Thread by @Simmerl19

Bayern, Passau und die Letzte Generation.

Ein viel zu langer Thread.

Mit Stand 23.02.2023 fanden in #Passau vier Aktionen der @AufstandLastGen statt.
Die erste Aktion am 07.06.2022 lief wie üblich/erwartet ab:
1/x

Während die Aktivisti wegen Nötigung (sog. 2.-Reihe-Rechtsprechung) angezeigt wurden muss sich ein LKW-Fahrer wegen Körperverletzung verantworten:
hogn.de/2022/06/07/1-d…

Bei der jüngsten Aktion am 22.02.2023 (#pam23) war die Polizei erneut* im Vorfeld informiert und verhinderte die Aktion; Occupy schaffte es aber zeitgleich ein Banner an einem Lichtmast auf dem Ludwigsplatz zu befestigen.
pnp.de/lokales/stadt-…

Deutlich interessanter sind die zweite (06.02.2023) und dritte Aktion (15.02.2023).
Die 2. Sitzversammlung fand am Ludwigsplatz/Nikolastr. statt, ein TN klebte sich dabei fest.
Micha Frey wurde deshalb, nachdem es nicht seine erste derartige Aktion war, in Präventivhaft genommen.

Die letzte Generation skandalisierte, dass er auch mehrere Tage nach richterlichem Beschluss keinen Kontakt zu seinem Anwalt hatte.

https://twitter.com/AufstandLastGen/status/1623406470480949250

Andere Stimmen berichten jedoch, dass Micha auf einen Anwalt verzichtete.

Vor dem Hintergrund, dass die Polizei im Zusammenhang mit Klimaprotesten bereits mehrfach #Präventivgewahrsam beantragte & die Passauer Politik eine restriktiven Linie fordert (siehe u.a. den SEK-Einsatz beim @KlimacampP I an der Innpromenade) scheint das schier unbegreiflich.

Das Anti-Repressions-Training von LG wirkt - milde ausgedrückt - ausbaubar.
Die angeordnete und - für Bayern - vergleichsweise kurze Gewahrsamsdauer von zwei Wochen deutet darauf hin, dass es Polizei/Gericht sich vor dem politischen Hintergrund nicht zu leicht gemacht haben.

Sie ist trotzdem skandalös, denn dem Bündnis @noPAGBy zufolge erklärte das StMI 2018, dass Gewahrsam nur angewandt würde wenn andere Maßnahmen nicht erfolgreich waren. Von Meldeauflagen oder ähnlichem ist jedoch nichts bekannt. #noPAG
nopagby.de/fragen-und-ant…

Während Micha nun in Haft in Stadelheim saß gab die LG am 13.02.23 morgens eine erneute Versammlung in Passau für den übernächsten Tag bekannt.

https://twitter.com/AufstandLastGen/status/1625051124012138498

Diese Information reichte die Polizei noch am selben Tag an die Versammlungsbehörde der Stadt #Passau weiter.

Die Versammlungsbehörde versuchte nicht die Veranstalterin zu einer schriftlichen Anzeige zu bewegen.
Eine Allgemeinverfügung wurde ebenso nicht erlassen, die Polizei hatte jedoch den ganzen Tag über Streifen an neuralgischen Punkten der Stadt postiert.

Gegen 16 Uhr erkannte eine Streife ~eine~ sich anbahnende Versammlung am Klostergarten (Nibelungenpl./Kl. Exerzierplatz).
Teilnehmende wurden "binnen zwei Minuten" von der Straße gezogen & in eine Maßnahme wegen des Verdachts einer Straftat genommen.
buergerblick.de/nachrichten/pa…

Der Tatvorwurf der Polizei lautet: versuchte Nötigung wegen der Blockade der Straße.
Die Personen waren als Mitglieder der LG erkenntlich, trugen Warnwesten und entsprechende Transparente.

Auf dem Gehweg protestierten weitere Menschen mit handgemalten Pappen gegen die kolportierte "Weisung" des Passauer Oberbürgermeisters an die Polizei "Klare Kante" zu zeigen.
Auch die Teilnehmenden dieser Versammlung wurden einer Identitätsfeststellung unterzogen.

Übereinstimmend berichteten diese, dass ihnen auch auf Nachfrage kein Grund für die polizeiliche Maßnahme genannt wurde.
Die Polizei antwortet wie folgt auf die Frage nach dem Vorgehen bei nicht angezeigten Versammlungen (und ähnlich in Bezug auf Maßnahmen):

Eine Versammlungsleitung (oder mehrere) wurde von den Polizist*innen zwar gesucht, jedoch nicht gefunden.
Die leiterlose Versammlung wurde von der Polizei auf den Gehweg beauflagt, die Aktivist*innen der Letzten Generation schlossen sich - den vorliegenden Bildern zufolge - an.

Aus versammlungs- & polizeirechtlicher Sicht wirft das Vorgehen von Polizei und Stadt am 15.02.23 nun einige Fragen auf.
Die bisher verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass die Polizei in (Nieder-)Bayern ein strukturelles Problem in diesem Bereich haben könnte.

Gem. Auskunft der Stadt war die Versammlungsbehörde erreichbar und die Versammlung nicht auf Grund einer Allgemeinverfügung verboten. Sie war außerdem offenbar nicht aufgelöst.
lto.de/recht/hintergr…

Trotzdem wurden die TN von der Polizei mittels unmittelbarem Zwang geräumt & einer Maßnahme nach dem PAG unterzogen und damit in ihren Rechten verletzt.
Bayerische Einheiten wurden von anderen Einheiten bei #dd1302/22 an einem ähnlichen Angriff auf eine Sitzversammlung gehindert.

Sowohl Polizei als auch Stadt erklären, dass die Polizei (örtliche) Beschränkungen erlassen hat.
Soweit bekannt ist wurde keine der teilnehmenden Personen ausgeschlossen oder erhielt einen Platzverweis, keine der Versammlungen wurde aufgelöst.

Gemäß Wortlaut d. VersG ist die Stadt Passau als Kreisverwaltungsbehörde die "zuständige Behörde".
Sollte es zu Straftaten gekommen sein, so hat die Polizei das Interesse sich die Ermittlungen so leicht wie möglich zu machen und damit natürlich vor allem die TN zu identifizieren.

Das ist problematisch, denn sie ~kann~ auch "zuständige Behörde" im Sinne des BayVersG sein.
Eine möglichst neutrale Abwägung der Grundrechte der evtl. genötigten Autofahrer*innen und der Versammlungsteilnehmenden ist wegen obigem Eigeninteresse gefährdet.

Außerdem gewährt die Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs 1 GG nicht nur Schutz während der Versammlung sondern entfaltet auch Vor- und Nachwirkung.
Eine Identitätsfeststellung der Protestierenden auf dem Gehweg steht damit zumindest auf wackeligen Füßen.

Während bei den weitestgehend demokratiefeindlichen sog. "Montagsspaziergängen" maximale Zurückhaltung geübt wurde, geht der Staat nun mit Härte gegen Personen vor die von den bisherigen Bemühungen gegen die Klimakrise unterbeeindruckt sind.

https://twitter.com/WeberKili/status/1495805656485539853

Nachklapp:
Es gibt eine Solidaritätserklärung von Beschäftigten/Dozent*innen der Uni Passau mit Klimaaktivist*innen:
buergerblick.de/nachrichten/pa…

Die in dieser "persönliche[n], öffentliche[n] Äußerung [...] angesprochenen Fragen, sind geeignet für Spaltung", so Uni-Präsident Ulrich Bartosch in einer Nachricht an die Studierenden.

Der selbe Präsident Bartosch bedauerte bei der Diskussion um Hans-Christoph Kraus - der im rechten und rassistischen "Netzwerk Wissenschaftsfreiheit" organisiert ist - die Form der Debatte.

Nur um im Anschluss einen vermeintlichen Schlussstrich zu ziehen, da "zu keinem Zeitpunkt der Anlass [bestand], an der beeideten Verfassungstreue des attackierten Kollegen zu zweifeln".
hogn.de/2022/11/03/1-d…

@NoBurschisPA legte mittlerweile jedoch nach und veröffentlichte eine weitere Recherche:

https://twitter.com/NoBurschisPA/status/1626301170036666369