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Apr 1 13 tweets 6 min read Twitter logo Read on Twitter
Nun ist der "#Friedensappell" der Gruppe um Rainer Braun und Peter Brandt also online. Er ist sehr aufschlussreich.
Erstens ist er erstaunlich kurz: Anstatt die Argumentation anhand der Kritik an vorigen Offenen Briefen nachzubessern, wurde sie vergröbert.
berliner-zeitung.de/politik-gesell…
Zweitens spielt die #Ukraine als Subjekt keine Rolle. Sie wird nur ein Mal überhaupt erwähnt. Dafür kommt "die Welt" gleich vier Mal im Text vor, etwa in "Die Welt braucht Frieden". Autoren und Unterzeichner heucheln also nicht mal Solidarität: Es geht ihnen nur um sich selbst.
Drittens taucht Russland als Subjekt zwar auf, aber nur verschwiemelt: Da ist zwar vom "russischen Angriffskrieg" die Rede, doch über die Kriegsverbrechen russischer Soldaten und die Kriegsziele #Putin|s schweigen sich die Autoren vollständig aus.
Viertens fällt auf: Die Autoren und Unterzeichner stammen aus der SPD-Boomer-Generation, geprägt in den Jahrzehnten vor dem Mauerfall. Sie haben ein ganz persönliches Interesse - sie wollen sich ihre liebgewonnene Weltanschauung nicht durch die neue Realität kaputt machen lassen.
Es schwingt ein erstaunliches Maß an Nationalstolz mit, wenn diese Gruppe nun behauptet, das Konzept der "Gemeinsamen Sicherheit" der UN wurzele "in der deutschen Friedens- und Entspannungspolitik. ... Daran knüpfen wir an." Am deutschen Wesen soll die Welt genesen?
Der Appell bezieht sich auf die Schlussakte von Helsinki und die Charta von Paris, ohne zu erwähnen, dass dort die freie Bündniswahl zugesichert wurde, was jegliche Einsprüche des Kremls gegen eine #Nato-Mitgliedschaft der Ukraine obsolet machen würde - wenn es Putin darum ginge.
Tatsächlich muss man aber zumindest die letzten zwei Jahre unter einem Stein gelebt haben, um die zahllosen programmatischen Aussagen von Putin & Co verpasst zu haben: Der Kreml will vermeintlich "russische Erde" sammeln. @ZOsteuropa hat einige übersetzt:
zeitschrift-osteuropa.de/blog/putin-red…
Insofern ist der Satz "Frieden kann nur auf der Grundlage des Völkerrechts und auch nur mit Russland geschaffen werden" ein Widerspruch in sich, da der Kreml das Völkerrecht demonstrativ in die Tonne kloppt (nachdem schon Jelzin daran nagte mit dem Begriff des "nahen Auslands").
Dass überhaupt die Floskel, Frieden könne "nur mit Russland geschaffen werden", in diesem Appell auftaucht, belegt die Verweigerung, sich mit der Realität auseinander zu setzen. Spätestens der 24.2.2022 hat gezeigt: Frieden lässt sich derzeit nur *gegen* Russland schaffen.
Abschließend zu den Unterzeichner:innen: Bei 92 der 250 Namen findet sich der Zusatz "ehem." Hier wird also ein, nun ja, Rückzugsgefecht der alten Garde geschlagen. Dennoch erstaunt, dass Wissenschaftler wie @merkel_wolfgang, der zugleich Mitglied der SPD-Grundwertekommission
ist, einen Appell unterzeichnet, der von einem führenden Antiamerikanisten verfasst wurde, der im letzten Herbst erklärte: "Wir habe nicht vergessen, dass völkerrechts[widrige] Kriege einen Namen haben, und die heißen Vereinigte Staaten von Amerika!"
Erst kürzlich haben @EFDavies, @MartinAust6, ich u.a. uns mit einem Text von Brandt/Braun/Müller auseinandergesetzt, der neben absurden Fehlern gespickt ist mit russischen Propagandanarrativen. Man ist nicht gezwungen, solche Personen zu unterstützen...
Und hier die ausführlichere Analyse von @MartinAust6:
bonndoc.ulb.uni-bonn.de/xmlui/handle/2…

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Mar 23
"Putin, realistisch betrachtet", ist der Kommentar von @JoergFr in @derspiegel überschrieben - in dem dieser dann aber (wie viele andere "Realisten" zuvor) vorführt, dass er sich von der Realität on the ground nicht irritieren läßt.
Einige Anmerkungen:
1/
spiegel.de/politik/deutsc…
Bemerkenswert ist schon die Behauptung, dass "nachdenkliche Stimmen" zwar zu Wort kämen, aber nicht berücksichtigt würden. Da schwingen zum einen gewisse Cancel-Culture-Vibes mit, zum anderen ist es schlicht falsch - die explizit zögerliche Haltung von Scholz zeigt es.
2/
Friedrich stellt einen klassischen Strohmann auf, wenn er behauptet, es werde nicht über eine Nachkriegsordnung mit einem Russland nachgedacht, in dem Putin weiter an der Macht ist. Das ist weiterhin die Ausgangslage - man nennt es nur nicht euphemistisch "Friedensordnung".
3/
Read 12 tweets
Mar 13
Die Gartenkolumnistin von @derspiegel übt sich im Reichsbürgersound: Die Bundesregierung sei vom US-Verteidigungsminister gelobt worden, weil "Deutschland im Großen und Ganzen das tut, was die USA erwarten". Und ganz wie die AfD diffamiert sie die Grünen,
spiegel.de/kultur/ukraine…
die als machtgeile Heuchler ihre Prinzipien über Bord würfen, um weiter am Kabinettstisch zu sitzen. Sie ignoriert (wie viele andere), dass viele Grünen (und andere) schon 1993 für bewaffnete Hilfe für die Opfer des serbischen Vernichtungskrieges gegen Bosnien eintraten.
Aber wer
Tatsachen zur Kenntnis nimmt, kann natürlich weniger eifrig der Selbstabschreckung frönen und über den "Militarismus" fantasieren, der sich angeblich in Deutschland breit mache. Frau Supp fragt bange, ob Deutschland bald auch geächtete Waffen an die Ukraine liefere und betreibt
Read 10 tweets
Feb 28
Thomas Schmid, einst Chef, Hrsg. und bis heute Autor der @welt, lobt Antje #Vollmer und kritisiert mit ihr die "unglaubliche Nonchalance und vor allem in die debattenlose Geschwindigkeit", mit der sich die @Die_Gruenen vom #Pazifismus entfernt hätten.
1/
schmid.welt.de/2023/02/26/die…
Er unterstellt den Grünen, sich mit fremden Federn zu schmücken, hätten sie diese neue Position doch erst "kürzlich" bezogen, während sie vor 40 Jahren noch gegen den NATO-Doppelbeschluss demonstrierten.
Die letzten 30 Jahre muss Schmid die Grünen folglich nicht mehr auf dem
2/
Schirm gehabt haben. Sonst könnte er sich etwa an die Debatten erinnern, über die vor fast auf den Tag genau vor 30 Jahren @derspiegel berichtete: Als damals Serbien das Nachbarland #Bosnien überfiel, um das Gleiche zu tun, was #Russland nun in der
3/
spiegel.de/politik/gefueh…
Read 9 tweets
Feb 25
Vor etwas über einem Jahr hört ich in #Kiew ein Interview mit Klaus von #Dohnanyi über sein Buch: Die USA seien schuld daran, dass #Russland die #Ukraine bedrohe.

Eine Großinvasion und mehrere Putin-Reden später hat er nichts dazugelernt. Ein Thread:
1/20
deutschlandfunk.de/findet-scholz-…
Kernpunkt seiner Aussage ist erneut der Mythos, die #NATO habe 1990 versprochen, sich nicht nach Osten auszuweiten. Alle russischen Politiker hätten seitdem „gewarnt, was die Erweiterung der NATO bedeuten würde". Diese Warnung ist ihm zufolge nun umgesetzt worden:
2/20
"Der Angriffskrieg ist natürlich nie zu rechtfertigen, aber man muss versuchen, ihn zu verstehen" - durch die Erweiterung der NATO habe sich RU bedroht gefühlt. "Es ist eben eine andere Sache, ob man mit amerikanischen Marines an der Grenze Russlands patrouillieren kann."
3/20
Read 21 tweets
Feb 23
Günter Verheugen gehört zu den Erstunterzeichnern des #Schwarzer-#Wagenknecht-Aufrufs zu "Verhandlungen" und wurde dazu im @DLF interviewt. Seine Aussagen sind schlagende Beispiele für Täter-Opfer-Umkehr und Botherism.
Gefragt, warum im Aufruf #Putin
1/
share.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-…
keinerlei Forderungen gestellt werden, erklärt er, die eigene Regierung sei die logische Adressatin, denn als Deutsche hätten die Unterzeichner:innen ja "nur Einfluss auf die öffentliche Meinung in unserem Land". Dummerweise hat er diesen Grundsatz kurz darauf vergessen, als
2/
er sich darüber erregt, dass ukrainische Offizielle davon träumten, Panzer über den Roten Platz rollen zu lassen: „Ich finde schon, dass man der Ukraine sagen darf, die politischen Ziele, die sie in diesem Konflikt hat, deutlich definieren muss.“ Er werfe der Ukraine vor, den
3/
Read 9 tweets
Feb 23
Vor einem Jahr verfolgte ich von #Kiew aus die deutschen Debatten, ob man der #Ukraine Waffen geben solle (oder dürfe…), um sich gegen die drohende Invasion #Russland|s zu verteidigen. An meinem letzten Wochenende vor der erzwungenen Abreise war ich bei der Demo, auf der sich
1/
die Teilnehmenden überzeugt zeigten, dem neuen Angriff widerstehen zu können. Zurück in Deutschland dann die gegenteilige Haltung: Viele Leute, die ich in den Tagen nach meiner Rückkehr vor zu den Demos am Brandenburger Tor einlud, reagierten nicht, eine ehemalige Kollegin
2/
erklärte mir explizit, die werde nicht komme - die Nachrichten seien doch so widersprüchlich. Wären die USA mit 160.000 Soldaten an einer Grenze aufmarschiert, wären sie alle auf der Zinne gewesen. Aber den guten Putin trauten auch vermeintliche „Russlandexperten“ das nicht zu
3/
Read 11 tweets

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