dnipro-Gebiet vor;
- massive gegenseitige Angriffe auf Energieinfrastruktur und Logistik;
- Trumps 180-Grad-Wende: Spekulationen um neue ukr. Gegenoffensive.
Thread👇
(1/25) Image
Der #Ukrainekrieg tobt erbittert weiter.
Schwere Kämpfe finden im Regionaldreieck Zaporizhya-Donezk-Dnipro statt, wo russ. Truppen schrittweise immer tiefer ins Dnipro-Gebiet vorrücken.
Im Laufe der letzten Wochen fiel eine Reihe von Ortschaften bis westwärts nach Verbove.
(2/25) Image
Insgesamt bildete sich dadurch zwischen dem Vovtscha-Fluss und Poltavka ein tiefer Keil ins Dnipro-Gebiet.
Weiter nördlich können sich Zelenyj Hai und Oleksandrohrad dagegen weiterhin östlich des Vovtscha-Flusses halten ... trotz der erschwerten Versorgung über den Fluss.
(3/25) Image
Read 25 tweets
Sep 24
Update #Drohnen
Im Überblick:
- neue Einsicht zu Glasfaserdrohnen und ihrem wachsenden Einsatz;
- mit KI und Karten-Boden-Abgleich: wie Navigation und Steuerung von Drohnen evolvieren;
- Phänomen "Geranien": wie ehemalige "Shaheds" zur Massendrohne des Krieges wurden.
Thread👇
1/ Image
Der Einsatz von Glasfaserdrohnen im #Ukrainekrieg nimmt rasant zu.
Erst vor rund einem Jahr aufgetaucht, etablierten sie sich fest in der modernen Kriegsführung und übernahmen schnell Nischen, in denen herkömmliche Funkdrohnen nicht agieren können👇
(2/25)
Ihr entscheidender Vorteil ist, dass sie gegen Störsender unempfindlich sind, sodass sie Missionen übernehmen, bei denen Funkdrohnen nicht agieren können.
Eine davon sind "Zhdun"-Angriffe: also Angriffe mit Drohnen, die auf vorbeifahrende Ziele warten...
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Sep 15
Update #Ukraine
Im Überblick:
- Zaporizhya: ukr. Gegenoffensive bei Velika Novosilka und Pokrowsk zum Erliegen gekommen;
- Operation "Pipeline 3.0": Russen rücken in Kupyansk über das Pipelinesystem ein;
- russ. Drohnen über Polen: Reaktionen und Nachwirkungen.
Thread 👇
(1/25) Image
Der #Ukrainekrieg tobt erbittert weiter.
In Zaporizhya hat sich die Lage westlich von Velika Novosilka wieder gedreht.
Zur Erinnerung:
vor rund 2 Wochen begannen UKR eine Gegenoffensive im Regionaldreieck Zaporizhya-Donbass-Dnipro👇
(2/25)
Nach einigen Bodengewinnen erlahmte die ukr. Gegenoffensive allerdings schnell.
Die Russen übernahmen wieder die Offensivinitiative.
Innerhalb rund einer Woche eroberten russ. Sturmtruppen ein halbes Dutzend Ortschaften zurück und drangen wieder bis an den Vovtscha-Fluss vor.
(3/ Image
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