Jammertweet! Nicht lesen, wenn man die nicht abkann (ich kann die auch nicht ab, und diesen auch nicht, brauche nur Jammerventil)
6.15 Kinder wecken und später zur Schule fahren ausnahmsweise. Mann krank, hat die Hälfte seiner Sprechstunde abgesagt. Macht Kardiologie, genau,
das Fach, wo man immer 10 Monate auf einen Termin wartet. Von der Schule in meine eigene Praxis, wo sich akut auch die letzte MFA krankgemeldet hat mit Fieber und Schüttelfrost. Was macht eigentlich eine MFA? In unserem Gebiet die Anmeldung, die Beantwortung von Telefon und Mail,
die Terminvergabe, die unangenehmen Diskussionen mit PatientInnen, Hörprüfungen, Allergietestungen, Gleichgewichtsprüfungen, die Aufbereitung der Instrumente, einen Riesenberg an Dokumentation, die Verteilung von Spielzeug an die kleinen PatientInnen, die Ausgabe von Rezepten
und Verordnungen an vorbeikommende PatientInnen und noch mehr.
Ziemlich schnell erkennt man hier, dass eine Praxis ohne MFAs nicht laufen kann. In der allgemeinen Wertschätzung tauchen die MFAs aber nie auf.
Wir mussten uns heute überlegen, ob wir die Praxis einfach zumachen und alle Termine absagen, was allein zeitlich gar nicht möglich gewesen wäre. Die nächsten Termine bei uns sind im Februar oder März. Die andere Möglichkeit war, die Leute einfach kommen zu lassen und das zu
tun, was möglich ist. Haben uns dafür entschieden. Wir haben abwechselnd die Anmeldung gemacht, behandelt, Instrumente gemacht, behandelt, Hörprüfungen gemacht. Irgendwie ging es, und wir konnten so doch noch gar nicht so wenige Leute versorgen.
Eine Dauerlösung ist das nicht,
und ich verstehe alle, die ihre Praxis in dieser Situation schließen. Das sind auch gar nicht so wenige. Die PatientInnen hatten überwiegend sehr viel Verständnis und haben aus ihren eigenen Branchen erzählt, in denen es ja nicht anders ist.
Hatte Bauchschmerzen, jammer jammer, hatte Extrasystolen, jammer jammer. Wollte Gastro-Termin machen, nicht geschafft. Hatte Schlafmangel, jammer jammer.
Nach der Praxis gegen 19 Uhr nach Hause, da liegt hier der wirklich kranke Mann, es sieht weiterhin aus wie im Schweinestall.
Ist jetzt meine Aufgabe, also das Vorlesen, Ranzenpacken, Sachen suchen, Trompete-Üben anregen, ist auch nicht schlimm. Parallel fängt um 19 Uhr mein Bereitschaftsdienst in der Notfallpraxis an, während hier noch Geschrei ist.
Ich schreibe das auf, um was rauszulassen, aber auch, weil es vielen Leuten im Moment so geht. Alle sind krank, das Gesundheitswesen kann das nicht tragen, überall fällt jemand aus, es ist nochmal eine andere Form der Erschöpfung, die sich da breit macht bei den meisten.
Ich bin nicht traurig oder verzweifelt, aber ich finde diese Situation momentan in vielerlei Hinsicht sehr besorgniserregend.
Und: Unabhängig von allem, möchte ich nochmal darauf hinweisen, wie essenziell unsere MFAs für das Funktionieren unseres Gesundheitssystems sind.
Ich bin jetzt alt und weiß alles besser und habe auch gar keine Ahnung. Ich schreibe trotzdem, weil ich jetzt irgendwelche Gaslighting-Vorwürfe bekomme, weil ich was zum PJ, aber auch zum Gesundheitssystem an sich geschrieben habe.
Ich mache seit fast 20 Jahren Medizin und arbeite in unserem Gesundheitswesen. Ich habe immer in freundlichen Abteilungen gearbeitet, habe aber selbstverständlich die Auswirkungen unserer Gesundheitspolitik zu spüren bekommen. Ich war wütend, überfordert und kaputt. Ich war
auch wütend auf die KollegInnen, die immer in der Ambulanzküche rumgeheult haben, weil alles so schlimm sei, die man aber nicht dazu bewegen konnte, etwas Sinnvolles dagegen zu tun. Konzepte zu entwickeln, Ideen zu haben, gegenüber dem Chef oder der Verwaltung geschlossen
Ich habe vorhin gelesen, dass sich jemand beschwert hat, dass man im Chirurgie-PJ immer Haken halten muss und es keinen Unterricht gibt.
Dazu möchte ich was sagen.
Wenn man aus dem Studium kommt und ins PJ geht, hat man mal Anatomie gehabt und auch mal Chirurgie theoretisch. Mir ist der Chirurgiekurs an der Uni nicht im Kopf geblieben, kann den Grund haben, dass Chirurgie, wie Stricken oder Basteln, im Kopf vielleicht interessant, aber
recht sinnlos ist. Ich bin Kopf-Hals-Chirurgen, das belächeln unsere „richtigen“ Chirurgen ja ein bisschen, ich habe aber auch mal Unfallchirurgie gemacht. Wenn man im PJ anfängt, weiß man übers Operieren so gut wie nichts. Man hat noch nie in einem Menschen rumgeschnitten,
Wow, jetzt sind hier so viele Fragen aufgetaucht, dass ich mit der Beantwortung im Moment nicht mehr hinterherkomme. Vieles davon habe ich aber schon mal aufgeschrieben:
Ich kann nicht das Buch ins Netz stellen, aber ich zeige Euch einfach das Inhaltsverzeichnis. Einige Sachen, die hier gefragt wurden, sind da genauso abgehandelt, wie ich hier auch rede. Und es gibt immer ein paar fun facts.
Nachdem hier sehr bizarre Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Nasenbluten aufgetaucht sind, will ich einmal bisschen was zur Entstehung und Therapie des Nasenblutens erklären.
Mit Tipps für zuhause!
Nasenbluten kennt fast jeder in irgendeiner Form. Wie bei allen anderen Blutungen ist auch beim Nasenbluten (lat. Epistaxis) irgendwo ein Blutgefäß offen. Nasenbluten wirkt oft sehr bedrohlich, weil gefühlt 5 Liter Blut aus der Nase kommen (es ist gar nicht so viel).
Damit man überhaupt verstehen kann, warum man welche Maßnahmen ergreifen soll, eine grobe Anatomie-Erklärung. Die Nase ist wie ein Tunnel mit einer Wand in der Mitte. Diese Wand ist die Nasenscheidewand, und jeder kann sie fühlen, wenn man z.B. in der Nase bohrt.
Die umfangreiche HNO-Diagnostik war bis auf einen isolierten Tinnitus unauffällig.
Ich fragte sie nach Begleitsymptomatik, sie sagte, es gäbe Probleme bei der Arbeit.
Ich screene jede/n Tinnitus-Pat. auf Depressionen. Ihr Score ergab hier deutliche Hinweise.
Ich besprach mit ihr in mehreren Terminen die therapeutischen Optionen und traf sie regelmäßig zur psychosomatischen Grundversorgung, wo sie auch ihre erhebliche Belastungssituation erzählen konnte. Wir hatten einen engmaschigen und guten, oft auch fröhlichen Kontakt.
Ein ganz herzliches Willkommen an alle neuen Follies!
Zu diesem Account:
Hier postet eine Mutter/Ärztin/noch ein paar andere Sachen.
Ich freue mich über alle, die im Kopf flexibel und neugierig sind und Absurdes mögen.
Kurzer Thread.
Nicht zurecht komme ich mit Nazis, Tunnelblickmenschen, Querleugnern, Homo- und Transfeindlichen und anderen Kleingeistern. Instant block, diskutiere auch nicht mehr. Ich bin, wie viele andere, begeistert, selbstunsicher, mitunter erschöpft und mitunter ganz lustig.
Hier gibt es immer mal zum Teil unterhaltsame, zum Teil aber auch ein bisschen traurige Kunst. Ich kann unfassbar nervige GIF-Battles und sehr gruselige Gemälde.
Ich gebe Einblicke ins Gesundheitswesen, überlasse aber in allen Fragen, die meine Kompetenzen überschreiten, anderen