🧵Ich glaube, in den nächsten Tagen wird deutlich werden, dass China sich entschieden hat. Und zwar gegen Putin. Die ersten Signale werden bereits sichtbar.
1/
Die staatlichen chinesischen Medien scheinen die Bevölkerung bereits darauf einzustimmen, dass in der Ukraine Kriegsverbrechen begangen werden. Ich bin mir sicher, dass hier bald noch mehr Beispiele folgen werden.
Aber am Ende lässt es sich auf eine einfache Regel herunterbrechen: China gewinnt an Einfluss und Mitsprache, wenn China auf der Seite der Sieger steht.
4/
Am Ende geht es China um Macht - und die gibt es global am gĂĽnstigsten durch Einfluss ĂĽber internationale Institutionen und Handel. So machen es die USA, so will China es machen. Putin bedroht die internationale Ordnung und Handel. Ein schlechter Kumpane.
5/
Denn das ist der groĂźe Unterschied zur UDSSR: Putin hat keine ideologische Alternative im Angebot, keinen Humus fĂĽr 'Soft Power', keine Vision fĂĽr eine Weltordnung, sondern nur fĂĽr Weltchaos. Eine schlechte Investition.
6/
Zudem sinkt Russlands Bedeutung als Absatzmarkt rasch, auch Produkt- und Technologieimporte werden leiden, auch und gerade wenn Russland den Krieg verliert.
China ist eine aufstrebende Weltmacht mit vielfältigen zukünftigen Interessen. Putin als wirren und schwächer werdenden Partner zu haben könnte notwendiges diplomatisches Kapital verbrennen - insbesondere wenn der Westen ebenfalls mit Sanktionen droht. 8/ politico.com/news/magazine/…
Zudem ist just das größte russische Pfund neben Erdgas und Erdöl, nämlich russische Militärtechnologie, seit dem Ukraine-Konflikt weitaus weniger attraktiv geworden.
9/
Und ja: Auch China hätte gerne mehr von den Ressourcen des Eurasischen Kontinents. Aber die bleiben ja auch da, wenn Putin fällt. Und Milliardeninvestitionen in Pipelines Fällen leichter, wenn der Partner absehbar stabil ist.
10/
Zu den globalen Interessen Chinas zählt unter anderem auch Taiwan. Lesenswerter Artikel dazu.
Ich glaube, falls die Chinesen etwas vorhatten, haben sie es jetzt verschoben.
Ein wichtiger Grund dafĂĽr: Die Bereitschaft der USA, Taiwan zu verteidigen, steht auĂźer Frage. Das war bei der Ukraine anders, und trotzdem haben die USA alle Hebel in Bewegung gesetzt. Das Signal ist sehr, sehr stark: Taiwan angreifen heiĂźt Krieg mit den USA.
12/
Und so sehr die Chinesen ebenfalls eine Diktatur sind - sie haben eine Gesellschaft mit langfristigen Zielen, für die sie globalen Einfluss brauchen. Sun Tsu rät, im Zweifel immer den Sieg ohne Kampf zu suchen, und wenn der länger dauert, eben zunächst andere Siege zu finden.
13/
Das heiĂźt alles nicht, dass die Chinesen nun unsere Freunde sind. Sie bleiben Gegner. Aber das heiĂźt, dass sie mehr davon haben, in diesem Konflikt nicht auf der Seite der Verlierer zu stehen.
14/
Wir werden sehen, wie sich diese Prognose real auswirkt - eigene Zahlungsysteme, russ. Öl und einige lohnende Geschäfte werden sie sicherlich trotzdem anstreben. Vielleicht auch ein kleiner, anderer Konflikt im Windschatten. Aber Putin helfen? Das glaube ich nicht mehr.
15/15
Die Gegenposition.
Aber: China mag zwar nicht die "liberale Weltordnung", aber mögen die UN, WHO, WTO, Seidenstraße, Handelsbündnisse. Das sind Machtmittel, in die China investiert. Neue zu bauen ist kostspielig und unsicher.
15+1/
(h/t @fHachenberg)
DarĂĽber hinaus glaube ich, dass Russland als strategischer Partner keine sichere Bank fĂĽr China ist, weil eine UdSSR-1992-Situation droht - die wiederum Chancen fĂĽr China birgt. Bspw Kasachstan und Kirgisistan, die neue Partner brauchen.
Und wenn wir tatsächlich in einer geopolitischen Singularität stecken, wo binnen Wochen die nächsten Jahrzehnte geprägt werden, ist es rationaler, ein Teil der formenden und nicht der geformten Kraft zu sein.
Und eines wird China verstanden haben: Um Sanktionen zu entgehen, muss die Bevölkerung im Westen uneins darüber sein. China hätte nun die Chance, positive politische Wahrnehmungen von China in der westlichen Welt zu verankern, die dann vor Sanktionen schützen.
15+4/
Schöner Fund: Eine alte Karikatur, die ganz ähnlich aussieht.
Am 13.3. @HuiyaoWang mit einem Op-Ed in der @nytimes - garantiert abgestimmt mit der #CCP. Er ist Chef des Pekinger 'Center for China and Globalization' & berät die Chinesische Regierung.
"This crisis has destroyed a couple of stereotypes. The Germans have slaughtered two sacred cows. Nord Stream 2 as a symbol of German mercantilism, and pacifism as a symbol of German moralism."
Krastev: The tragedy is that we are seeing a violent recolonization of Ukraine and not a peaceful reunification. This misunderstanding about how the world works produces Putin’s unhappiness.
2/
.@derspiegel: How will Putin end? The Russians aren’t known for being particularly rebellious.
Krastev:Â People die. That also applies to Putin. The changes will be so significant that the regime will have to change in order to survive.
3/
1. Das übt Druck auf Länder wie die Türkei aus 2. Es schafft Zeitdruck und moralische Verpflichtung, Hungerhilfe zu organisieren 3. Es provoziert Angriffe auf die Schiffe, bspw durch die NATO. Und eine NATO-Attacke wurde Putin intern stabilisieren.
3/
Biden und Xi haben miteinander geredet. Wahrscheinlich können professionelle Diplomaten den Text aus chinesischer Perspektive besser entschlüsseln, hier mal meine Interpretation.
1. Die US/China-Beziehung ist entscheidend fĂĽr das 21. Jahrhundert.
2. China findet: China und USA auf Augenhöhe, sonst wird die Welt nicht friedlich und stabil.
3. Respekt füreinander, kein Regime-Change in China und keine Unterstützung mehr für die Unabhängigkeit Taiwans - das nimmt Xi "sehr ernst". Er will Garantien.
Und immer ist irgendwo bald Wahl, und immer muss darauf Rücksicht genommen werden, dass ja nichts Unbequemes vor der Wahl passiert (Gell, @tobiashans). Das ist höchst problematisch.
1/
Diese Bald-ist-irgendwo-Wahl-Angst ist dämlich. Denn sie zeugt von einer tiefen Geringschätzung der Wählerinnen und Wähler.
Dahinter steckt die Hypothese, dass wir nicht in der Lage wären, Richtiges von Falschem zu unterscheiden. Dann aber wäre Demokratie insgesamt Blödsinn.
2/
Noch tiefer dahinter steckt die Wahrheit: Die Politik *weiß* offenbar gar nicht, wohin sie das Volk *in Zukunft* überzeugen möchte.
Sie demoskopiert nur, welche Verwaltungsakte das Volk *im Heute* akzeptieren wĂĽrde.
Und ohne Ziel ist die Antwort immer: Nicht viele.
3/
Ich habe nicht das Gefühl, dass unsere Regierung und unser Parlament es schaffen würden, unser Land alleine zu regieren. Kein strategisches Verständnis, keinen Willen zur Exzellenz.
Zum GlĂĽck sind wir fest in BĂĽndnissysteme integriert, sonst wĂĽrde es dĂĽster werden.
1/
Mein Eindruck der system-immanenten Mittelmäßigkeit unserer Elite hat sich besonders in den letzten 2 Jahren verfestigt.
Wir sollten rasch mehr Souveränität in wichtigen Themen an die EU bzw. die USA abgeben und unserer Spitze nur die Verwaltung überlassen.
2/
Allein diese ganzen "ich schäme mich"-Tweets vieler MdBs nach der Zelensky-Rede sind Beleg dafür, dass Weitsicht im Alltag deutscher Politik immer nur rückwärts funktioniert.
Ich bin den USA sehr, sehr dankbar dafĂĽr, dass sie uns mit unseren Regierungen nicht alleine lassen.
3/