Heute Abend wird mit dem #Reporterpreis einer der renommiertesten Preise der Journalismus-Branche verliehen, viele großartige Kolleg*innen sind nominiert, darunter einige wirklich gute klimajournalistische Beiträge.
Das freut mich, aber das reicht nicht 🧵
Eigentlich wollte ich einen langen und elaborierten Thread dazu schreiben, aber ich habe keine Energie dafür, und ich habe das alles hundertfach erzählt.
Falls es interessiert, hier ein paar Beiträge von mir, die nichts an Aktualität verloren haben:
{Vorab ein paar andere Tipps: Gutes Sammelwerk mit Beiträgen von tollen Kolleg*innen gibt es hier. @uebermedien scheint zuletzt auch aufgewacht. @wblau folgen lohnt sich sowieso, der twittert mit einer Kraft und Ausdauer, die ich gerade nicht habe 😅} oekom.de/buch/medien-in…
Dazu, warum sich die Lücke zwischen medialer Berichterstattung und Klimakrise nicht schließt – obwohl durchaus einiges passiert in der Branche. uebermedien.de/76407/die-klim…
Dazu, welche strukturellen Probleme wir in den Redaktionen und im Journalismus haben.
Denn es geht hier – wie schon oft beschrieben – nicht um individuelles journalistisches Versagen; es gibt Gründe dafür, dass wir da stehen, wo wir stehen.
Hier erkläre ich kurz, wo wir denn eigentlich genau stehen.
Und warum es zwar nicht falsch sein wird, wenn viele Menschen in ein paar Jahren sagen: "Ich wusste ja nicht, wie akut die Lage ist" – warum das dadurch aber noch lange nicht richtig sein wird.
Die Langversion mit Lösungen gibt es hier.
Habe ich vielen Journalist*innen auch zugeschickt, hat nur offenbar kaum jemanden interessiert. genialokal.de/Produkt/Sara-S…
Nur, ähm, naja, dass es jetzt halt nicht mehr knapp 10 Jahre sind, sondern 6 Jahre und 7 Monate: mcc-berlin.net/fileadmin/data…
"Wenn ich auf die großen News-Seiten gucke, beschleicht mich langsam ein Gefühl, als rasten wir mit dem Auto sehenden Auges auf eine Klippe zu, doch statt über Rettungsmaßnahmen, diskutieren alle Insassen nur über die Musik im Radio", schrieb @RaphaelThelen schon 2019 @tonline.
Damals habe ich selbst noch weitgehend über die Musik diskutiert, und seitdem hat sich wie gesagt einiges getan.
Aber inzwischen sind wir dem Abgrund auch ein großes und gefährliches Stück näher gekommen.
In den vergangenen Monaten habe ich angefangen, Workshops für Journalist*innen zu geben, in denen ich u.a. die grundlegenden Fakten & Zusammenhänge der Klimakrise erkläre.
Was ich immer wieder feststelle: Die meisten hatten von vielem schon mal gehört, ...
... wie das alles genau zusammenhängt, ist allerdings den Wenigsten richtig bewusst.
Schon nach vier Stunden Input und Austausch sind sich in den Runden alle relativ einig: So wie wir gerade berichten, ist das nicht ausreichend und angemessen.
Das Beste in den Seminaren: Es wird jedes Mal deutlich, dass wir zwar dringend mehr Faktenwissen und Qualifizierung in den Redaktionen brauchen, aber auch dass niemand Klimawissenschaften studieren oder wir den Journalismus neu erfinden müssen, um angemessen berichten zu können.
Dafür reicht das Handwerk, das wir haben – und einmal rauszuzoomen und sich klar zu machen, wo wir eigentlich stehen. Den Rest kann man recherchieren.
Ich sehe, dass sich was bewegt; ich sehe, dass immer mehr aktiv werden und sich kümmern.
Ich sehe nicht, dass das in einem Ausmaß und einer Geschwindigkeit passiert, die der Situation angemessen wäre.
In Frankreich hat dieser Sommer zu einem breiteren Bewusstwerden in der Branche geführt, die Folgen der Klimakrise waren dort noch deutlicher zu spüren als hier.
Auch motiviert durch die Charta von @klimajourno und @Netzwerk_Klima haben Kolleg*innen dort eine ganz ähnliche Charta aufgesetzt, unterzeichnet von mehr als 1.200 Journalistlist*innen – und dutzenden Medienhäusern: chartejournalismeecologie.fr
Viele der renommierten Redaktionen haben kurz darauf angekündigt, ihre Belegschaft zu schulen.
Solche sozialen Kipppunkte sind auch in Deutschland möglich. Sie werden allerdings nicht von selbst kommen. Damit etwas kippt, müssen viele andere schieben.
Mehr Faktenchecks würden den Meinungsbeiträgen @tagesschau wirklich gut tun. Ich finde Meinungspluralismus wichtig, und natürlich kann man die Proteste der Letzten Generation kritisieren.
Aber in dem Beitrag gibt es zwei grundlegende Logikfehler – die sind keine Meinung:
1. Nur weil man schon mal dachte, es gäb keine Zukunft, ist das heute nicht falsch.
Politische Proteste haben dafür gesorgt, dass damals u.a. die Ursachen des Waldsterbens gestoppt wurden. Genau das versuchen die aktuellen Proteste: Die Ursachen der Klimakatastrophe zu stoppen.
Die Bedrohung eines Atomkrieges war damals eine - extrem reale - Gefahr. Auch sie wurde u.a. aufgrund des politischen Drucks aus der Öffentlichkeit eingehegt.
Die Ängste davor waren nicht unsinnig, die Proteste dagegen nicht übertrieben. (Kurze Google-Suche: Präventionsparadox)
Als ich den Text veröffentlichte, war mir noch nicht lange klar, wie akut unsere Lage eigentlich ist. Das war mir erst 8 Wochen vorher bewusst geworden, und es hatte mich damals wie ein Schlag erwisch, denn schließlich war ich zu dem Zeitpunkt seit 10 Jahren Journalistin.
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Wie konnte es sein, dass ich nicht wusste, was die Klimakrise mit meinem Leben zu tun hat? Und das nachdem @FridayForFuture das Thema seit 2 Jahren in dem Mittelpunkt gerückt und ich fast täglich dazu gelesen hatte?
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Hallo #Klimatwitter, hallo #AcademicTwitter, bevor sich alle in den hart verdienten Urlaub zurückziehen: Ich brauche eure Hilfe.
Ich habe etwas geschrieben, was langes, und bevor das veröffentlich wird, würde ich mich freuen, wenn ein paar Expert:innen entsprechende Stellen ...
gegenchecken könnten. Ich würde dann sehr viel besser schlafen in den kommenden Wochen. Und der Sache wäre es auch zuträglich, wenn ich keine vermeidbaren Fehler, veralteten Daten oder unzulässigen Zuspitzungen drin habe. Mal geht es um 2 Absätze, mal um 10, mal um 1 Kapitel.
Alles in diesem Text ist richtig (soweit ich das beurteilen kann) & natürlich kann es nicht unsere Aufgabe sein, klimapolitische Maßnahmen immer zu bejubeln. So jedoch werden sie vor allem zerredet, das Verständnis für die (erwiesenermaßen) notwendigen Maßnahmen wird geschmälert.
Hier fehlen zwei wichtige Dimensionen:
1. Das Ziel ist nicht "Klimaneutralität bis 2050, weil die EU das will", sondern das Ziel ist es, unser aller Lebensgrundlagen zu schützen. Gebäude zu dämmen ist ein unsexy aber extrem notwendiger Teil davon.
Vielleicht werden wir unsere Zukunft einfach vergeigen, weil einem Großteil der Journalist:innen und Politiker:innen gar nicht klar war, wie ernst die Lage ist.
Und weil sie denen, die es ihnen gesagt haben, nicht zuhören wollten 🤷♀️
Meine Güte, ist das deprimierend. Gerade weil das Problem ja lösbar wäre. Oder: ist.
Auch die Wissenschaft müsse ihre Rolle überdenken, sagt Myriam Rapior von @BUNDjugend auf dem Panel zur Kommunikation von Klimaforschung und bekommt dafür - im Vergleich zu anderen Beiträgen - schon fast tosenden Applaus.
In der Zukunftskommission Landwirtschaft sei oft sie es gewesen, die wissenschaftliche Fakten einbringen musste und die Wissenschaftler:innen aufforderte, eben mit diesen Fakten zu widersprechen, wenn Politiker:innen nachweislich schädliche Entscheidungen treffen wollten.
Wie kann das sein?
Noch immer empfinden es viele Forscher:innen als ihre Rolle, Fakten vor allem zusammenzutragen. Sie dann auch entsprechend verständlich zu kommunizieren und zu verteidigen, gilt vielen als politisch – und damit als nicht schicklich.