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Dec 3 10 tweets 4 min read
@Yascha_Mounk, der bereits forderte, Migranten härter als Deutsche zu bestrafen, hat letzte Woche in @zeitonline über die #CancelCulture geschrieben - und dabei ein Musterbeispiel für die Verzerrungen in dieser Debatte verfasst.

Einige Anmerkungen dazu

zeit.de/2022/48/cancel…
Mounk antwortet auf einen Text von @adriandaub, wonach das Gerede von der Cancel Culture Ausdruck einer Hysterie sei, die von dubiosen Stiftungen geschürt werde. Mounks Gegenargumente stützen sich einerseits auf klassische Mobbingfälle unter seinen Studis - und zum anderen auf
Umfragen zweier Organisationen, aus denen hervorgehe, dass zwischen 60 und 80% der US-Studis angeben, Selbstzensur zu üben. Eine der beiden ist die Foundation for Individual Rights and Expression, die ihre Mittel v.a. von konservativer Seite bekommt wie dem Charles Koch Institute Image
Beim FIRE handelt es sich also exakt um solche eine der 'dubiosen' Stiftungen, die Daub anspricht - die zudem ein finanzielles Eigeninteresse daran hat, die von ihr beschriebenen Probleme möglichst groß erscheinen zu lassen:
thefire.org/news/fire-anno…
Zudem erinnern die zitierten Umfragen (es geht dort um die "Atmosphäre" auf dem Campus, nicht darum, wer selbst tatsächlich in seiner Meinungsfreiheit eingeschränkt worden ist) an die tendenziösen Umfragen von Allensbach zur 'gefühlten' Meinungsfreiheit
ifd-allensbach.de/fileadmin/user…
Tendenziös formulierte Fragen zu Stimmungen (im Fall Allensbach: "Kann man sich den Mund verbrennen, wenn man öffentlich über Juden spricht"=>falls ja: eingeschränkte Meinungsfreiheit) taugen aber nicht, um eine "empirische" Grundlage für eine Debatte zu schaffen.
Doch Mounk ist das egal - und spekuliert munter darauf los, warum Leute wie Daub die von ihm selbst ja nur behaupteten Tatsachen "verleugnen". Er unterstellt ihnen, sie würden ebenfalls Selbstzensur üben, um den Rechten keine Munition zu liefern. Der Beleg bleibt freilich aus.
Und wo sich Mounk gerade in Daub eingefühlt hat, unterstellt er ihm, ihm sei die Meinungsfreiheit ohnehin nicht so wichtig, da diese schon immer angegriffen worden sei - "Besonders wenn der Zorn der (vorgeblichen) Massen dieses Mal die (vermeintlich) Richtigen trifft".
Das ist Empirie according to Mounk: Die Existenz der Cancel Culture will er mit Umfragen von Lobbyorganisationen über „die Meinung von Millionen von Studenten“ belegen, umgekehrt schiebt er Daub einen Strohmann in den Mund (den „Zorn der Massen“), den er selbst gebastelt hat.
P.S. Das ist der Text, in dem Mounk einen Sonderstrafrahmen für Migranten forderte, um das gesunde Volksempfinden der deutschen Bevölkerung zu befriedigen:
zeit.de/2019/38/strafm… ImageImageImage

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