1 Jahr nach "grüne RAF" habe ich mit @beimwort über 1 ratlose #Klimabewegung, 1 therapiebedürftiges Land & queere Selbstverteidigung geredet.

"JS: Wenn Deutschland 1 #Verdrängungsgesellschaft ist – was folgt daraus?

TM: Dann muss es auf die Couch."
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spiegel.de/politik/deutsc…
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Tadzio Müller über Klimaproteste_
»Da wurde mir richtig schlecht vor Schuld«

Vor 1 Jahr sprach der langjährige Aktivist Tadzio Müller von der Gefahr einer »grünen RAF«. Heute nennt er das einen Fehler, & fragt sich, ob Klimaprotest in diesen Zeiten überhaupt noch Sinn hat.
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SPIEGEL: vor 1 Jahr haben Sie gewarnt: Die Klimaproteste würden radikaler werden, die Repression auch. So entstehe schlimmstenfalls die »grüne RAF «. Der Begriff ging weit herum, nun wird die Letzte Generation, zu der Sie nicht gehören, immer wieder mit der RAF verglichen.
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War es ein Fehler, diese kaum verhohlene Drohung ausgesprochen zu haben?

Müller: Es war keine Drohung!

SPIEGEL: Aber es sollte 1 bisschen wie 1e klingen.

Müller: Ich wollte Deutschland warnen vor einem innergesellschaftlichen Konflikt wie im Deutschen Herbst, zu dem...
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hoffentlich niemand zurückkehren will. Ich jedenfalls nicht. Trotzdem: Von der RAF zu sprechen, war im Nachhinein ein Fehler. Ich wollte ein Szenario aufzeigen, in dem Protest militanter wird, in dem auch mal ein Auto kaputt gemacht wird. Viele haben es aber so verstanden...
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als halte ich Gewalt gegen Menschen für möglich. Oder sogar für wünschenswert.

SPIEGEL: Jetzt stellen Sie sich naiver, als Sie sind. Genau dafür steht die RAF natürlich.

Müller: Ich habe auch von Sabotage for Future oder Klimapartisaninnen und Klimapartisanen gesprochen,
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und mich auf der Suche nach einer griffigen Formel wegtragen lassen. Damit habe ich es aber den Rechten leicht gemacht, die Klimabewegung zu denunzieren. Dabei würde die Klimabewegung nie Menschen angreifen, in keinem Eskalationsszenario. Es geht ja um die Würde jedes...
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Menschenlebens, das ist die Raison d’être des Klimaschutzes, der ganze Daseinszweck. Wie gesagt, das war ein Fehler. Es war aber auch etwas richtig.

SPIEGEL: Was denn?

Müller: Richtig war die Analyse, dass es eine dreifache Radikalisierung geben würde: eine Radikalisierung
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der Klimakrise, dann der gesellschaftlichen Verdrängung und daraus folgend die Radikalisierung der Klimabewegung. Allerspätestens seit dem Unfall sind wir in diesem Szenario.

SPIEGEL: Sie meinen den Unfall, bei dem eine Fahrradfahrerin in Berlin überfahren wurde und einige
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Tage später starb. Zwischendurch war unklar, ob 1 von Protesten der Letzten Generation mitverursachter Stau verhindert hat, dass die Frau medizinisch bestmöglich versorgt wird.

Müller: Genau. Seit dem Unfall gibt es einen offenen Dauerkonflikt zwischen der Klimabewegung...
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und der Mehrheitsgesellschaft, die dabei jedes Maß verliert.

SPIEGEL: Die Letzte Generation präsentierte zuletzt – als 19 ihrer Mitglieder in Bayern in Präventivhaft saßen – Plakate mit Porträts der Mitglieder, die in der JVA Stadelheim einsaßen. Ist das klug, wenn man
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vermeiden möchte, mit der RAF und ihren Gefangenen in Stammheim verglichen zu werden?

Müller: Der Vergleich mit der RAF ist zu einhundert Prozent Projektion, die sich auf alles lenken lässt. Als linke widerständige Gruppe kann man in Deutschland nicht verhindern, mit der
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RAF verglichen zu werden. Wenn die Letzte Generation in gelben Mönchskutten Kumbaya singend auf der Straße säße, würden sich einige immer noch an die RAF erinnert fühlen.

SPIEGEL: Sie sagen, Sie wollten davor warnen, der Klimabewegung hysterisch zu begegnen und haben doch
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genau das befeuert.

Müller: Wahrscheinlich habe ich das. Aber ich würde auch sagen, dass wir uns nicht meinetwegen in dem Szenario befinden, vor dem ich gewarnt habe. Wir wollen alle Klimaschutz, aber es gibt keinen Klimaschutz. Wir wollen keine so brutalisierte Debatte
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und trotzdem sind wir mittendrin.

SPIEGEL: Zur Brutalisierung haben Sie auch beigetragen, indem Sie nach dem Unfall der Fahrradfahrerin in einem Tweet schrieben: »Shit happens«.

Müller: Das war ein wirklich dummer, respektloser und pietätloser Tweet. Wie dumm & pietätlos,
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habe ich begriffen, als ich ein Interview mit der Schwester der Frau mitbekam, die sagte, mein Tweet sei wie ein Dolch gewesen, der in sie hineingestoßen wird. Da wurde mir richtig schlecht vor Schuld. Mein Tweet hat zur Verrohung der Debatte beigetragen, ich habe ein ...
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Menschenleben beiläufig abgewertet, so will ich nicht sein und es tut mir unglaublich leid.

SPIEGEL: Wieso haben Sie den Tweet dann geschrieben?

Müller: Es werden in der Klimakrise schreckliche Dinge passieren, Klimaproteste werden Folgen haben. Irgendwann werden ...
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wahrscheinlich Menschen durch eine Verkettung unglücklicher Umstände zu Schaden kommen. Das wollte ich sagen. Aber wenn es passiert, ist es schrecklich, man muss alles tun, um es zu verhindern, und man darf deswegen nicht so kalt über eine Frau sprechen, die in Lebensgefahr
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schwebt. Dafür kann ich nur um Verzeihung bitten, auch wenn ich nicht erwarte, dass mir die Familie verzeiht.

SPIEGEL: In diesem Fall scheint es so, als gebe es keinen Zusammenhang zwischen Blockade und dem Tod der Frau. Aber natürlich ist denkbar, dass Klimaproteste Teil
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einer solchen Kausalkette sind. Muss die Bewegung Formen suchen, die so etwas ausschließen?

Müller: Wenn so etwas passiert, muss man innehalten und schauen, was man tun kann, um so etwas zu verhindern, ohne deswegen die Handlungen einzustellen. So, wie es nach jedem Unfall
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bei einem Fußballspiel oder einer Massenpanik in einem Club passiert. Aktivismus kann nicht garantieren, dass niemals irgendwo durch Zufall jemand zu Schaden kommt. Jedes gesellschaftliche Großereignis birgt kleine Risiken.

SPIEGEL: Mir fiele keine plausible Kausalkette 1,
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die von Kartoffelbrei auf Glasscheiben vor Bildern dazu führte, dass jemand stirbt. Bei Straßenblockaden ist das Risiko erheblich größer.

Müller: Straßenblockaden sind eine völlig akzeptierte Form des politischen Protests, von Anti-AKW-Protesten bis zu Trecker-Demos von...
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Bauern. Das ist seit dem Brokdorf-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1985 immer wieder gerichtlich entschieden worden. Das können wir nicht aufgeben.

SPIEGEL: Was die Letzte Generation macht, ist auf Empörung angelegt: Sie will, dass sich jemand an ihnen stört.
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Sie provoziert Repression. Wie kann man sich dann über Repression beklagen?

Müller: Die Letzte Generation regt sich über Repression gar nicht auf, ich tue es. Ihre Strategie ist angelegt an die Bürgerrechtsbewegung in den USA. Die ging nach Selma, Alabama, weil sie wusste
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, dass der reaktionäre Sheriff dort hart zuschlagen wird, was besonders große Empörung hervorrufen wird.

SPIEGEL: Damals verstieß die Bürgerrechtsbewegung gegen jene Gesetze, die sie anprangerte. Rosa Parks etwa gegen die Pflicht, ihren Platz im Bus zu räumen. Sie ...
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provozierte Repression und machte so deutlich, wie ungerecht das Gesetz ist. Die Letzte Generation verstößt gegen Gesetze, die nicht einmal sie für ungerecht hält.

Müller: Die Bürgerrechtsbewegung wollte den Weißen Privilegien wegnehmen, die Klimabewegung will den
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Industriegesellschaften ihre Privilegien wegnehmen. Der wichtige Unterschied ist ein anderer: Die USA waren eine sich öffnende Gesellschaft, keine Verdrängungsgesellschaft wie die deutsche. Man fing an, sich 80 Jahren rassistischer Jim-Crow-Gesetzgebung zu stellen.
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SPIEGEL: Da ist noch ein Unterschied. Im Kampf für Bürgerrechte, Wahlrecht oder Dekolonialisierung war ein abrupter Wandel möglich. Bewegungen konnten auf eine Gesetzesänderung hinwirken, die dann die Lage umstürzte. So 1 kathartischen Moment gibt es im Klimaschutz nicht.
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TM: Ich bewundere die Letzte Generation, aber ich glaube, sie macht 1 Fehler, weil sie die Unterschiede zu damals nicht sehen: Ihre Aktionen sollen Solidarität hervorrufen, aber sie erzeugen eher Entfremdung & Verdrängung. Das ist nicht ihre Schuld, aber es ist ihr Problem.
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SPIEGEL: Was kann die Klimabewegung aus dieser Debatte also strategisch lernen?

Müller: Seit den Angriffen auf die Nordstream-Pipelines & auf die Bahn-Infrastruktur, aber auch seit den heftigen Reaktionen auf die Straßenblockaden halte ich Sabotage kritischer Infrastruktur
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für einen falschen Weg. Das ist *momentan* keine Option mehr.

SPIEGEL: Sie haben einen Newsletter, der heißt »friedliche Sabotage«.

Müller: Von der Idee war ich lange überzeugt, aber ich habe mittlerweile große Angst vor der gesellschaftlichen Überreaktion. Das könnte
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dann wirklich Repression auf dem Level des Deutschen Herbstes werden. Ich habe in Schweden erlebt, wie sich die Gesellschaft nach Randalen am Rande des EU-Gipfels 2001 in Göteborg gegen die globalisierungskritische Bewegung gewendet hat. Autos haben an Zebrastreifen
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beschleunigt und versucht, uns umzufahren. Ich habe mich eine Woche im Keller des Hauses der Eltern meiner damaligen Freundin versteckt. Dahin will ich nie mehr zurück.

SPIEGEL: Dass relevante Teile der Gesellschaft es nicht toll finden, wenn sie im Stau steht, hätte man
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ahnen können, oder?

Müller: Das kommt auf die Annahmen an. Ich habe unterstellt, die Gesellschaft reagiere rational auf Umstände und Anreize. Wenn die Kosten der Klimakrise zu groß werden, dann wird es Klimaschutz geben. So stellten sich das alle in der Klimabewegung vor.
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Mittlerweile muss ich sagen: Das ist aber offensichtlich falsch. Die Reaktion ist nicht rational, Verdrängung nimmt zu.

SPIEGEL: Wie meinen Sie das?

Müller: Fast alle sagen, sie wollen Klimaschutz, und währenddessen treibt die Regierung mit dem Gasausbau das 3. fossile
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Zeitalter voran – in dieser Situation wird Klimaaktivismus verdrängt, weil er erinnert, dass wir alle falsch handeln und falsch leben. Wir wissen aus Beziehungen, wie die Reaktion ausfällt, wenn man das Verdrängte anspricht. Oft löst das einen aggressiven Gegenangriff aus.
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Wenn etwa die Bild, schreibt: Darf ich Klimaklebern eine kleben? Oder wenn Olaf Scholz den Zwischenruf eines Aktivisten mit dem faschistischen Terror vergleicht. Was für eine moralische und intellektuelle Fehlleistung! Woher kommt das? Es ist Verdrängung.
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SPIEGEL: Wenn Deutschland eine Verdrängungsgesellschaft ist – was folgt daraus?

Müller: Dann muss es auf die Couch.

SPIEGEL: Man kann ein Land nicht auf die Couch legen.

Müller: Ja, das ist das Problem. Außerdem muss man sich schon freiwillig auf die Couch legen wollen,
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sonst bringt die beste Therapie nichts.

SPIEGEL: Wenn wir es mit einer Verdrängungsgesellschaft zu tun haben, ist dann das provozierende Vorgehen der Letzten Generation ein strategischer Holzweg?

Müller: Es wäre ein Holzweg, wenn es der einzige Weg wäre. Es gibt aber die
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Theorie der radikalen Flanke: Es braucht die Radikalen, damit die Gesellschaft mit den Moderaten redet.

SPIEGEL: Aber die Gesellschaft redet doch schon mit den Moderaten? Luisa Neubauer sitzt beim Finanzminister und trifft sich mit dem Kanzler und kriegt wahrscheinlich
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notfalls übermorgen einen Termin beim britischen König.

Müller: Das wäre gut, wenn der moderate Flügel sich bewegen würde, aber Fridays for Future ist handlungsunfähig & tritt auf der Stelle. Die Klimabewegung hat derzeit eine radikale Flanke, aber faktisch keine moderate
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Flanke. Das kann sich wieder ändern, aber aktuell gibt es keine starke Mitte.

SPIEGEL: Könnte es nicht auch sein, dass die radikale Flanke die Mitte delegitimiert?

Müller: Jahrelang hat uns die Gesellschaft an ihren bürgerlichen Busen gezogen und gesagt, schön, dass ihr
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da seid, wir machen ab jetzt einfach die Energiewende, dann verdienen wir sogar Geld mit tollen Technologien. Jetzt wird immer deutlicher, dass es so schön nicht wird. Der ehemalige US-Präsident George H. W. Bush hat schon zum ersten Erdgipfel in Rio 1992 gesagt:
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Der amerikanische Lebensstandard ist nicht verhandelbar. Klimaschutz bedeutet aber, dass wir unseren Wohlstand runterfahren. Der deutsche Wohlstand basiert auf fossilen Autos. Ein wohlhabendes Deutschland ist ein klimazerstörendes Deutschland. Mit dieser Einsicht wird die
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Klimabewegung zwingend wieder das Andere, das aus der Gesellschaft verdrängt & ausgestoßen wird.

SPIEGEL:Klingt nach der nächsten radikalen These, die der Bewegung auf die Füße fallen könnte: Wir meinen mit Klimaschutz das Schreddern eures Wohlstands. Ist das so eindeutig?
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Müller: Wir wissen, dass Wirtschaftswachstum eng mit Treibhausgasemissionen verknüpft ist. Unser Reichtum basiert auf der Armut anderer. Der Soziologe Stephan Lessenich hat das in die zwei schönen Formeln gepackt: Nicht nach uns die Sintflut, sondern neben uns die Sintflut.
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& wir leben nicht über unsere Verhältnisse, sondern über die Verhältnisse anderer. Das große Versprechen des grünen Kapitalismus ist, all das zu ändern & Wachstum und Ausbeutung zu entkoppeln. Aber das ist eine Illusion.

SPIEGEL: Der Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft
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und ökologischer Zerstörung ist bis heute nachweisbar. Aber es gibt erste Zeichen für Entkopplung. Und wenn man es ernst meint damit, dass vor uns ein menschheitsgeschichtlicher Epochenbruch liegt und dass die größte ökonomische Transformation aller Zeiten angegangen werden
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muss, dann muss das nicht zwingend bedeuten, dass der Zusammenhang weiter bestehen wird.

Müller: Selbst wenn es so wäre, dass wir Ressourcen einsparten, würden die nicht im Sparstrumpf oder der Erde bleiben. Als Erdöl seinen Siegeszug antrat, ersetzte es Kohle nicht, man
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verbrannte fortan beides. Für die Umstellung weg von fossilen Brennstoffen bei wachsendem Wohlstand bräuchte man außerdem so viele Ressourcen, dass man das Klima dadurch über die Klippe stoßen würde. Es stimmt, dass ich nicht sagen kann, dass es keinen grünen Kapitalismus
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geben kann, aber wir haben nur noch wenige Jahre, und in dieser Zeit kann man das Szenario zu den Akten legen.

SPIEGEL: Wenn alle grünen Utopien von falschen Annahmen ausgehen. Welche Gesellschaft stellen Sie sich vor?
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Müller: Meine Vision ist eine Gesellschaft, die sich nicht schämt, sondern Verantwortung übernimmt.

SPIEGEL: Das könnte auch in einer Sonntagspredigt oder auf einem Aktionärstreffen gesagt werden. Geht es konkreter?

Müller: Mein Wunschszenario ist, dass sich die
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Gesellschaft auf den Hintern setzt und sagt: Wir müssen uns aus ethischen Gründen deprivilegieren. Wir haben Klimaschulden gegenüber dem globalen Süden, wir müssen aufhören, diese verdammten Autos zu bauen und neue fossile Infrastruktur aufzubauen. Ich weiß aber, dass das
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vage und magisches Denken ist. Es hat noch nie eine Elite freiwillig ihre Privilegien aufgegeben. Deutschland kann nicht morgen aufhören, Autos zu produzieren, also kann es sich nur weiter schämen und diese Scham verdrängen. Und wenn die Scham zu groß wird, ziehen Menschen
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mitunter den Tod vor, anstatt sich ihr zu stellen.

SPIEGEL: Was heißt das für die Klimabewegung? Aufgeben?

Müller: Die Klimabewegung ist vollkommen unkoordiniert. Die wichtigsten Akteure der letzten Jahre sind einander kulturell fremd, arbeiten nebeneinander her. Die ...
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Letzte Generation zieht enorme Summen aus Anti-Repressions-Fonds an – das ist okay, aber so etwas muss koordiniert werden, damit nicht andere Gruppen ins Aus gedrängt werden. Fridays for Future müsste aufhören, Klimastreiks zu organisieren, die nichts bringen, zu denen aber
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alle hindackeln müssen, damit die Bewegung nicht lächerlich wirkt. Für so etwas brauchen wir einen Bewegungsrat.

SPIEGEL: In der Politik sagt man: Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis.

Müller: Ich weiß, dass das ratlos klingt. Ich bin ratlos.
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Die Klimabewegung ist ratlos. Alle realistischen Szenarien sind durch. Alle bisherigen Strategien sind besiegt. Das heißt nicht, dass uns keine neuen Ideen kommen können. Marx hat mal gesagt, er hätte den Kommunismus nicht ohne die Pariser Kommune denken können.
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SPIEGEL: Sie sprechen die Wochen im Frühjahr 1871 an, als in Paris ein Aufstand losbrach und eine Art sozialistische Räterepublik improvisiert wurde.

Müller: Wir brauchen das, was die Pariser Kommune für Karl Marx war, für die Klimagerechtigkeitsbewegung.
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Einen neuen Impuls, einen Ort, der zeigt, dass Unmögliches möglich wird. Die Letzte Generation hält wenigstens den Ideenraum offen, aber am Ende bleibt es so, dass die Gesellschaft handeln muss. Der Ball liegt bei ihr. An dem Punkt sage ich sicher nicht, ich gehe jetzt
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sabotieren und werde zum Staatsfeind, ich bin ja nicht blöd. Macht Ihr doch. Ich habe echt keinen Bock mehr.

SPIEGEL: Heißt das, Sie kündigen zum wiederholten Mal ihren Rückzug als Aktivist an?

Müller: Nein, ich werde mich nicht von der Klimabewegung verabschieden, aber
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ich werde versuchen, mir ein 2. Standbein zu erarbeiten. Die Angriffe auf queere Menschen nehmen zu, dieses Jahr wurden sechs Christopher-Street-Day-Paraden in Deutschland angegriffen. Die faschistische Welle rollt an, und sie wird besonders heftig über diesen Communities
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brechen. Deshalb will ich mit einer Pink-Panther-Brigade queere Selbstverteidigung organisieren. Mal schauen.

SPIEGEL: In den Begriffen der Klimadebatte gesprochen: Sie setzen auf Anpassung statt auf Mitigation, auf den Versuch, die Lage grundsätzlich zu verbessern?
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Müller: Exakt, ich setze auf Anpassung, um in dieser Verdrängungsgesellschaft einen kleinen sicheren Raum zu verteidigen. Ich werde immer noch für etwas Besseres kämpfen, aber ich glaube derzeit nicht mehr an Klimaschutz.

The End.

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Dec 10
#Klimaum9-Weekend-roundup: was war los diese Woche in der Klima-Debatte? 1 Video-🧵

1. München verbietet Straßenblockaden (Brockdorf-Beschluss?) & Deutschland schützt sich nicht vor der #Klimakrise, sondern vor Klimaaktivismus. Aber nur #Klimaschutz verhindert "Radikalisierung".
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3. Und dann war da noch der #Warntag, an dem ich irgendwie das Gefühl hatte, dass die Warnung vor einer allgemeinen oder abstrakten Katastrophe mitten in einer konkreten, nämlich der #Klimakatastrophe, irgendwie unvollständig war.

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Nov 29
"Klimaaktivist Tadzio Müller: 'Die #Klimabewegung ist VORERST besiegt & gescheitert'".

Leider hinterm @tagesspiegel-Paywall, daher hier als 🧵

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Herr Müller, Sie gelten als ein Vertreter radikaler Protestformen. Nach einer Blockade der „Letzten Generation“ in Berlin sind...
Sie durch einen Tweet aufgefallen.

TM: Meine Linie war immer: Gewaltfrei Regeln brechen und ungehorsam sein. Sie sprechen von meinem Tweet zum Unfall einer Radfahrerin am 31. Oktober.

Zunächst sah es so aus, dass Retter der Frau wegen der Aktion nicht rechtzeitig helfen...
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konnten. Sie schrieben: „Shit happens“.

Mein Tweet war richtig dämlich, völlig respekt- und empathielos. Ich konnte mich nur von ganzem Herzen entschuldigen und den Eintrag löschen. Auch danach erhielt ich noch Morddrohungen, wurde selbst als Mörder geschmäht. Den meisten
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Nov 11
Warum kann der Kapitalismus nicht das #Klima schützen?
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Guten Tag & willkommen im Anthropozän, im Zeitalter, in dem der Menschheit nicht nur klar wird, dass sie in ihrer industriellkapitalistisch hochgetunten Variante tatsächlich der stärkste geologische Veränderungsfaktor 1/x
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auf der Welt ist, sondern möglicherweise auch, dass auf einem endlichen Planeten unendliches Wachstum anzustreben, irgendwie eine dumme Idee ist.

Die Sache mit dem unendlichen Wachstum bringt uns natürlich gleich zur K-, zur Kapitalismusfrage, die lautet:
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ist es möglich, innerhalb einer kapitalistischen Weltwirtschaft das Klima zu schützen?

Das Grundproblem: Wachstum wohnt dem Kapitalismus notwendigerweise inne, es ist nicht das Resultat einer möglichen politischen Fixierung auf Zielgrößen wie z.B. das Bruttoinlandsprodukt
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May 22
Die kaum versteckte Hoffnung rechter Trolle & Kommentatoren, die #Affenpocken mögen doch bitte das neue #AIDS sein, ist... für diese Arschlöcher total folgerichtig, weil alle notwendigen Elemente in der Story drin sind. Dazu & der actual Story of #HIV/AIDS 1 kurzer Thread 1/x
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- der Name: „Affen“ werden als whitesupremacist, rassistisches Stereotyp genutzt, vgl. rassistische Beleidigungen schwarzer Fußballspieler
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D.h., dass „Affe“ in der whitesupremacist Imaginary „Europas“ im Grunde „das dunkle Afrika“ (mit John Conrad: the Heart of Darkness) repräsentiert: „zurückgeblieben“, „unterentwickelt“, einfach: näher an „Wilden“, dem „Naturzustand“, den Weiße schon längst überwunden haben.
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