Der #Denkmalschutz ist ein Problemfeld für den Ausbau der #Erneuerbaren und die Erreichung der #Klimaneutralität. Aber dieser Fall ist für eine Skandalisierung eher ungeeignet, sondern vielmehr ein Beispiel dafür, wie #Energiewende gelingen kann. Ein🧵als Einordnung 👇 1/14
Das #OVG#Lüneburg hatte im April 2022 im einstweiligen Rechtsschutz aufgrund des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes (NDSchG) die aufschiebende Wirkung eines gegen eine #Windenergieanlagengenehmigung eingelegten Widerspruchs angeordnet (Az.: 12 MS 188/21). 2/14
Der so bewirkte Baustopp wurde mit der Entscheidungen des niedersächsischen Gesetzgebers in den §§ 8 und 7 NDSchG begründet. Eine Beeinträchtigung des Denkmals sei nur zulässig, wenn das Interesse an der EE-Stromerzeugung überwiegt und der Eingriff zwingend sei (Rn. 44). 3/14
Da dabei Standortalternativen zu berücksichtigen seien, schiede ein zu rechtfertigender Eingriff durch #Windenergieanlagen bei dadurch verursachten erheblichen Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes des #Denkmals regelmäßig aus (Rn. 68). 4/14
In einem Obiter Dictum äußerte das OVG Zweifel an dem damals noch nicht verabschiedeten § 2 EEG, so dass im Raum stand, dass auch nach Inkrafttreten des § 2 EEG sich die #Windenergie trotz des überragenden öffentlichen Interesses nicht durchsetzen würde können (Rn. 74). 5/14
Wäre der Fall an dieser Stelle zu Ende, wäre die in der @noz_de geäußerte Kritik mehr als berechtigt. Das OVG hätte dann angesichts der #Klimaschutzerfordernisse überzogene Anforderungen an Standortalternativen aufgestellt (die es nicht nur beim #Denkmalschutz überdehnt). 6/14
Doch der Nds. Gesetzgeber hat das Problem erkannt und die Abwägungsgewichtung im NDSchG schnell geändert. Im Zuge der am 6.7.2022 in Kraft getretenen Novelle des Nds. #Klimaschutzgesetzes wurde das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Denkmal- und Klimaschutz umgekehrt. 7/14 @OlafLies
Im Regelfall setzt sich seitdem die #Windenergie durch, wenn „der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild reversibel ist und in die denkmalwerte Substanz nur geringfügig eingegriffen wird“, § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, S. 2 NDSchG n.F. 8/14
Dieses Vorgehen ist genau das, was wir für eine erfolgreiche #Energiewende brauchen: Fehlerkultur, Lernfähigkeit und schnelle Umsetzung in neues Recht. Wenn dies überall so gelänge wie hier, wären wir weiter. Das hätte die Kernaussage der @noz_de sein können. 9/14
Ist damit alles gut? Nein, die Änderung ist zunächst nur auf #Niedersachsen beschränkt. Aber auch dort wird es in Zukunft weiter - teils berechtigte, teils vllt. fragwürdige - Entscheidungen gegen die #Windenergie geben. Das deutet sich bereits jüngst beim OVG Lüneburg an. 10/14
Das OVG hält auch für den neuen Gesetzeswortlaut an der Prüfung von Standortalternativen fest (Az.: 12 MS 188/21). Diese wird aber auf das jeweilige Gemeindegebiet beschränkt. Hier wäre eine andere, windenergiefreundlichere Auslegung jedenfalls möglich gewesen. 11/14
Denn die Prüfung von Standortalternativen hatte es zuvor aus dem "zwingend" am Ende von Nr. 2 abgeleitet. Jetzt sind die Erneuerbaren aber in einer neuen Nr. 3 geregelt, die gerade kein "zwingend" mehr enthält. Hier müssen die Entwicklungen weiter beobachtet werden. 12/14
Die Priorisierung der #Windenergie hätte im neuen NDSchG eindeutiger ausfallen können. Beteiligung der Denkmalschutzbehörde und Abwägung müssen weiterhin immer erfolgen. Wenn #Beschleunigung die Maxime sein soll, könnte im Normalfall von einer Prüfung ganz abgesehen werden. 13/14
Vorbild könnte ein Baustein des Kabinettsentwurfes zur Änderung des Bayerischen DSchG sein: Eine Prüfung soll nur noch bei „besonders landschaftsprägenden Denkmälern“ stattfinden, Art. 6 Abs. 5. Allerdings ist offen, ob und wann der Vorschlag Gesetz wird. @MarkusBlume 14/14
Bei fast allen Privatkunden führt die Senkung der EEG-Umlage zu keiner direkten Entlastung. Diese haben mit ihren Lieferanten einen bestimmten Betrag je kWh vereinbart, der zu zahlen ist. Eine Senkung der EEG-Umlage ändert diesen Vertragsinhalt zunächst nicht. Eine Einordnung 👇
Das spricht nicht gegen die Senkung, erfordert aber zusätzliche Vorkehrungen des Gesetzgebers, wenn gewährleistet werden soll, dass die Senkung der EEG-Umlage auf null im laufenden Jahr tatsächlich für alle eine entlastende Wirkung haben soll. 2/7
Das EEG regelt grundsätzlich nicht, dass die Verbraucher die EEG-Umlage zahlen. Es wird zwar davon ausgegangen, dass die Lieferanten die Kosten bei ihren Preiskalkulation einpreisen. Die gesetzlichen Regelungen enden aber bei der Zahlungspflicht der Lieferanten an die ÜNB. 3/7
Der Projektionsbericht im KSG ist ein gutes Beispiel dafür, wie man die #Klimaschutzgovernance nicht ausgestalten sollte. Eine Thread zur Einordung des Status quo und möglicher Reformoptionen. 1/9
Der Projektionsbericht ist ab 2021 all zwei Jahre nach Maßgabe des Art. 18 Governance-VO zu erstellen, § 10 II 1 KSG. Diese Pflicht besteht aber ohnehin, aufgrund des Art. 18 Governance-VO. Die Regelung im KSG ist daher lediglich deklaratorisch und ohne eigenen Mehrwert. 2/9
Um die 🇪🇺und 🇩🇪 Ebene sinnvoll zu einer wirkungsvollen Klimaschutzgovernance zu verzahnen, sollte anstelle einer bloßen Wiederholung der Pflicht besser geprüft werden, ob der unabhängig vom KSG zu erstellende Projektionsbericht zusätzlichen Nutzen im KSG stiften könnte. 3/9
In den letzten Tagen mehren sich skeptische Einschätzungen zu den Möglichkeiten des Gesetzgebers, den #Windenergieausbau zu beschleunigen. Nicht alle Ideen sind umsetzbar, aber wir sehen durchaus viele Stellschrauben. 👇Ein🧵zur Einordnung aus rechtswissenschaftlicher Sicht. 1/12
Für eine kurzfristige Beschleunigung ist der Rechtsrahmen zur Anlagengenehmigung entscheidend. Parallel muss auch direkt das Planungsrecht geändert werden, um die #Flächenverfügbarkeit zu verbessern und einen zielpfadkonformen Ausbau zu ermöglichen. Beides geht Hand in Hand. 2/12
Der Schlüssel für die Beschleunigung der Genehmigungen liegt eindeutig in Reformen des Fachrechts, nur am Rande im Verfahren- und Prozessrecht. Für eine Beschleunigung des Windenergieausbaus sollte der Gesetzgeber umfassend das Prüfprogramm entschlacken und klarstellen, ... 3/12
#Klimaschutzgovernance: Aktuell werden die #Sektorenziele im Bundes-Klimaschutzgesetz kritisieren („zu eng“, „zu unflexibel“) und Änderungen am KSG gefordert. Die Kritik setzt aber am falschen Punkt an. Eine Thread zur Einordnung aus rechtswissenschaftlicher Perspektive. 1/
Trotz sektorspezifischer Jahresemissionsmengen ist das KSG gar nicht so unflexibel wie behauptet: Erstens können die #Sektorenziele von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages i.R.d. Gesamtemissionsbudgets angepasst werden, § 4 Abs. 5 S. 1. 2/
Zweitens sieht das KSG die geforderte Flexibilität ausdrücklich auch im Fall einer Zielverfehlung vor. § 8 Abs. 2 verpflichtet dazu „im betroffenen Sektor oder in anderen Sektoren oder (…) sektorübergreifende(n) Maßnahmen“ zu beschließen. 3/
Der Beschluss des @BVerfG zum #Klimaschutzgesetz ist auch ein Paradebeispiel für gelungene #Gewaltenteilung und ein Meisterwerk richterlicher Selbstbeschränkung. Wie es weitergeht, hängt jetzt von der Reaktion des Gesetzgebers ab: Versuch einer rechtspolitischen Einordnung👇.
Das BVerfG hatte weitreichende Anträge zur verfassungsrechtlichen Bewertung des deutschen Klimaschutzrechts vorliegen. Solche Verfahren bieten ein großes Konfliktpotenzial, weil die Judikative Gefahr läuft, zu weit in den Bereich der Legislative vorzudringen.
Das BVerfG als „Hüter des Grundgesetzes“ hat die Aufgabe, die verfassungsrechtliche Ordnung einschließlich der Grundrechte und des Umweltstaatsprinzips zu schützen. Dazu muss es den Gesetzgeber begrenzen, wenn und soweit dieser die verfassungsrechtlichen Grenzen überschreitet.
Die Entscheidung kann auch auf den zweiten Blick nicht unterschätzt werden und zwar in mehreren Dimensionen. Dies gilt für den Klimaschutz, aber noch mehr für das Umweltstaatprinzip aus Art. 20a GG allgemein und die Rechte zukünftiger Generationen auf eine lebenswerte Umwelt.
Bisher war die Rolle des Art. 20a GG in der Rechtsprechung des BVerfG nicht in dieser Art konkretisiert worden. Dies Lücke schließt das BVerfG heute und wertet das Umweltstaatsprinzip deutlich auf. Verstöße gegen Art. 20a GG können Grundrechtsverletzungen darstellen.
Damit wird Art. 20a GG justiziabel, auch wenn das BVerfG zu Recht feststellt, dass Art. 20a GG "keinen unbedingten Vorrang" gegenüber anderen Verfassungsrechtsgütern zukommt. Es bleibt zuvorderst eine politische Aufgabe, einen Ausgleich zu finden.