Bezeichnenderweise fängt für ihn die Debatte über Waffenlieferungen erst nach dem 24.2.2022 an. Die Diskussion vor Beginn der absehbaren Großinvasion (Stichwort: 5000 Helme) ignoriert er. Das ist praktisch für Müller: sonst müsste er sich ja fragen,
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ob eine besser gerüstete Ukraine den russischen Aggressor abgeschreckt oder zumindest früher aufgehalten hätte.
Stattdessen äußert er nun seine „Sorgen“, dass der Ukraine nicht mehr nur „vergleichsweise harmlose“ Waffen geliefert werden, sondern immer „martialischere“.
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Mit anderen Worten: Müller stört es, dass den Ukrainern ermöglicht wird, sich ernsthaft zu wehren.
Das macht ihm Angst, denn er fürchtet, Russland könne sich durch solche Lieferungen an die Ukraine irgendwann in seiner Existenz bedroht sehen - und
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„das ist ja der Moment, für den die russische Militärdoktrin Nuklearschläge vorsieht, ganz explizit und ganz rational formuliert auch“.
Müller selbst geht allerdings jegliche Rationalität ab - es bleibt sein Geheimnis, wieso sich Russland durch die Ukraine
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in seiner Existenz gefährdet sehen soll, wenn er zugleich meint, nicht einmal die Lieferung von Leoparden werde die Ukraine befähigen, den Krieg zu gewinnen.
Und so gruselt er sich davor, der Westen könne durch die Unterstützung der Ukraine „aus Versehen“ einen
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„Kipppunkt“ überschreiten, an dem „uns das plötzlich um die Ohren fliegt“. Folgerichtig fordert er, die Waffenlieferungen „auslaufen lassen“ und für Verhandlungen mit Russland zu plädieren.
Ob Putin überhaupt verhandeln will, ist für ihn irrelevant:
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„Im Moment ist es ja so, dass sich die Ukraine weigert, Verhandlungen anzufangen.“
Neben dieser obligatorischen Täter-Opfer-Umkehr (bei der er typischerweise ausgeklammert, worüber eigentlich verhandelt werden soll), dürfen natürlich die Unterstellungen nicht fehlen:
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Kriege seien dazu da, um Waffen zu testen, erklärt Müller die Motive für die militärische Unterstützung der Ukraine, und die Grünen engagierten sich deshalb so stark in der Waffenfrage, weil sie sich in der Regierung als „bündnisfähig, kampffähig“ zeigen wollten.
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Müller hat kein einziges in sich schlüssiges Argument gegen Waffenlieferungen vorgebracht, dafür aber das Klischee vom unzurechnungsfähigen Russen wiederholt, der mit Atomwaffen in der Hand Amok laufe - und den man besser besänftigen müsse.
Mit einem ukrainischen Opfer.
10/10
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Es ist bezeichnend für die Anfälligkeit vieler Deutscher für Verschwörungsmythen, dass sie es ernsthaft für denkbar hielten, die viele Toten auf dem #Maidan seien von Bewaffneten der Opposition ermordet worden, um den Hass auf Janukowitsch anzustacheln. 1/
Bei ihrer Suche nach "verborgenen" Tatsachen ignorierten sie, was offen zutage lag: Dass ein korruptes Regime sich notfalls mit Waffengewalt an der Macht halten wollte und nicht erst Dutzende Menschen ermordet werden mussten, damit die Menschen dessen Sturz anstrebten.
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In ihrer Cui-bono-Manie, der sich auch Journalisten etwa bei "Monitor" hingaben, wollten viele Deutsche nicht wahrhaben, dass Menschen bewusst Dinge tun, die ihnen aber letztlich nicht nutzen. Das krasseste Beispiel für die Anfälligkeit derartiger Verschwörungsmythen ist #MH17
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Die deutsche Redaktion der NZZ hat ein besonders originelles Argument, warum die USA auf Lieferung der Leos an die Ukraine drängen: Dann könnten sie ihre Abrams als Ersatz anbieten und die deutsche Rüstungsindustrie somit ausbooten, weil die nämlich 1/ nzz.ch/international/…
keine Kapazitäten mehr habe, um neue Leos herzustellen. Man fragt sich aber nur, wie man denn jemand aus dem Panzergeschäft ausbooten soll, der dort ohnehin kaum mehr tätig ist? Der NZZ-Autor stellt die Panzerfrage als Mittel der USA dar, die Europäer "leichter" in die von
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Washington geführte Allianz einzubinden - als handele es sich bei den Abrams um Ringe wie aus den Tolkien-Sagen. Wenn Scholz den Polen, Finnen etc. erlaube, ihre Leos an die Ukraine zu liefern, so der Autor, schade er den deutschen (Rüstungsindustrie-)Interessen. Fraglich nur,
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#Deutschland ist geübt in der Kunst der #Selbstabschreckung: Als #Russland 2014 in den Donbas einfiel, übernahmen zwar viele bereitwillig Putins Narrativ vom „ukrainischen Bürgerkrieg“, fürchteten zugleich aber, er werde Atomwaffen gegen uns einsetzen. 1/ m.faz.net/aktuell/feuill…
Bis 2022 wurden der Ukraine deshalb keine Waffen geliefert, mit denen sie sich hätte wehren können. Wird es „wieder Krieg in Europa“ geben?, wurde bange gefragt, womit klar war, dass der bereits entfesselte Krieg ignoriert und nur die Angst um sich selbst die Feder führte.
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Die acht Jahre währende „Zurückhaltung“ und die fortgesetzte Einbindung von Putins Diktatur in den Welthandel haben den Mann im Kreml aber nicht besänftigt, sondern ihm vielmehr signalisiert, dass er einen sehr effektiven Hebel gefunden hat, um den Westen - oder genauer:
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@derspiegel hat mit Thomas Fischer einen Autor, der es im Flechten von Strohmännern zu großer Meisterschaft gebracht hat. Besonders gerne arbeitet er sich an der militärischen Unterstützung der Ukraine ab - mit dem Standardargument, dass die Ukraine sich
zwar gegen den Angriff Russlands verteidigen dürfe, aber... und danach ist von russischen Verbrechen, vom Leid der Ukrainer und vom Gebot, Opfern einer Aggression zu helfen, keine Rede mehr. Stattdessen folgt eine Suada zynischer Unterstellungen, wie etwa der, dass die Enkel der
deutschen Wehrmachtssoldaten sich nie für deren Verbrechen interessierten und jetzt über "jeden toten oder verstümmelten russischen Soldaten" freuen und Panzer für die Ukraine fordern.
Das nehme ich mal persönlich. Als 17-jähriger habe ich in den 80ern das Schicksal sowjetischer
#Mützenich redet wieder von einer "#Scholz-Doktrin": Der Kanzler habe den chinesischen Staatschef dazu bewogen, den möglichen Einsatz von #Atomwaffen als Angriffswaffe zu verurteilen. Das lässt tief blicken. Denn damit hat Scholz gewissermaßen nur Glasperlen erhalten, weil 1/
ein solcher Einsatz ohnehin nie zur Doktrin irgendeiner Macht gehörte und er also implizit schon immer geächtet war. Bezeichnenderweise erkennt Mützenich auch nicht, dass der eigentliche Tabubruch in der bloßen Drohung Russlands mit seinen Atomwaffen besteht. Entsprechend hat
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Biden explizit vor allem auch diese Drohung verurteilt, weil er deutlicher als die SPD-Politiker erkennt, dass diese Drohung Russlands die eigentliche Waffe gegen die Ukraine ist. Sie soll den Westen davon abhalten, der Ukraine Waffen zu liefern, mit denen sie sich effektiver
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"Dieser Krieg war anfangs nur eine innenpolitische Auseinandersetzung der Ukraine. Die ging bereits 2014 los, zwischen den russischsprachigen ethnischen Gruppen und den Ukrainern selber."
Nein. Igor Girkin hat schon 2014 detailliert dargelegt, wie er 1/
den Krieg in den Donbas getragen hat - und wie die Menschen in Donezk im Juli 2014 lieber im Kaffee gesessen hätten, statt sich seiner Soldateska aus russischen Geheimdienstlern, russischen Nazis und örtlichen Kriminellen anzuschließen: zavtra.ru/blogs/kto-tyi-…
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"Es ist eben auch ein Stellvertreter-Krieg zwischen den USA und Russland, und da geht es um ganz konkrete geopolitische Interessen in der Schwarzmeerregion. ... Die Schwarzmeerregion ist für die Russen und ihre Schwarzmeerflotte so wichtig wie die Karibik oder die Region um
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