Derzeit wird diskutiert, ob Lockdowns vielleicht keine Wirkung gehabt haben könnten. Ursprung der Überlegung ist: In Ländern mit hohem Level an Beschränkungen (nach Oxford Stringency Index) sieht man nicht weniger sondern eher mehr COVID-19 Todesfälle (in der ersten Welle).
(1/N)
Das ist erst mal eine Korrelation, keine Kausalität. Die zentrale Frage, die sich stellt: Führt der Lockdown (hohes Level der Beschränkung) zu mehr Todesfällen, oder führen hohe Level an Todesfällen (bzw. hohe Inzidenz) dazu, dass starke Beschränkungen ergriffen werden?
(2/N)
Oder ist beides nur korreliert, aber kausal gibt es kaum einen Zusammenhang?
Die Herangehensweise, die wir und andere Arbeitsgruppen wählen (z.B. science.org/doi/10.1126/sc…), um die Frage der Wirksamkeit von Maßnahmen wie z.B. Lockdowns zu untersuchen, ist eine also andere:
(3/N)
Man fragt, ob der R-Wert sich etwa zum Zeitpunkt der Maßnahmen geändert hat. Der R-Wert sollte sinken, wenn eine wirksame Maßnahme umgesetzt wird. Das gilt für beides, für hohe und für niedrige Inzidenzlevel. Im Idealfall sieht man einen ähnlichen Effekt in vielen Ländern.
(i/N)
Auch das ist keine kausale Intervention. Besser wäre es, eine randomisierte Studie zu machen, also in einigen zufällig gewählten Ländern oder Regionen ein Set von Maßnahmen gemacht, in anderen Regionen ein anderes Set. Danach beide vergleichen. Aber das ist schwer umsetzbar
(i/N)
Wie viele Todesfälle durch eine Maßnahme vermieden werden, hängt u.A. davon ab, wie früh in der Welle sie umgesetzt werden (das sagt die Studie klar) - und natürlich, wie gut die Maßnahmen umgesetzt werden.
(i/N)
Schlussfolgerung: Es scheint naheliegend, dass in der ersten Welle frühes Reagieren einen klaren Vorteil hatte; da sind sich viele einig. Aus der Korrelation zwischen Todesfällen und "Stringency" der Maßnahmen kann wenig über die Wirkung eines Lockdowns hergeleitet werden.
(i/N)
In Dänemark sieht ma, dass die vorherige Immunisierung gegen schweren Verlauf hilft. - In blau die Inzidenz, in hell- und dunkelrot die Hospitalisierung und Intensivbelegung - so skaliert, dass die Winterwelle (Jan 2021) die selbe Höhe hat. 1/N
Jetzt steigt die Inzidenz (blaue) wesentlich stärker als die Hospitalisierungen (rot).
Das sind die selben Daten wie oben, nur seit September aufgetragen. Es gibt etwa 3-5 mal weniger Hospitalisierung je beobachtetem Fall, beim aktuellen Immunitätsstatus in DK.
(2/N)
Aber: Man sieht auch, dass die Hospitalisierung in DK jetzt wieder so hoch ist wie im letzten Winter (rund 600 Neuaufnahmen je Millionen).
Die Neuinfektionen sind derzeit entspr. um ein Vielfaches höher als damals (aktuell ca. 3500 pro Mill. pro Tag). ourworldindata.org/explorers/coro… 3/N
Die Inzidenzen steigen in vielen europäischen Ländern deutlich an.
Der effektive R-Wert ist typischerweise zwischen 1,3 und 2. Die Fallzahlen steigen also um einen Faktor 2 bis 4 je Woche.
(1/N)
In Deutschland steigt die Gesamt-Inzidenz noch nicht. Aber man sieht den Anstieg von Omikron – mit etwa einem Faktor 2-3 je Woche.
Der Anstieg der Omikron-Fallzahlen ist noch vom Rückgang der Delta-Welle verdeckt (und durch die mäßige Datenlage über den Jahreswechsel).
(i/N)
Ein Blick auf die Nachbarländer lässt erwarten, dass hier die Inzidenz in allen Bundesländern bald deutlich steigt. Mit den aktuellen Vorsichtsmaßnahmen und dem Boostern kann man den Anstieg abbremsen, aber wahrscheinlich nicht verhindern.
(i/N)
Wie werden sich die #Omikron-Fallzahlen entwickeln, und wie sieht die entsprechende Krankenhausbelastung aus?
Ein langer Thread über unseren Preprint: arxiv.org/abs/2112.12062
(1/N)
Für alle, die hieraus vielleicht zitieren: Bitte die Quellen verlinken.
Ich spreche für mich selbst, nicht für einen Expertenrat. Mir ist Transparenz sehr wichtig, deswegen die Ausführung hier. Sie spiegeln den aktuellen Stand meines Wissens wieder.
(z/N)
Omikron ist im Detail aktuell schwer vorhersehbar, da wir zum einen wenig über die aktuellen Omikron-Fallzahlen in Deutschland wissen, und da wir wenig darüber wissen, wie gut genau genesene und geimpfte gegen einen schweren Verlauf geschützt sind.
(2/N)
Danke für die Unterstützung.
An alle, die mir persönlich oder hier auf Twitter oder auch nur in Gedanken Rückhalt geben, wie Armin Nassehi und viele andere (unten).
(1/N)
Mich selbst erschüttert das recht wenig. Es ist ja nichts anderes zu erwarten.
Sehr problematisch finde ich, dass damit das Vertrauen in die Wissenschaft untergraben wird. Wie sollen wir ohne wissenschaftliche Basis den Klimaveränderungen entgegentreten?
(i/N)
Oder andere Krisen und Probleme konstruktiv lösen?
(i/N)
Wir können einen flächendeckenden Lockdown vermeiden, wenn wir schnell impfen und boostern, und wenn wir flächendeckend 2G++ bis 3G umsetzen.
Wir haben dazu eine neue Stellungnahme raus gebracht: zenodo.org/record/5733895…
Ich hatte sehr gehofft, dass dieser Winter einfacher wird als der letzte. Wir haben ja einen Impfstoff. Und er hilft uns aktuell auch mit der Delta-Variante.
Wenn aber die aktuellen Informationen zu B.1.1.529 stimmen (siehe unten), dann kündigt sich die nächste Welle an.
Vieles zu der neuen Variante ist noch unklar.
Trotzdem, aus gutem Grund haben anderen Länder wie UK und Israel entschieden, für diese Variante die Grenzen erstmal dicht zu machen. Das heisst: Quarantäne UND PCR Tests für einreisende aus einer Reihe Ländern.
Man wird die Variante nicht aufhalten können. Aber sie zu bremsen kauft einem wichtige Zeit.
FALLS es notwendig sein sollte, den Impfstoff anzupassen und Auffrischungen zu machen, dann bringen einige Wochen ausbremsen einen deutlichen Zeitgewinn.