Die Jury des @mediummagazin hat mich unter die Journalist*innen des Jahres 2022 im Bereich Wissenschaft gewählt.
Das ist eine schöne Anerkennung meiner Arbeit, aber um ehrlich zu sein: Es fällt mir schwer, mich darüber zu freuen 🧵 #jdj2022
Ich mache das hier jetzt seit zweieinhalb Jahren, und obwohl ich sehe, dass sich etwas bewegt – dass Kolleg*innen etwas bewegen –, ist das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Veränderung nicht ansatzweise da, wo wir es bräuchten.
Mir ist schon klar, dass zweieinhalb Jahre nicht besonders lang sind, wenn man versucht, etwas grundlegend zu verändern; mir ist auch klar, dass viele andere schon sehr viel länger daran arbeiten.
Mir ist klar, dass neue Ideen ständige Erklärung und Wiederholung brauchen, bis sie sich setzen; dass die letzten Jahre wenig Raum dafür gelassen haben, weil sie für alle anstrengend und emotional hart waren; dass jede*r genug anderen Krisen hat, beruflich und privat.
Mir ist klar, dass es grundsätzlich nicht um individuelles Versagen geht, dass es strukturelle Gründe dafür gibt, dass wir da stehen, wo wir stehen. Und mir ist klar, aus eigener Erfahrung, dass es gar nicht so einfach ist, das Ausmaß und die Zusammenhänge der Krise zu verstehen.
Das ist mir alles klar, mir ist mittlerweile aber auch klar, dass den Kipppunkten und dem CO2-Budget völlig egal ist, warum wir sie reißen; und was “Irreversibilität” und nicht-linare Entwicklungen in der Klimakrise bedeuten.
Mir ist klar, dass wir nur noch eine kleine Chance haben, die Erderhitzung auf einem Level zu stoppen, an das wir uns idealerweise noch anpassen können und mir ist klar, dass wir das gerade nicht mal ernsthaft versuchen.
Mir ist klar, dass das für viele pathetisch klingt. Aber ich erlebe jeden Tag, dass diese Zusammenhänge in unserer Branche nicht ausreichend begriffen sind – ebenso wie ich erlebe, dass es möglich ist, sie zu erklären.
Im Nachhinein bin ich dankbar dafür, mit welcher Naivität ich im Sommer 2020 dachte: Ich sage einfach mal Bescheid. uebermedien.de/52582/journali…
Seitdem habe ich Alarm geschlagen, habe Probleme analysiert, Lösungen gesucht und Wege dorthin entwickelt. Ich erkläre sie in Texten, in Interviews, auf Panels, in Vorträgen, bei Workshops und persönlichen Gesprächen.
Ich durfte dabei Menschen kennenlernen, die diese Wege schon lange gehen und von ihnen lernen. Und ich durfte Mitstreiter*innen treffen, die auch erst vor kurzem gestartet sind, und zwar weniger sichtbar, aber ebenso engagiert kämpfen.
Dafür bin ich dankbar.
Der Preis ist auch ein Preis für das Netzwerk @klimajourno und die Kolleg*innen vom @Netzwerk_Klima in Österreich.
Ohne sie wäre meine Arbeit niemals so anerkannt, wie sie – zumindest in Teilen der Branche – mittlerweile ist; ohne sie wäre ich nie für den Preis infrage gekommen.
Aber ich bin nicht nur dankbar, ich bin auch erschöpft und zunehmend verzweifelt und wütend.
Ich verzweifle an der Sturheit einer Branche, die ich mal für die beste und klügste der Welt hielt, und von der ich weiß, wie wichtig sie ist und wie sehr gerade versagt.
An Kolleg*innen, die ich in den vergangenen Jahren mehr als einmal kontaktiert und um Zeit, Aufmerksamkeit oder Hilfe gebeten habe. Die mir viel Erfolg “bei meinem Projekt” wünschen, um sich nicht damit auseinandersetzen zu müssen, dass das auch ihre Aufgabe ist.
Und ehrlich gesagt gehen mir langsam auch einfach die Ideen aus, was ich noch tun kann, um dazu beizutragen, den Transformationsprozess, den es auch im Journalismus braucht, auf eine angemessene Geschwindigkeit zu beschleunigen.
Ich hoffe, der Preis signalisiert der Branche nicht, dass sich andere schon kümmern. Sondern er ermutigt und mahnt mehr Kolleg*innen, selbst aktiv zu werden.
Wir können diese Aufgabe nur gemeinsam schaffen.
Wer nicht Teil der Lösung wird, bleibt Teil des Problems.
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Heute Abend wird mit dem #Reporterpreis einer der renommiertesten Preise der Journalismus-Branche verliehen, viele großartige Kolleg*innen sind nominiert, darunter einige wirklich gute klimajournalistische Beiträge.
Das freut mich, aber das reicht nicht 🧵
Eigentlich wollte ich einen langen und elaborierten Thread dazu schreiben, aber ich habe keine Energie dafür, und ich habe das alles hundertfach erzählt.
Falls es interessiert, hier ein paar Beiträge von mir, die nichts an Aktualität verloren haben:
{Vorab ein paar andere Tipps: Gutes Sammelwerk mit Beiträgen von tollen Kolleg*innen gibt es hier. @uebermedien scheint zuletzt auch aufgewacht. @wblau folgen lohnt sich sowieso, der twittert mit einer Kraft und Ausdauer, die ich gerade nicht habe 😅} oekom.de/buch/medien-in…
Mehr Faktenchecks würden den Meinungsbeiträgen @tagesschau wirklich gut tun. Ich finde Meinungspluralismus wichtig, und natürlich kann man die Proteste der Letzten Generation kritisieren.
Aber in dem Beitrag gibt es zwei grundlegende Logikfehler – die sind keine Meinung:
1. Nur weil man schon mal dachte, es gäb keine Zukunft, ist das heute nicht falsch.
Politische Proteste haben dafür gesorgt, dass damals u.a. die Ursachen des Waldsterbens gestoppt wurden. Genau das versuchen die aktuellen Proteste: Die Ursachen der Klimakatastrophe zu stoppen.
Die Bedrohung eines Atomkrieges war damals eine - extrem reale - Gefahr. Auch sie wurde u.a. aufgrund des politischen Drucks aus der Öffentlichkeit eingehegt.
Die Ängste davor waren nicht unsinnig, die Proteste dagegen nicht übertrieben. (Kurze Google-Suche: Präventionsparadox)
Als ich den Text veröffentlichte, war mir noch nicht lange klar, wie akut unsere Lage eigentlich ist. Das war mir erst 8 Wochen vorher bewusst geworden, und es hatte mich damals wie ein Schlag erwisch, denn schließlich war ich zu dem Zeitpunkt seit 10 Jahren Journalistin.
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Wie konnte es sein, dass ich nicht wusste, was die Klimakrise mit meinem Leben zu tun hat? Und das nachdem @FridayForFuture das Thema seit 2 Jahren in dem Mittelpunkt gerückt und ich fast täglich dazu gelesen hatte?
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Hallo #Klimatwitter, hallo #AcademicTwitter, bevor sich alle in den hart verdienten Urlaub zurückziehen: Ich brauche eure Hilfe.
Ich habe etwas geschrieben, was langes, und bevor das veröffentlich wird, würde ich mich freuen, wenn ein paar Expert:innen entsprechende Stellen ...
gegenchecken könnten. Ich würde dann sehr viel besser schlafen in den kommenden Wochen. Und der Sache wäre es auch zuträglich, wenn ich keine vermeidbaren Fehler, veralteten Daten oder unzulässigen Zuspitzungen drin habe. Mal geht es um 2 Absätze, mal um 10, mal um 1 Kapitel.
Alles in diesem Text ist richtig (soweit ich das beurteilen kann) & natürlich kann es nicht unsere Aufgabe sein, klimapolitische Maßnahmen immer zu bejubeln. So jedoch werden sie vor allem zerredet, das Verständnis für die (erwiesenermaßen) notwendigen Maßnahmen wird geschmälert.
Hier fehlen zwei wichtige Dimensionen:
1. Das Ziel ist nicht "Klimaneutralität bis 2050, weil die EU das will", sondern das Ziel ist es, unser aller Lebensgrundlagen zu schützen. Gebäude zu dämmen ist ein unsexy aber extrem notwendiger Teil davon.
Vielleicht werden wir unsere Zukunft einfach vergeigen, weil einem Großteil der Journalist:innen und Politiker:innen gar nicht klar war, wie ernst die Lage ist.
Und weil sie denen, die es ihnen gesagt haben, nicht zuhören wollten 🤷♀️
Meine Güte, ist das deprimierend. Gerade weil das Problem ja lösbar wäre. Oder: ist.