"Der Intellektuelle verriet schändlich seine Pflicht, als er in der Stunde des Triumphs des Faschismus das Ungerechte akzeptierte, weil es "eine Tatsache" war."
Julien Benda, Vorwort von 1946 zu seinem Buch "Der Verrat der Intellektuellen"
Ein Thread🧵
Deutsche #Intellektuelle schreiben gerne Briefe und Artikel auf Deutsch in deutschsprachigen Medien über die Ukraine. Oft geben sie noch eine englische oder französische Übersetzung, aber nie käme es ihnen in den Sinn, das auf Ukrainisch oder Russisch zu publizieren.
Deutsche Intellektuelle vermeiden Treffen mit Ukrainern. Alle viel zu emotional. Während die "Kriegstreiber" aus Solidarität in die #Ukraine fahren und mit eigenen Augen Irpin anschauen, bleiben sie lieber daheim. Distanz ist ja so wichtig für eine kühle Analyse.
Deutsch Intellektuelle schreiben meist mißverständliche, sorry: mißverstandene hochintellektuelle Briefe. Deswegen müssen sie danach durch viele Talkshows tingeln und Bücher schreiben, um sie zu erklären und zu erläutern.
Deutsche Intellektuelle haben Dostojewski gelesen und sehen das als Beweis für ihre Osteuropakenntnisse. Osteuropa ist meist Russland. Die Ukraine ist oft Ungarn. Je weniger sie wissen, desto mehr Ratschläge geben sie.
Der Deutsche Intellektuelle kennt ganz sicher keine klassischen polnischen, litauischen oder ukrainischen Schriftsteller, Philosophen oder Künstler. Das wäre nur Zeitverschwendung, gab es sicher alles schon als Gedanke oder Kunst in Deutschland.
Deutsche Intellektuelle kennen keine ukrainischen Intellektuellen oder versuchen gar mit Ihnen zu sprechen. Diese merken das zum Glück gar nicht, weil sie international besser vernetzt sind, 4 Sprachen fließend sprechen und keine Angst vor Social Media haben.
Deutsche Intellektuelle betrachten alle Osteuropäer als Nationalisten. Sie verstehen sich als Überwinder des Nationalismus, insbesondere wenn sie aus einem Pariser Café schreiben.
Der deutsche Intellektuelle schaut kein russisches Fernsehen, spricht kein Russisch, war aber mal in Moskau, deswegen weiß er auch besser als die Mittel- und Osteuropäer wie Russland tickt. Er kennt das Russisches Regime, das reicht. Kenntnisse zu Dissidenten sind nicht nötig.
Der Deutsche Intellektuelle kannte vor 2022 nur die "Ostukraine" und Lemberg in der Ukraine, betrachtete Ukrainisch als Dialekt und war stolz, dass er wusste, dass man im Donbas angeblich nur Russisch spricht.
Deutsche Intellektuelle kommen in der Mehrzahl aus Westdeutschland und kennen Amerikaner seit ihrer Kindheit. Sie verachten aber die USA-freundliche Haltung der Osteuropäer. Ihre geheime Liebe gehört der 'antikapitalistischen' Sowjetunion aka Russland ihrer Jugendzeit.
Deutsche Intellektuelle kennen sich weltmeisterlich gut bei Frieden, Verhandeln und Pazifismus aus. Sie dozieren gerne zu Kant und dem Ewigen Frieden gegenüber denjenigen, die sie von den Nazis befreit haben.
Widerstand gehört nicht zum Vokabular deutscher Intellektueller, aber das macht ihnen nichts...
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Schlögel:"Die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland hat mit Hilfsbereitschaft & Empathie reagiert. Das war ein elementarer Reflex der Gerechtigkeit, auf wessen Seite man steht.Ein Gegenbeweis gegen das ständige Lamento, wie dekadent, müde wir sind, gegen die russ. Propaganda."1
Und doch: Dass Europa dabei zusehe, wie ein europäisches Land zerstört und unbewohnbar gemacht werde, sei unbegreiflich.2
'Es ist seit vielen Jahrhunderten ein Problem, dass Russland nicht genau weiß, wo es beginnt und endet.'
Am 18.12.2011 starb Václav #Havel. Ein großer Verlust für🇨🇿und🇪🇺. Hier spricht er im August 2008 auf dem Open Air Festival in Trutnov zur Russ. Invasion in Georgien.
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Vaclav Havel: "Ich denke, dass es seit vielen Jahrhunderten ein russisches Problem ist, dass Russland nicht genau weiß, wo es beginnt und wo es endet. Obwohl es das größte Land der Welt ist, fühlt es sich immer ein wenig klein und von den winzigen Nachbarn um es herum bedroht." 1
Vaclav Havel: "Die Überrumpelung und Besatzung Georgiens sendet eine ziemlich klare Botschaft über die Natur des derzeitigen Putin-Regimes. Es ist um ein Vielfaches raffinierter als der Kommunismus unter Breschnew, aber im Grunde trägt es erneut imperiale Ambitionen in sich." 2
"Wladimir Putin wird nicht nur als der Mann in die Geschichte eingehen, dem es nicht gelang, das russische Imperium wiederherzustellen, sondern auch als Zerstörer der russischen Welt."
@fromTGA wirft einen Blick auf das Ende der "Russischen Welt". 1/4
"Es ist an der Zeit zu fragen, ob Wladimir #Putin ein Agent des amerikanischen Imperialismus ist. Denn kein Amerikaner hat dem, was Putin die "russische Welt" nennt, jemals nur halb so viel Schaden zugefügt wie der russische Führer selbst." 1
"Ich habe bis zum 24. 2. Russisch gesprochen", sagte Adeline, eine Kunststudentin aus der besetzten Stadt Nova #Kachovka [...]. Russland hat es nicht geschafft, die ukrainische Kultur zu übernehmen, sagte sie, also hat es sich jetzt vorgenommen, sie zu töten." 2
"Er war russ. Staatsbürger, wurde in Woronesch mobilisiert, freiwillig, auf eigenen Wunsch. Er kam in den #Donbas und hat sich dort erfolgreich „verGRABen“. 2
"Ich habe die Info zufällig in den Sozialen Medien gesehen. Sein Freund, ein Ork wie er, stellte die Info ein. Ich war so benommen, dass ich nicht wusste, wie ich das verstehen sollte, ich habe gestеrn geweint." 3
"Langfristig wird sich das Gravitationszentrum in Europa nach Osten verschieben und Europa stärker und kompakter aus dem Krieg hervorgehen und in der Lage sein, die Herausforderungen der Zukunft besser zu meistern."
🧵 #Littell faz.net/aktuell/feuill…#fplus
"Der Krieg in der Ukraine wird #Littell zufolge zum „Maidan für Russland“. Die Niederlage müsse für Russland so verheerend ausfallen, „dass Putins Elite keine andere Wahl haben wird, als sich seiner zu entledigen“." 2
Noch vier übersetzte Zitate aus Littells neuer Essay-Sammlung 'Über die russische Aggression':
"Putin erwies sich als brillanter Taktiker, wenn es darum ging, Schwächen und Widersprüche des Westens auszunutzen." 3
Im Tagebuch finden sich "Geschichten über meine Freunde, Kollegen, Menschen, die mir in dieser Zeit etwas bedeuten. Während des Krieges verlor das Materielle an Bedeutung, alles Emotionale und Menschliche hat 500 Mal mehr Bedeutung als zuvor." 1
"Meine Lieblingsliteratur waren die Tagebücher von Alexander Blok, Franz Kafka, das sehr tragische Tagebuch von Kornej Tschukovskij in zwei Bänden und viele andere Tagebücher, durch die man etwas über das Leben in bestimmten historischen Momenten erfährt." 2