Thread by @SchulzeRein

Wer immer das Attentat auf #SalmanRushdie zum Anlass für einen erneuten Kulturkampf zwischen „dem Islam“ und „dem Westen“ nimmt, ganz gleich auf welche Seite man sich dabei stellt, dem sei geraten, doch einmal einen Blick in Rushdies „Die satanische Verse“ zu werfen.👇🏽

Rushdie verwirft hier jede essentialisierte kulturelle Differenz; er zeigt, dass die Grenzen zwischen „Westen“ u „Islam“ nur Kreidestriche sind, die den Geltungsraum des modernen Menschen abgrenzen sollen, die aber bloß flüchtige, auslöschbare Zeichen brüchiger Identität sind.👇🏽

Rushdie kritisiert die modernen Strategien kultureller Selbstauslegung, mit denen diese Grenzen gezogen werden, Grenzen, die jede Migrationserfahrung prägen u die im Kontext des Kolonialismus zu Merkmalen einer vermeintlich wesentlichen kulturellen Identität geworden sind.👇🏽

Und er zeigt, dass die modernen Welten, ganz gleich ob als Islam oder als Westen erfahren, davon leben, sich eine Vergangenheit anzueignen, die sie als Wiedergänger ihrer selbst auslegt u die sie dann zum Rechtfertigungsraum für eigene Geltungsansprüche ausstaffiert.👇🏽

In den drei als blasphemisch erachteten Traumszenen zeigt Rushdie, wie sich die Gegenwart in Vergangenheit verwandelt u damit das Vergangene zerstört. Die Szenen sind Allegorien des kolonialen Machtgefüges, dem der wandernde Mensch vergeblich zu entrinnen sucht.👇🏽

Wer Rushdies Kritik am modernen Gefüge postkolonialer Zeiten als Beleg für eine Kritik „am Islam“ anführt, folgt bloß jener Logik,die Rushdie so vehement u satirisch kritisiert hat; u wer ihn dafür der Blasphemie bezichtigt, folgt der gleichen Logik moderner Selbstvergewisserung.