Wie die Bundesregierung Transparenz aushebelt - Auszug aus unserem heutigen Newsletter #ifg 🛢
Von Angela Merkel ist bekannt, dass sie als Kanzlerin bevorzugt per SMS kommunizierte. Der Austausch per Textnachrichten hat für Regierungsmitglieder einen unschätzbaren Vorteil: Im Gegensatz zu E-Mails werden SMS i.d.R. nicht öffentlich.
Trotz vielfacher Bemühungen von Journalist:innen ist es bis heute nicht gelungen, über das Informationsfreiheitsgesetz an Merkels SMS zu kommen. Genauso verhält es sich jetzt mit den SMS von Christian Lindner in Sachen #Porschegate: Das BMF will sie nicht herausgeben.
Warum aber können das Finanzministerium und das Kanzleramt die SMS von Lindner + Merkel erfolgreich unter Verschluss halten? Sie behaupten einfach, die SMS seien nicht "aktenrelevant" – und was nicht in einer Akte steht, so die Argumentation, müsse auch nicht herausgeben werden.
Ob eine SMS tatsächlich Aktenrelevanz besitzt oder nicht, ist allerdings nicht nachprüfbar. Am Ende entscheiden darüber die Betroffenen selbst, also in diesem Fall Angela Merkel und Christian Lindner persönlich.
Für Lobbyist:innen ist das natürlich ein Anreiz, um mit Regierungsmitgliedern diskret per SMS oder Messengern zu kommunizieren. Bisher ist kein Fall bekannt, in dem eine Behörde eine Textnachricht auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes #IFG herausgegeben hat.
Anders ist es bei E-Mails, die Lobbyist:innen an die Kanzlerin oder ein anderes Regierungsmitglied geschrieben haben – sie wurden schon häufig öffentlich. Vielfach ließ sich so ein versuchter Lobbyeinfluss belegen, zum Beispiel hier:
Und damit wären wir beim Bundesverkehrsministerium (BMDV) von Volker Wissing. Das BMDV will Unterlagen zu Lobbykontakten grundsätzlich unter Verschluss halten. Nicht einmal Kalendereinträge zu Treffen sollen bekannt werden: abgeordnetenwatch.de/recherchen/lob…
Das Ministerium behauptet, Lobbykontakte seien ein so zentraler und schützenswerter Bestandteil des Regierungshandelns, dass entsprechende Dokumente nicht herausgegeben werden dürfen.
Die Begründung dafür ist abenteuerlich, denn sie lautet: Wenn Porsche oder ein anderer Lobbyakteur damit rechnen muss, dass sein Gespräch mit dem Ministerium bekannt wird, wird er künftig keinen Kontakt mehr zur Bundesregierung aufnehmen.
Setzt sich das Verkehrsministerium mit dieser Auffassung durch, wären Lobbykontakte künftig der öffentlichen Kontrolle weitgehend entzogen. Um dies zu verhindern, haben wir nun Widerspruch gegen die Entscheidung des Ministeriums eingelegt.
Dass die Lobbyaktivitäten von Porsche und Co. als schutzwürdig deklariert werden, ist gefährlich: Wenn Ministerien keine Unterlagen zu Lobbykontakten mehr herausgeben müssten, würde Lobbyismus vollkommen in einer Dunkelkammer verschwinden.
Sollte das Ministerium von Volker Wissing unseren Widerspruch ablehnen, werden wir eine Klage prüfen.
Die Bundesregierung hat Altkanzlerin #Merkel im Umgang mit ihrem Büro im Bundestag zur Ausgabendisziplin ermahnt. Es habe Gespräche zwischen Kanzleramt und Büroleitung gegeben, die sich "auch auf die bedarfsgerechte Personalausstattung bezogen" 🧵 spiegel.de/politik/deutsc…
Laut @derspiegel habe man verdeutlicht, dass das Büro nicht "statusbezogen", sondern zur "Erfüllung nachamtlicher Aufgaben und fortwirkender Verpflichtungen" eingerichtet werde. "Eine Nutzung für private Zwecke und zur Erzielung von zusätzlichen Einkünften" sei ausgeschlossen.
Die Erstattung von Reisekosten komme nur in Betracht, "wenn die Bundeskanzlerin a. D. im Auftrag und Interesse der Bundesrepublik Deutschland reist". Ob es einen konkreten Anlass für die Mahnung gab, ist nicht bekannt.
Mit dem Kanzler nach #China: Diese Konzern-Vertreter:innen sind heute mit Olaf #Scholz zu dessen Auslandsreise aufgebrochen 🧵:
▶️ Werner Aloys Baumann (Bayer AG)
▶️ Oliver Blume (Volkswagen AG)
▶️ Martin Brudermüller (BASF SE)
▶️ Roland Busch (Siemens AG/Asien-Pazifik-Ausschuss der deutschen Wirtschaft)
▶️ Belén Garijo (Merck KGaA)
▶️ Christian Hartel (Wacker Chemie AG)
▶️ Stefan Hipp (HiPP GmbH & Co. Vertrieb KG)
▶️ Kasper Rørsted (adidas AG)
▶️ Uğur Şahin (BioNTech SE)
▶️ Christian Sewing (Deutsche Bank AG)
▶️ Antje Vargas (GeoClimaDesign AG)
▶️ Oliver Zipse (BMW AG)
Der Rüstungskonzern General Dynamics hat sich die Dienste v. Ex-CDU-MdB Eckhardt Rehberg gesichert. Rehberg hat sich jetzt ins Lobbyregister eingetragen - als Berater einer GD-Firmentochter. Praktisch: Als Ex-Haushaltspolitiker kennt er viele MdBs, die Rüstungsgelder freigeben 🧵
Zusammen mit ZEIT und @zdfmagazin hatten wir kürzlich eine Recherche zu den Lobbyjobs von Ex-Abgeordneten veröffentlicht. Einer von ihnen: Ex-FDP Frank Sitta. Auch er arbeitet inzw. in der Rüstungsbranche - als Lobbyist für eine Tochter des US-Rüstungskonzerns General Atomics.
Kurz nachdem Sitta im März 2022 Lobbyist mit der Tätigkeitsbeschreibung “Head of Public Affairs, Head of Berlin Office” geworden war, ließ er sich z.B. mit dem CEO des Konzerns und dem FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber auf einer Rüstungsmesse ablichten.
CSU-MdB Ramsauer hat dieser Tage ordentlich Stimmung gegen die neuen Transparenzpflichten für Nebeneinkünfte gemacht. Was treibt ihn an? (Vielleicht ist es ein ominöser "Mandant 2") 🧵
Ramsauer kommt in einem Artikel der Wirtschaftswoche zu Wort, der die (grob irreführende) Überschrift trägt: "Abgeordnete torpedieren strengere Regeln zu Nebeneinkünften". wiwo.de/politik/deutsc…
In dem Text wird fälschlicherweise behauptet, dass erst 112 MdBs ihre Nebeneinkünfte beim Bundestag gemeldet hätten. Das ist Unsinn: Von 112 MdBs wurden die Angaben letzte Woche *veröffentlicht* - gemeldet wurden sie von sehr viel mehr (sie sind halt noch nicht öffentlich).
Die Lobbyagentur EUTOP wollte Ex-Innenstaatssekretär Volkmar Vogel (CDU) zum "Berater" machen - doch die Bundesregierung hat den Seitenwechsel vorübergehend untersagt 🧵
Die Regierung kann den Wechsel von ehemaligen Minister:innen und Parlament. Staatssekretär:innen für max. 18 Monate verbieten, wenn die angestrebte Tätigkeit
▶️ in Angelegenheiten oder Bereichen ausgeübt werden soll, in denen sie/er während der Amtszeit tätig war
▶️ das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der BReg beeinträchtigen kann.
Eines von beidem hat demnach im Fall EUTOP/Volkmar Vogel vorgelegen - was, sagt die BReg nicht. Im Gesetz heißt es zwar, dass die Untersagung zu begründen ist. Doch veröffentlicht wird dies nicht.