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Mar 4 18 tweets 4 min read
Was mir in Diskussionen mit Leser*innen, Politiker*innen und privat immer wieder auffällt:

Ein grosser Teil der Fiebrigkeit und Emotionalität der aktuellen großen Technologiedebatten (KI lass ich mal weg), also #Verbrenner und #Energiewende ist:

Technologien und physikalische
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Gesetze haben keine "politische Farbe" oder "Ideologie". Ich persönlich zB bin überzeugt, dass Wind und PV künftig den Gutteil der Primärenergie liefern werden (müssen). Das alleine brockt einem oft schon das Label "Grün" ein, obwohl diese Ansicht im Prinzip alle Fachleute
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teilen, auch die "grünen" von BCG, McKinsey, BDI, und der von der Ölindustrie gegründete IEA.

Über Kernkraft kann man streiten; ich halte den übereilten Ausstieg unter Merkel, Jahrzehnte vor der Braunkohle, für krass falsch, das ist aber eine Diskussion, die bis 2020 hätte
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geführt werden müssen, 2011 war ich mit meiner Kritik am Ausstieg in einer kleinen Minderheit; der Fairness halber ggü #Merkel sei angemerkt, dass sie nat. eine sehr breite Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Atomaus wusste. inzwischen ist es aber unlauter, so zu tun, als sei
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das eine ideologische Entscheidung von heute; dabei wir so ziemlich alles ausgeblendet, was relevant ist. ZB dass Brennstäbe sich nicht ohne russisches Uran beschaffen lassen (deswegen auch kein EU Boykott an dieser Stelle (Frankreich)
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Und natürlich ist Kernkraft auch alles andere als eine günstige Lösung.

Die Herausforderung wäre groß genug ohne solchen Polit-Klamauk. Nicht nur wegen des Klimawandels, sondern auch, weil Deutschland und EU gerade Gefahr laufen, sich ggü China und den USA industriepolitisch
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zu verzetteln und abgehängt zu werden.

Wir können uns populistisches und emotionales Gezanke eigentlich überhaupt nicht leisten. Klar, Meinungsverschiedenheiten wird es immer geben, nicht alle Aspekte jeder Technologie sind schon exakt bis 2050 extrapolierbar, aber ich habe
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den begründeten Verdacht, dass in der einen oder anderen politischen Position viel mehr Emotionen und Bauchgefühl stecken, als dem Ernst der Lage und der Dimension der Herausforderungen angemessen sind.

Konkret: viele Menschen lehnen bestimmte Technologien ab, weil die ...
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...zB traditionell von politischen Lagern gefördert werden, die sie nicht mögen. Ums noch konkreter zu machen: Einige der Argumente gegen Wind- oder PV sind reproduzierbar und mannigfaltig widerlegt, Wind ist aber doof, weil das wollten ja die Grünen.

Ich würde an dieser
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Stelle gern den Blick aus dem deutschen Kämmerlein zB nach Texas lenken, wo republikanische Städte, Gemeinden und Counties auf Deibel komm raus Windparks bauen, einfach, weil es günstig ist.

Die Bürger*innen werden beteiligt. Das ist wichtig.
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Daran hats in Deu in den ersten Jahren der Energiewende gehapert; inzwischen fürchte ich aber, dass die Fronten teils so verhärtet sind, dass selbst bei finanziellen Vorteilen Bürgerinitiativen gute Chancen hätten, Projekte zu verhindern, weil es einfach aus Trotz abgelehnt
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wird. Was auch nicht geht, und hier wird aus Fahrlässigkeit und Emotionalität oft Vorsatz, ist an sich bereit gut funktionierende Technologien wie die Elektromobilität oder die Windkraft mit Falschinformtion schlecht zu reden.

Diese Dinge sind natuerlich noch nicht perfekt,
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aber trivial ist doch: wer es nicht will, muss sagen, wie es anders besser gehen soll. An dieser Stelle kommt leider meist das erwähnte Potpourri aus emotionalen Gründen, falschen Fakten und Ableitungen, Maximalforderungen.

Um es klar zu sagen . Ja, vielleicht haben wir
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in 30 Jahren etwas Besseres. Vielleicht fahren dann Brennstoffzellen Pkw (wahrscheinlich nicht, weil die Batterie sich viel schneller entwickelt als der H2 -Pkw, den's seit 1966 gibt). Aber wenn doch? Ja, dann fahren wir damit eben 2050, aber NICHT bis dahin Verbrenner, denn
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diese Zeit haben wir nicht. Vielleicht haben wir 2040 Kernfusion? Ja, dann bauen wir sie dann! Handlungsleitend im Hier und Jetzt kann aber nur sein, was es gibt, was die Industrie bauen kann, was Investoren fördern können. Kernfusion gehört dazu leider nicht. Wer, wie die
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aktuelle Forschungsministerin und einige andere, den Leuten Technologien als Möhre vor die Nase hält, deren Reifegrad noch gar nicht seriös erkennen lässt, ob sie überhaupt jemals funktionieren werden, geschweige denn, wann, um zu insinuieren, die heute verfügbare Technik sei
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zu schlecht, bald durch etwas viel Besseres abgelöst, der ist unehrlich. Besonders ärgerlich ist, wenn das auch noch unter dem inzwischen zur leeren Politphrase verkommendem Begriff der #Technologieoffenheit getan wird. Technolgieoffen wird hier rein

wiwo.de/politik/deutsc…
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nach persönlicher und politischer Vorliebe eingesetzt, Ideologen sind immer nur die anderen. Ohne Rekurs auf Zeiträume und Machbarkeitsszenarien ist sie eine Argument-Simulation

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Mar 4
@BachmannRudi es ist im Grund einfach: Technisch ist das E-Auto immer effizienter, egal, welche Einheit Sie anwenden (es geht eh nur um CO2 je gefahrenen km inkl. Herstellung, alles andere führt methodisch in den tiefen Tann, weil man ja den Kosumenten als Parameter irgendwie nullen muss
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@BachmannRudi 2
sonst landet man bei Porschefahrer-Empirie a la Chr Lindner ("aber ich hab schonmal nen SUV gesehen, der weniger Sprit braucht als ein alter Kleinwagen". Ist das ein common facts ground zero?

OK Image
@BachmannRudi 3
technische Effizienz ist schon sehr eindeutig definiert; sie meint die well to wheel Wirkungsgrade (also wie viel Primärenergie kommt von der Ölquelle oder dem Windradl am Antriebsreifen an) Da bestreiten auch die Verbrennerfreunde nicht, dass das eAuto überlegen ist. Sondern
Read 8 tweets
Mar 4
Liebe Kollegen bei @quarkswdr und @WDR

Die Kollegin sagt hier im Beitrag ab ca 0:30
"wenn das e-Auto nicht nur mit Erneuerbarem, sondern, wie heute, mit Strommix fährt (...) ist es NICHT umlweltfreundlicher als der Diesel."

Das ist leider sehr falsch:

unibw.de/home/news/elek…
wollt ihr das vielleicht mal richtigstellen? Sonst müssen wir wieder jahrelang gegen diesen Unsinn anschreiben, weil der doofe Onkel auf Facebook das von seinem Cousin per Telegram geschickt bekam?
Das wäre nett

isi.fraunhofer.de/de/presse/2022….
wirklich, wenn man es 2017 nicht wusste , ok, damals war das Thema neu, viel Desinformation als Wissenschaft getarntm zB HW Sinn, aber hey, 6 Jahre später....

theicct.org/wp-content/upl…
Read 5 tweets
Mar 1
#eFuels sind für die FDP ein Fetisch. Mit ihnen lässt sich das Versprechen transportieren, dass die Menschen ihr gewohntes Mobilitätsverhalten nicht ändern müssen. Einfach E-Fuel statt Diesel tanken & das Klima ist gerettet. Schön wär's."

zeit.de/mobilitaet/202…

mini Thread:🧵
1./
Die Mengen #eFuels, die für eine Pkw Flotte benötigt würden, sind gigantisch. Häufig wird hier von Befürworter*Innen eingewendet, das sei vor 15 Jahren bei Photovoltaik oder Batterie nicht anders gewesen; man müsse hier eben auch optimistisch sein.
Warum das schräg ist:
2/
das größte Projekt, Haru Oni in Chile v. Porsche und Siemens, erzeugt pro Jahr 130.000 Liter #eFuels, wenn es skaliert wie geplant, werden das 550 Millionen Liter pa ab 2027 sein. Eine Steigerung um Faktor 4230.
Selbst wenn das klappt, wären das ...
Read 16 tweets
Feb 22
Schon 2025 sollen in #Hamburg keine #Verbrenner #Taxis mehr zugelassenen werden. „Wie soll das gehen?“ fragen viele Skeptiker. Abgesehen davon, dass man slab das in Kopenhagen, Olso oder San Francisco schon längst ansehen kann, ZB so:
2/
#Elektroauto so schnell auftanken wie Benziner: so gehts . Die Batterie Wechsel Station von @NIODeutschland (hier beim unermüdlichen Energiewende Chuck Norris @RolandSchueren ) braucht exakt 4:29 zum Tausch eines 150 kWh Akkus (700 km Sommer 500 Winter Reichweite)
3/
Als ich vor 2 Jahren über die Wechselsystem in China schrieb, wurde ich ein bisschen ausgelacht:

wiwo.de/my/technologie…
Read 4 tweets
Feb 20
ich finde es übrigens ausgesprchen gut von der @BILD , dass sie mit der #Verkehrswende Aktivistin Katja Diehl (die nach Morddrohungen etc offenbar ihren Accout stillgelegt hat, nebenbei) spricht:

1/
2/
wo kommen wir denn langsam hin hier im öffenrtlich Kurs, wenn nicht mal mehr die Inhaber extrem weit auseinander liegender Positionen miteinander reden dürfen?
3/
nachdem die Bild und viele andere Frau Diehl heftig (und meiner pers Meinung nach auch unsauber) angegriffen hatten, ist es doch allemal besser, Frau Diehl kann sich in deren Leserschaft äußern, als wenn weiter nur ÜBER sie geschrieben wird. Da treffen ja keine Waisenkinder
Read 9 tweets
Feb 19
#Verbrenneraus

hier haben wir:
1 ex ante nicht belegbare Behauptung (kostet Arbeitsplätze), kann sein, kann auch nicht sein, es entstehen Jobs rund um Batterie, etc.

und 1 ziemlich dreiste Falschaussage ("hilft dem Klima ohne synth. Kraftstoffe gar nichts")

Fakt ist

1/Thread
2/
die wissenschaftliche Datenlage ist da recht eindeutig; auch wenn man die komplette Produktion aller Teile (nat. auch der Batterie) einkalkuliert, sparen #Elektroautos ggü einem Diesel oder Benziner schon heute 60 -70% an #CO2 ein.

theicct.org/publication/a-…
3/
es wird seitens der Verbrenner-Lobby gern behauptet, die Think tanks, Institute etc hinter diesen Studien seien halt "links" oder "grün"
Hate to disappoint you again: sind sie mehrheitlich nicht:

Universität der Bundeswehr: "mindestens 60 %"

unibw.de/home/news/elek…
Read 7 tweets

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