Nach allem, was ich an Begründung lese, nach allem, was an Kontext vorliegt, nach allem, was bei vergleichbaren Taten durch die extreme Rechte geurteilt wurde, ist das Urteil gegen #LinaE für mich weder nachvollziehbar noch angemessen.
Die Urteilsbegründung hat doch sehr viele Lücken und allein auf der Basis von Indizien ein solches Urteil zu fällen, fällt mir schwer, zu verstehen.
Und dass ein Gericht scheinbar weitgehend auf Kontext verzichten kann, das überrascht doch einigermaßen. Mir geht es dabei nicht um Rechtfertigung, aber doch um Einordnung.
Und natürlich muss man auch die Angemessenheit im Vergleich zu Straftaten der extremen Rechten sehen, die seit 1990 weit über 200 Menschen tötete! Freterode ist sicher ein eindringliches Beispiel.
Aber klar, der bundesrepublikanischen Lebenslüge, wonach links und rechts gleich gefährlich seien, wird nur eine weitere Episode zugefügt. Und die gesellschaftliche rechte frohlockte schon im Vorfeld, weil endlich das Hufeisen wieder gerade hängt.
Zu dieser falschen Balance in der bundesrepublikanischen Debatte habe ich ja schon hier und da was geschrieben. Aber wahrscheinlich ging es auch nie um Balance, sondern um ein Exempel. Eines, dass man rechts allzuoft scheut.
Um es nochmals auf den Punkt zu bringen: Vor dem Hintergrund all der vorgetragenen Aspekte bleibt die politische Bewertung die vom Anfang: Hier wurde auf Indizienbasis ein Urteil gefällt, dass ich so nicht nachvollziehen kann. Weder in der Bregründung, noch im Strafmaß.
Und bevor jetzt hier die interessierten Kreise gleich frohlocken, mich überführen wollen oder angreifen. Ich rechtfertige keine Taten, habe aber vor dem Hintergrund meiner eigenen Biographie als Kind der Bseballschlägerjahre und als Rechtsextremismusforscher Zweifel am Urteil.
Und als Politiker bleibe ich dabei: Die größte Gefahr geht vom Rechtsextremismus aus. Aber Selbstjustiz kann und soll keine Lösung sein, auch wenn, wie in Ostdeutschland, Behörden und Politik im Kampf gegen rechts immer wieder versagen.
Nachtrag: Hier geht deutungsmäßig gerade richtig was auf die schiefe Hufeisenebene. Wahnsinn. Aber das passiert, wenn der rechte Alltagsterror so selten vor Gericht steht und der Prozess gegen #LinaE im Dauerrampenlicht steht. (Hinweis via @C_AB_) faz.net/aktuell/politi…
Feierabend für heute und aus Gründen: 🔒
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Ein paar Gedanken im Vorfeld des sog. #TagX in #Leipzig#le0306. Ich habe jahrelang zu Kontexten & Ausprägungen ostdeutschen Antifaschismus geforscht, zu linker Militanz, zu Eskalation & Deeskalation & bin ein Kind der Stadt, sozialisiert in Connewitz. Und ich mach mir Sorgen.
Ich mache mir Sorgen um das, was morgen passieren kann, um die Debatte danach, um die Folgen. Es wäre nicht das erste Mal, dass in Leipzig versucht wird, Schlachten auszutragen, die genauso ausgetragen werden sollen. Nur gewinnen wird dabei niemand.
Leipzig ist ein Politikum, Leipzig & v.a. Connewitz ist das, was das Frankfurter Westend, die Hamburger Hafenstraße & die Schanze oder Berlin Kreuzberg war. Ein Kristallisationspunkt, an dem viel mehr eskaliert als die konkrete (Versammlungs/Ensatz-)Lage vor Ort.
Eine Gesellschaft, die im Angesicht multipler Krisen auf Faschismus setzt, die macht mir zunehmend Angst. Gilt auch für liberal-konservativen Kreise & den Springer Verlag, die all das mit befeuern. Auch die bereiten mir massive Sorgen. Weil sie es zumindest in Kauf nehmen.
Aber kommt das überraschend? Allenfalls bzgl. der Höhe der Zustimmung. Ansonsten warnen wir als Wissenschaftler:innen seit Jahrzehnten vor (an der Wahlurne mobilisierbaren) rechten Einstellungsmustern in der Bevölkerung & vor rechten Diskursverschiebungen, die das hervorlocken.
Und nein es ist nicht die Klimapolitik oder das Gendern oder *woke* Politik, die das antreibt. Diese Behauptung ist vielmehr der Treibstoff, die Selbstlegitimation, die Imprägnierung rechter Kampagne, die die AfD stärkt. Wissen wir bspw. aus den USA.
"Die Putschpläne rechtsterroristischer Reichsbürger, die Einstufung der Jungen Alternative & weiterer rechtsextremer Vorfeldorganisationen der #AfD, brutale Angriffe auf Rettungskräfte & Polizei zeigen deutlich das steigende Gewaltpotential jenseits nackter Statistik." /1
Zu nennen wären: der brutale Angriff eines mutmaßlichen Q-Anon-Anhängers in #Ratingen, Angriffe auf Polizei bei einem Rechtsrockkonzert in Neumünster, Schüsse bei Festnahmen von Reichsbürgern, konkrete Entführungspläne für Politiker, Todeslisten & Putschpläne. /2
weiters: Bedrohungen von Moscheen & jüdischer Gemeinde mit NSU 2.0 Bezug, Verfahren nach § 129 gg rechtsextreme Gruppe im #Erzgebirge & Verfahren gegen Knockout 51 mit Bezügen zur rechtsterroristischen Atomwaffendivision & steigende Angriffe auf Unterkünfte für Geflüchtete /3
Die #Grünen (hier unter sonstige) sind schuld am Aufstieg der #AfD!!!!!! Wahlergebnisse aus #Sachsen 2013. Und jetzt analytisch nochmal von vorn.
Und bei der Landtagswahl 2014, da war dann endgültig wichtig, Widerstand gegen grüne Hegemonie zu wählen. Da kennt der Sachse nix.
Und 2019 dann der endgültige Beweis in #Sachsen. Wenn Grüne stärker werden, stärkt das die AfD. Ist doch klar. bei fast 21% für die Ampel, da hat der Sachse gewusst, dass es jetzt zählt.
Klassischer AfD Sound, die #Merz halbieren wollte, was auch aufgrund solcher Kulturkampf-Ausfälle nicht klappt. Denn wenn man den Hass auf Grüne erst richtig geweckt hat, was sollen die Leute dann wählen, von dem sie sicher sind, dass sie nie mit Grünen koalieren würden? Eben!
Das Traurige ist, das passiert nicht einfach, sondern das hat Vorbilder. Es ist das Programm von Michael Kretschmer und Co. Da gewinnt die AfD inzw. regelmäßig Wahlen, aber es gibt keine Mehrheiten ohne die CDU. Das ist das Programm, koste es dir politische Kultur, was es wolle.
Leidtragende eines solchen Konjunkturpakets für rechts aufgestachelten Hass sind ja "die anderen", die woken, die queeren, die migrantischen, die linken, die klimaaktivistischen Menschen. Für Glaubens- und Besitzstände alternder, reicher Boomer sind diese ja die eigtl. Gefahr.
Bewertung: Dafür, dass in #Ratingen ein rechter Verschwörungsideologe versucht hat, Polizist:innen & Feuerwehrleute zu töten (!) & fünf lebensgefährlich verletzt wurden, sind jene, die bei jeder Straßensperre eskalieren, deutlich zu ruhig. Und ja, das ist ein Teil des Problems.
Ein noch größeres Problem sind jene Medien, jene Partei, jene verschwörungsideologischen Schreihälse hier, die zum eigenen (aufmerksamkeits-) ökonomischen Vorteil in Kauf genommen haben, dass sich radiaklisierte Querdenker ins Recht gesetzt fühlten.
Ob der Mord in einer Tankstelle in Idar-Oberstein, die Tötung einer Familie bei Königs-Wusterhausen, die in den Tod getrieben Ärztin Lisa-Maria Kellermayr oder nun Ratingen. Dieser von rechts außen in die Welt gesetzte und befeuerte Hass tötet. Unerbittlich.